Donnerstag, 28. Juli 2011

Kyritz an der Knatter


Falls Sie jetzt zu googeln anfangen, den Ort gibt es wirklich. Die sind da auch ganz witzig, weil sie einen Gedenkstein haben, der daran erinnert, dass hier am 14.2.1842 um 10.57 auf dem Marktplatz NICHTS geschah. Die hatten da auch ein Lügenmuseum in dem Ort, hat sich aber finanziell nicht getragen. Wenn all die Lügner in der deutschen Politik da gespendet hätten, hätte es für das Museum keinen finanziellen Probleme gegeben. Irgendwie bietet sich Kyritz an der Knatter als Geburtsort von Nikolaus Kuno Freiherr von Knatter geradezu an. Doch. Sie kennen ihn auch. Vielleicht eher unter dem schönen Namen Nick Knatterton. Erfunden von Manfred Schmidt (heute vor zwölf Jahren gestorben), begann der Detektiv seine Karriere vor 61 Jahren in der Quick.


Deutsche Comics sind ja normalerweise nicht so witzig, dieser war witzig. Und sparte nicht mit satirischen Seitenhieben auf Politiker der jungen Bundesrepublik. Wenn man damals mit Nick Knatterton aufgewachsen war, landete man  ein Jahrzehnt später bei Lemmy Caution. Also dem wirklichen Lemmy Caution, vor Godards Alphaville. Lemmy Caution war schon witzig, vor allem wenn er im Regina in der Nachtvorstellung lief und die halbe Uni im Kino war und den Film kommentierte. Später musste man sich dann mit James Bond begnügen, aber irgendwie waren Nick Knatterton und Lemmy Caution witziger.

Das 19. Jahrhundert hat den Great Detective erfunden, also diese Übermenschen wie Auguste Dupin oder Sherlock Holmes, die auch ein Nebenprodukt der Wissenschaftsbesessenheit des Jahrhunderts sind, wie der Franzose Régis Messac 1929 in seinem Buch Le Detective novel et l’influence de la pensée scientifique scharfsinnig gezeigt hat. Die Amerikaner dachten sich irgendwann, nachdem sie jahrzehntelang den englischen Detektivroman imitiert hatten (und das tut Elizabeth George ja heute noch), dass das Krimigenre ein wenig action gebrauchen könnte und die armchair detectives mal ihren Sessel verlassen sollten. Das war der Anfang von Hammett und Chandler. Und irgendwann hatten wir dann keine Gentleman Detektive mehr, sondern hatten Mickey Spillanes Helden Mike Hammer und I, the Jury.

1950 begann der Meisterdetektiv Baron Nick Knatterton auf den Seiten der Illustrierten Quick zu ermitteln. Gleichzeitig gab es im Radio noch einen anderen Meisterdetektiv. Der hieß Kalle Blomquist und war ein wenig jünger als der alterslose Mann mit der karierten Schirmmütze. Damals wußte man in Deutschland noch nicht so viel vom englischsprachigen Detektivroman. Sherlock Holmes kannte man, der war schon zur Zeit von Wilhelm II. nach Deutschland gekommen (ebenso wie Nick Carter). Und erstaunlicherweise hat es schon 1914 in Deutschland die erste Doktorarbeit zu dem Thema gegeben, Friedrich Depkens Sherlock Holmes, Raffles und ihre Vorbilder. Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte und Technik der Kriminalerzählung. Bei der Anglomanie der Bremer musste eine solche Arbeit natürlich aus Bremen kommen. Sie war bei Professor Johannes Hoops (aus Bremen) in Heidelberg geschrieben worden, dessen Nachruf (und den Artikel in der Bremischen Biographie 1912-1962) der Bremer Studienrat Depken eines Tages schreiben würde.

Im Jahre 1950 kannten die meisten Deutschen den Sherlock Holmes vielleicht nur noch in der Personifizierung von Hans Albers aus dem Film Der Mann, der Sherlock Holmes war. Den sich dann Manfred Schmidt als ein Vorbild seiner Figur genommen hat. Manfred Schmidt ist übrigens auch in Bremen aufgewachsen - es wäre jetzt eine schöne Spekulation, ob er mal Dr. Friedrich Depken als Lehrer gehabt hat - und er zeichnete schon als Jugendlicher Bildergeschichten für die Bremer Nachrichten. Die natürlich bestimmt noch nicht so pointenreich und witzig waren wie Nick Knatterton. Eigentlich war die Figur nur als Satire erfunden, um die in Deutschland aufkommenden Comics vom Supermann zu parodieren und so lächerlich zu machen, daß den Lesern der Spaß an dieser Schwachsinnsliteratur verging, hat Manfred Schmidt gesagt. Das ging nun völlig daneben, die erste Bildergeschichte weckte den Appetit auf mehr. Die Leser zwangen dem Autor wieder den Stift in die Hand. Und der beklagte sich: Das heißt, daß ich ihn Folge für Folge weiterzeichnen mußte, zehn volle Jahre lang. Mein Widerwillen gegen diese Tätigkeit wurde so groß, daß meine Hand eines Tages zurückzuckte, wenn sie sich mit dem Bleistift einem Stück Papier näherte.

Kombiniere, hätte der Meisterdetektiv gesagt: Davon glauben wir nun kein Wort, das ist sicher wieder so eine verschmidtste Übertreibung.

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