Das ist alles, was vom Birnam Wood übrig geblieben ist, die Birnam Eiche. Soll noch direkt aus der Zeit stammen, als Macbeth sagte I will not be afraid of death and bane till Birnam Forest come to Dunisnane. Der kam denn ja irgendwie nach Dunisnane, man weiß ja sowieso nicht so viel darüber, was an der ganzen Sache mit Macbeth dran ist. Zu lange her. Tatsache ist nur, dass man auf englischen Bühnen diesen Namen, der heute als Titel hier steht, nicht aussprechen darf, weil man dann tot umfällt. Wenn Sie das nicht glauben, dann lesen Sie doch mal dieses köstliche Theaterstück Scots on the Rocks von Richard Nathan.
The ruddy faced king... will possess Scotland.
The strong one was fair, yellow-haired and tall.
Brimful of food was Scotland, east and west,
During the reign of the ruddy, brave king
Keine Rede von einem mörderischen Tyrannen. Shakespeare schreibt mit seinem Macbeth auch ein Stück politische Propaganda, um dem König James zu gefallen, denn der ist Schotte. War vorher James VI von Schottland und ist jetzt James I von England. Alle seine Vorfahren und Verwandten, die genauso mörderisch waren wie andere Schotten, werden jetzt von Shakespeare persilweiß reingewaschen. Und Macbeth wird dementsprechend böse gezeichnet. Die Hexen sind wahrscheinlich auch nur deshalb in dem Stück, weil das James I gefällt. Denn der hatte schon 1597 ein Buch über Hexen mit dem Titel Daemonologie, In Forme of a Dialogie, Diuided into three Bookes. By James Rx geschrieben.
Richard III ist auch böse, das wissen wir dank Shakespeare. Bei Richard III ist das im Gegensatz zu Macbeth schon von Anfang an klar. Da, wo Macbeth noch ein treu ergebener General von König Duncan ist, da ist Richard schon böse. Sagt er uns auch gleich, kaum, dass er auf der Bühne ist:
Now is the winter of our discontent
Made glorious summer by this sun of York;
And all the clouds that lour'd upon our house
In the deep bosom of the ocean buried.
Now are our brows bound with victorious wreaths;
Our bruised arms hung up for monuments;
Our stern alarums chang'd to merry meetings,
Our dreadful marches to delightful measures.
Grim-visag'd war hath smooth'd his wrinkled front;
And now,--instead of mounting barbed steeds
To fright the souls of fearful adversaries,--
He capers nimbly in a lady's chamber
To the lascivious pleasing of a lute.
But I,--that am not shap'd for sportive tricks,
Nor made to court an amorous looking-glass;
I, that am rudely stamp'd, and want love's majesty
To strut before a wanton ambling nymph;
I, that am curtail'd of this fair proportion,
Cheated of feature by dissembling nature,
Deform'd, unfinish'd, sent before my time
Into this breathing world scarce half made up,
And that so lamely and unfashionable
That dogs bark at me as I halt by them;--
Why, I, in this weak piping time of peace,
Have no delight to pass away the time,
Unless to spy my shadow in the sun,
And descant on mine own deformity:
And therefore,--since I cannot prove a lover,
To entertain these fair well-spoken days,--
I am determined to prove a villain,
And hate the idle pleasures of these days.
Plots have I laid, inductions dangerous,
By drunken prophecies, libels, and dreams,
To set my brother Clarence and the king
In deadly hate the one against the other:
And if King Edward be as true and just
As I am subtle, false, and treacherous,
This day should Clarence closely be mew'd up,--
About a prophecy which says that G
Of Edward's heirs the murderer shall be.
Dive, thoughts, down to my soul:
War er wirklich so? Es gibt in England eine Richard III Society, die sich um eine Ehrenrettung bemüht. Bevor man da aufgenommen wird, muss man wahrscheinlich Josephine Teys Krimi The Daughter of Time lesen. Den sollte man sowieso lesen, auch wenn man nicht in die Richard III Gesellschaft eintreten will.
Man hat The Daughter of Time als den besten Krimi aller Zeiten bezeichnet, das kann jeder Krimifreund selbst überprüfen. Man kann ihn nach beinahe sechzig Jahren immer noch kaufen (es gibt in auch als Audiobook). Es ist ein ungewöhnlicher Krimi, der Scotland Yard Inspector Alan Grant liegt im Krankenhaus, und um die Langeweile zu bekämpfen, beginnt er den Kriminalfall der ermordeten Neffen von Richard zu lösen. Man lernt bei der Lektüre viel über Geschichtsschreibung und Geschichtsfälschung. Natürlich auch viel über Shakespeare als Geschichtsfälscher.
Macbeth ist das kürzeste Stück von Shakespeare, deshalb wird es auch gerne im Englischunterricht behandelt. Es ist allerdings noch kein Fall bekannt, dass ein Englischlehrer tot umgefallen ist, als er den Namen Macbeth ausgesprochen hat. Leider scheint der Fluch mit dem tot umfallen auch nicht für die Legionen von Professoren und Literaturkritikern zu gelten, die sich seit den Tagen als Dr Johnson seinen Kommentar zu Macbeth schrieb, auf das Theaterstück gestürzt haben. Schade eigentlich. Im Jahre 1932 hatte L.C. Knights provokativ die etwas absurd erscheinende Frage gestellt How many children had Lady Macbeth? gestellt, weil er von dieser Sorte Literaturbetrachtung weg wollte, die ein Stück nicht als ein Stück sah, sondern nur die Charaktere menschlich auffüllte (das, was man character criticism nennt. War um 1900 sehr verbreitet, wird von Deutsch- und Englischlehrern immer noch geliebt). So wie Sigmund Freud das 1916 getan hatte, der sich lang über die Kinderlosigkeit von Macbeth ausgelassen hat. Obgleich das natürlich eine irritierende Frage ist. Denn im Ersten Akt sagt Lady Macbeth I have given suck and know / How tender ’tis to love the babe that milks me, während Macbeth im Dritten Akt seine Kinderlosigkeit beklagt und Macduff im Vierten Akt ausruft: He has no children. Passt irgendwie nicht zusammen, oder? Aber lassen wir die Shakespeareforscher beiseite, am liebsten von denen ist mir noch G.B. Harrison, der über das Stück sagte, es sei the weakest of Shakespeare's great tragedies, so full of blemishes it is hard to believe that one man wrote it.
Macbeth ist von Schriftstellern immer wieder zitiert worden. Was wäre Fontanes Brück' am Tay ohne die drei Hexen? Und auch Faulkner hätte sich für The Sound and the Fury einen anderen Titel ausdenken müssen. Alfred Jarry hat das Stück in Ubu Roi umgedichtet, und auch der Macbeth von Heiner Müller oder Charles Marowitz sieht ein wenig anders aus als der von Shakespeare. Aber am witzigsten sind natürlich die Parodien, wie Richard Nathans Scots on the Rocks zeigt. Selbst die Barschel Affäre taugte für ein Stück namens Macbarsh.
Das ist aber lange nicht so witzig wie Barbara Garsons MacBird. Als Garson bei einer Anti Vietnam Demonstration rein zufällig Lady Bird Johnson als Lady MacBird Johnson tituliert hatte, kam ihr die Idee, daraus doch ein kleines politisches Theaterstück zu machen. Das wurde sofort zu einem Renner, verkaufte sich mehr als eine halbe Million mal und wurde weltweit beinahe hundertmal aufgeführt. Der Dichter Robert Lowell sagte über das Stück: I have nothing to say about the political truth of this play, but I am sure a kind of genius has gone into the writing und für den Kritiker Dwight MacDonald war es The funniest, toughest-minded, and most ingenious political satire I’ve read in years. In dem Stück werden die Brüder John und Edward Ken O'Dung von dem Bösen MacBird und seiner Gemahlin Lady MacBird umgebracht.
Macbeth hat bei Shakespeare nicht so viele schöne Monologe, in denen sprachlich schön über das Leben und die Welt geredet wird, wie zum Beispiel Hamlet die hat. Er hat auch keine Monologe, wo er so schön böse sein kann wie Richard III. Irgendwie ist er nur ein Spielball für die Frauen, erst die Hexen, dann die Hexe Lady Macbeth. Mit dem, was andere für ihn wollen, wird er nicht glücklich: Now does he feel his title Hang loose about him, like a giant's robe Upon a dwarfish thief, heißt es an einer Stelle. Die Kleider der Macht passen ihm nicht (den meisten Politikern, die wir im Fernsehen sehen auch nicht), Shakespeare gebraucht diese Kleidermetaphorik in Macbeth immer wieder. Bevor Macbeth erschlagen wird (und das auch noch hinter Bühne) und sein Kopf hereingetragen wird, hat er einen Monolog, der voll von Worten ist, die heute ein Zitate sind:
MACBETH
I have almost forgot the taste of fears.
The time has been, my senses would have cool'd
To hear a night-shriek; and my fell of hair
Would at a dismal treatise rouse and stir
As life were in't. I have supp'd full with horrors;
Direness, familiar to my slaughterous thoughts,
Cannot once start me.
[Re-enter SEYTON.]
Wherefore was that cry?
SEYTON
The queen, my lord, is dead.
MACBETH
She should have died hereafter;
There would have been a time for such a word.
Tomorrow, and tomorrow, and tomorrow,
Creeps in this petty pace from day to day
To the last syllable of recorded time,
And all our yesterdays have lighted fools
The way to dusty death. Out, out, brief candle!
Life's but a walking shadow, a poor player
That struts and frets his hour upon the stage
And then is heard no more: it is a tale
Told by an idiot, full of sound and fury,
Signifying nothing.
And then is heard no more: it is a tale
Told by an idiot, full of sound and fury,
Signifying nothing.
Wenn Sie diesen Monolog kennen, brauchen Sie eigentlich sonst nicht mehr von Macbeth zu wissen. Und dann gibt es noch eine Heavy Metal Band aus der DDR namens Macbeth, düsterer, mächtiger, straighter Heavy Metal, was immer das heißt. Vielleicht sollte man die mal bei Verdis Oper Macbeth mitspielen lassen. Ich glaube, diese Oper hat Verdi nur geschrieben, weil er wußte, dass eines Tages die Callas kommt, die solche Frauengestalten liebte, die immer ein wenig neben der Spur sind.
Ja, die Tey... eine meiner Lieblingsautorinnen. Leider ziemlich unbekannt.
AntwortenLöschenZu Macbeth fällt mir immer James Thurber ein: The Macbeth Murder Mystery. Köstlich.
Ja, den Thurber hätte ich wohl erwähnen sollen. Wer die die Geschichte nicht kennt, kann sie hier nachlesen: http://userhome.brooklyn.cuny.edu/anthro/jbeatty/COURSES/Macbeth/thurber.htm
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