Montag, 8. Februar 2016

Frank Finlay ✝


Der englische Schauspieler Frank Finlay ist am 30. Januar im Alter von 89 Jahren gestorben. Es gab keinen besseren Amsterdamer Inspektor Van der Valk als Frank Finlay (Barry Foster, der zwanzig Jahre diese Rolle gespielt hat, war nie eine echte Alternative). Es gab auch keinen besseren Porthos in diesen unzähligen Filmen über die drei (oder vier) Musketiere. ➱Richard Lester wusste schon, weshalb er sich den englischen Bühnenschauspieler Frank Finlay für diese Rolle (neben Stars wie Oliver Reed, Richard Chamberlain und ➱Michael York) ausgesucht hatte.

Wenn man ein Gesicht wie Frank Finlay hat, dann kann man beinahe alles spielen. Bösewichte auf jeden Fall, jugendliche Liebhaber vielleicht eher nicht. Frank Finlay hat alles und alle gespielt, Jesus Christus, Hitler, Sancho Pansa und Casanova. Und natürlich Van der Valk und Porthos. In der schönen englischen Serie ➱Blackadder war er auch zu sehen.

Er kam von der Bühne, und er blieb der Bühne treu. Hier ist er als Iago neben Laurence Olivier (Othello) zu sehen, das war der Beginn seiner Karriere. Kein Kritiker erwähnte ihn. Als Othello wenig später verfilmt wurde, erhielt er eine Oscar Nominierung für die beste Nebenrolle. Er war mit Joan Plowright (die mit Olivier verheiratet war) befreundet und stand häufig mit ihr auf der Bühne. Er kam nicht - wie Olivier und Plowright - aus der upper middle class, sein Vater war Schlachter, und so lernte der junge Frank Finlay Schlachter. Mit allen Diplomen.

Aber er wollte auf die Bühne, der Film kam später (hier ist er Jean Valjean in Les Miserables). Obgleich er auf der Bühne wenig sah, er war extrem kurzsichtig. Einmal hat er mit Haftschalen gespielt, da hat er zum ersten Mal das Publikum gesehen. Er war so erschrocken, dass er die nie wieder auf der Bühne getragen hat. Finlay war ein gläubiger Katholik und gehörte der British Catholic Stage Guild (und dem Garrick Club) an; er hatte keine Affairen, er war ein halbes Jahrhundert mit seiner Frau verheiratet. Er hat auch nie gesoffen wie Oliver Reed, Peter O'Toole oder ➱Leslie Howard.

We are very saddened to announce that Frank died today 30th January 2016 at home surrounded by his family. He was a fine actor and will be very much missed by his friends and family, stand am 30. Januar auf seiner ➱Homepage. Das englische Theater hat einen seiner ganz Großen verloren. Er ist in diesem Blog kein Unbekannter, er tritt schon in dem Post ➱Nicolas Freeling auf (und in den Posts ➱Henning Mankell und ➱Sjöwall Wahlöö wird er erwähnt).

Als er in einem Interview mit dem Independent gefragt wurde, warum er nie geadelt wurde, sagte er: Perhaps I haven't been high-profile enough. Da war er aber schon lange Commander des Order of the British Empire. Roger Moore (ich sollte wohl sagen: Sir Roger Moore) hat nach dem Tod von Finlay bei Twitter verlauten lassen, Finlay sei a great co-star gewesen. Das klingt ein wenig herablassend von einem Schauspieler, dessen Ruhm darauf basiert, ➱The Saint und ein schlechter ➱James Bond gewesen zu sein.

Viele von Finlays Filmen kann man heute noch als DVD kaufen. Natürlich Polanskis The Pianist, aber auch seine erfolgreichste TV Serie ➱Bouquet of Barbed Wire. Die Serie (Bild) hat ihn berühmter gemacht als seine Oscar Nominierung. Was man leider nicht kaufen kann, das sind die wunderbaren Van der Valk Filme, die die ARD in den siebziger Jahren von Regisseuren wie Peter Zadek, Wolfgang Petersen und Marcel Cravenne drehen ließ. Die könnte man ja mal auf eine DVD pressen. Aber was tut man? Man gibt die Perlen, die man hat (wie zum Beispiel die Mozart Opern vom ➱Music Theatre London) nicht heraus. Man finanziert diesem grenzdebilen Til Schweiger seinen Zelludloidschrott Tschiller: Off Duty (ein krachender Action-Film, der richtig viel Spaß macht, so der NDR).

Die Engländer haben seit den Tagen von William Shakespeare eine andere Theatertradition als wir. Wir hätten ja von ihnen lernen können, 1649 waren die Englischen Komödianten sogar in meiner Heimatstadt Bremen. Aber wir haben keine Zentralisierung des Theaters in einer Stadt, wie die Engländer das haben. Und wir haben auch kein echtes Äquivalent für The Royal Academy of Dramatic Art (deren Absolvent Finlay war). Als Finlay das Schlachtermesser weglegte, um zur Bühne zu gehen, gab es in England die ➱Angry Young Men Bewegung, das kitchen sink drama, ➱Free Cinema und Woodfall Films. Und es gab ➱Christine Keeler.

England veränderte sich, ➱Frank Finlay war bei allem dabei (natürlich hatte er nichts mit Christine Keeler), wenn auch vielleicht nicht high-profile enough. Er spielt einen einfachen Soldaten in The Longest Day, und er spielt eine Nebenrolle an der Seite von ➱Dirk Bogarde in Doctor in Distress, einem dieser herrlich  bescheuerten Doctor Filme (ich habe sie alle auf DVD). Gute Schaupieler können und dürfen das tun, Nebenrollen in kleinen und großen schrottigen Filmen zu übernehmen. Sie können meinetwegen Van Helsing (Bild) sein, solange sie nicht Nick Tschiller sind.

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