Die nette Frau Fahrenkrug hatte mir diesen kleinen Prospekt in die Hand gedrückt. Über das Kieler Ofenmuseum, das ihr Vater Hans-Günter Fahrenkrug gegründet hatte. Ich versprach ihr leichtfertig, demnächst einmal über Kachelöfen zu schreiben. Das mit dem demnächst wurde nichts, aber vergessen hatte ich das Ganze nicht. Mit Kachelöfen kenne ich mich aus, meine ersten Studentenbuden hatten alle einen Kachelofen. Und die Altbauwohnung, in der ich Jahrzehnte wohnte, hatte gleich drei. Die wurden zwar nicht mehr benutzt, waren aber vom Schornsteinfeger abgenommen. Als schmückendes Element waren die Kachelöfen toll, sie sahen zwar nicht so elegant aus wie dieser hier, hatten aber einen schönen gusseisernen Ofenteil von der Carlshütte in Rendsburg. So etwas kann man heute im Eisenkunstgussmuseum Büdelsdorf besichtigen. Die Carlshütte in Rendsburg hat ihren Namen nach dem Gründer, dem dänischer Statthalter der Herzogtümer Schleswig und Holstein Carl von Hessen-Kassel. Ich habe den schon einmal erwähnt, als ich den langen Post über den Maler Johann Heinrich Tischbein schrieb.
Ich habe mal mit meinem Freund Peter das →Oldenburger Schloss besichtigt. Während ich mich für die Bilder interessierte (nicht die vielen Tischbeins), reizten ihn die vielen Kachelöfen. Er konnte jeden Ofen einer Manufaktur zuordnen, das fand ich bewundernswert. Aber er war Landeskonservator, er konnte so etwas. Ein wenig über Fayencen wusste ich schon, ich wusste vor allem, dass Wolfgang J. Müller, der mich im Rigorosum prüfte, sich dafür interessierte. Sein kleines Buch Schleswig-Holsteinische Fayencen des 18. Jahrhunderts kann man immer noch antiquarisch preisgünstig finden. Kachelöfen nicht so wirklich mein Ding, aber hier oben in Schleswig-Holstein entkommt man ihnen nicht. Weil es mal in Stockelsdorf die Stockelsdorfer Fayencemanufaktur gegeben hatte. Die hatte der pensionierte Major Georg Nicolaus von Lübbers, der auch dänischer Justizrat war, im Jahr 1772 gegründet. Seit dem frühen 18. Jahrhundert gab es in Kopenhagen die Store Kongensgade Fajancefabrik, die Danske Fajancer nach dem Vorbild der Delfter Fayencen herstellte. Die war natürlich ein Konkurrent für Stockelsdorf. Die kongelige Porcelænsfabrik in Kopenhagen, die wir heute als Royal Copenhagen kennen, gab es damals noch nicht.
Als Direktor hatte Lübbers den berühmten Johann Georg Buchwald verpflichtet, der vorher schon Direktor der Fayencemanufakturen von Eckernförde und Kiel (zu der ich hier einen informativen →Artikel habe) gewesen war. Stockelsdorf wird unter Buchwald zu einer berühmten Fayencemanfaktur. Stücke dieser Manufaktur kann man in Lübeck im St.-Annen Kloster und im Behnhaus bewundern. Sogar das Keramikmuseum Rheinsberg besitzt einen Stockelsdorfer Ofen. Mit einem asiatischen Motiv bemalt, wie man auf diesem kleinen Bild sehen kann. 1786 wird die Manufaktur geschlossen, der Konkurrenzdruck von billigem englischen Steinzeug ist zu groß.
Hinter der preiswerten creamware, dem cremeweißen Steingut, das auch als Englisches Porzellan bezeichnet wird, steht ein Name: Josiah Wedgewood. Der Großvater von Charles Darwin war einer der berühmtesten Unternehmer Englands in einer Zeit, die wir Industrial Revolution nennen. Hier auf dem Bild hat er sich von George Stubbs malen lassen. Wenn ich jetzt halbwegs fachmännisch über →Fayencen aus Schleswig-Holstein und englisches Steingut schreibe, dann kann ich das nur, weil ich für das Manuskript meines Freundes Uwe Mämpel die Korrektur gelesen habe. Das Buch heißt Keramik: Von der Handform zum Industrieguß, es ist 1985 bei Rowohlt in der Reihe Naturgeschichte der Naturwissenschaften und der Technik des Deutschen Museums in München erschienen. Man kann das Buch noch preiswert antiquarisch finden, es steht alles, aber wirklich alles, zum Thema Keramik drin. Das Buch ist in erweiterter Fassung 2003 im Verlag Porzellanikon - Staatliches Museum für Porzellan Hohenberg erschienen.
Die Stockelsdorfer Fayencemanufaktur ist in diesem Blog schon einmal in dem Post Kapitänshunde erwähnt worden. Das ist ein Post, den die Leser lieben, da er schon weit über zehntausendmal angeklickt worden ist. Stockelsdorf wird auch in dem Post Kunstgeschichte 1965 erwähnt, weil ich neben dem Fach Kunstgeschichte auch einige Semester Archäologie studiert habe. Hatte mich freiwillig für eine Woche archäologischer Grabungen bei Stockelsdorf gemeldet. Nur Regen und Schlamm, da halfen auch der Ostfriesennerz und die Gummistiefel nicht viel. Immer, wenn man eine alte Tonscherbe gefunden hatte, nahm einem der Grabungsleiter die wieder weg. Ich erkannte, dass aus mir unter diesen Bedingungen kein zweiter Mortimer Wheeler werden würde und gab das Studium der Archäologie auf. Wenn man mit fünfzehn das Löwentor im Pergamon Museum gesehen hat, auf den obersten Stufen des Pergamonaltars saß und den Parthenon Fries mit den Augen von Keats gesehen hatte, dann ist das Ausbuddeln von Tonscherben im Regen in Stockelsdorf ein bisschen ernüchternd.
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