Freitag, 26. April 2013

Arno Holz


Heute vor 150 Jahren wurde der Dichter und Dramatiker Arno Holz  geboren. Aus dem werde ich nicht schlau. Dass er ➱Een Boot is noch buten! geschrieben hat, verwundert mich immer wieder. Dass er mit ➱Berliner Schnitzel witzige Zeitgedichte schrieb, passt nicht so ganz zu den impressionistischen Skizzen in ➱Phantasus. Theodor Fontane hat den Dramatiker Holz gelobt, als er über Die Familie Selicke. Drama in drei Aufzügen schrieb: Diese Vorstellung wuchs insoweit über alle vorhergegangenen an Interesse hinaus, als wir hier eigentlichstes Neuland haben. Hier scheiden sich die Wege, hier trennt sich Alt und Neu. Was Holz mit Wohlgefallen ➱kommentierteIch citire hier diesen Absatz, weil es uns eine Freude ist, konstatiren zu können, dass es grade Theodor Fontane gewesen, der die jähe Kluft, die uns von aller bisherigen Bühnenproduction trennt, Ibsen nicht ausgeschlossen, als Erster wahrgenommen hat. Ich halte mich aus dem ganzen Streit um den Naturalismus heraus und präsentiere stattdessen ein schönes kleines Gedicht im naturalistischen Sekundenstil von Arno Holz aus dem Phantasus, das die verlorene Kindheit heraufbeschwört:

Rote Dächer!

Aus den Schornsteinen, hier und da, Rauch,
oben, hoch, in sonniger Luft, ab und zu Tauben.
Es ist Nachmittag.
Aus Mohdrickers Gartern her gackert eine Henne,
die ganze Stadt riecht nach Kaffee.


Ich bin ein kleiner, achtjähriger Junge
und liege, das Kinn in beide Fäuste,
platt auf den Bauch
und kucke durch die Bodenluke.
Unter mir, steil, der Hof,
hinter mir, weggeworfen, ein Buch.
Franz Hoffmann. Die Sclavenjäger.

Wie still das ist!

Nur drüben in Knorrs Regenrinne
zwei Spatzen, die sich um einen Strohhalm zanken,
ein Mann, der sägt,
und dazwischen, deutlich von der Kirche her,
in kurzen Pausen, regelmäßig, hämmernd,
der Kupferschmied Thiel.

Wenn ich unten runtersehe,
sehe ich grade auf Mutters Blumenbrett:
ein Topf Goldlack, zwei Töpfe Levkoyen, eine Geranie
und mittendrin, zierlich in einem Zigarrenkistchen,
ein Hümpelchen Reseda.

Wie das riecht? Bis zu mir rauf!

Und die Farben!
Jetzt! Wie der Wind drüber weht!
Die wunder, wunderschönen Farben!

Ich schließe die Augen. Ich sehe sie noch immer.


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