Donnerstag, 14. Oktober 2010

Dwight D. Eisenhower


Heute vor 120 Jahren ist Dwight D. Eisenhower geboren worden. Er war ein amerikanischer General, der später Präsident wurde. So wie George Washington oder Ulysses S. Grant. Oder Andrew Jackson, William Henry Harrison, Zachary Taylor, Franklin Pierce, Andrew Johnson, Rutherford Birchard Hayes, James Abram Garfield, Chester Allan Arthur, Benjamin Harrison. Bevor Eisenhower 1942 sein Kommando in London antritt, hat er niemals richtigen Krieg gesehen. Den Ersten Weltkrieg hat er in Camps in Texas und Georgia verbracht. Aber dass er keine Kriegserfahrung hat, das stimmt nicht ganz. Er ist bei einer Schlacht dabei gewesen, aber auf die kann er nicht stolz sein. Es ist für ihn und alle Beteiligten der US Army eine ewige Schande.


Das da im Hintergrund ist das Capitol. Das im Vordergrund ist das Schlachtfeld. Und dies ist ein Lied, das man jetzt singt, es heißt Brother, can you spare a dime?

They used to tell me I was building a dream, 
and so I followed the mob,
When there was earth to plow, or guns to bear, 
I was always there right on the job.
They used to tell me I was building a dream, 
with peace and glory ahead -
Why should I be standing in line, 
just waiting for bread?

Once I built a railroad, I made it run, 
made it race against time.
Once I built a railroad; now it's done. 
Brother, can you spare a dime?
Once I built a tower, up to the sun, 
brick, and rivet, and lime;
Once I built a tower, now it's done. 
Brother, can you spare a dime?

Once in khaki suits, 
gee, we looked swell,
Full of that Yankee Doodle-de-Dum,
Half a million boots went slogging through Hell,
And I was the kid with the drum!

Say, don't you remember, they called me Al; 
it was Al all the time.
Why don't you remember, I'm your pal? 
Buddy, can you spare a dime?

Die Armee, die da in Sichtweise des Capitols campierte, hatte den Namen Bonus Army. Sie ist keine wirkliche Armee, es sind tausende von Kriegsveteranen des Ersten Weltkriegs, die ihren Bonus fordern. Eine Ausfallentschädigung, die ihnen von Gesetz aus zusteht. Die Zahlung wird vom Kongress immer weiter in die Zukunft gelegt. Jetzt im Jahre 1932 tagt der Kongress gerade einmal wieder in Beratung dieser Frage. Diejenigen, die once in khaki suits,gee, we looked so swell von sich sagen konnten, die sind heute die ersten Verlierer der Great Depression. Der Präsident Hoover scheut den Weg ins Parlament, weil er die abgerissenen Veteranen nicht sehen will. Er denkt sich hysterisch in eine Krise hinein. Alles Kommunisten da draußen vor der Tür, die die rechtmäßige Regierung angreifen wollen. Die Amerikaner neigen ja leicht in Krisensituationen zur Paranoia, wie Richard Hofstadter in dem einflussreichen Essay The Paranoid Style in American Politics festgestellt hat.

Den ganzen Sommer über hatte der Polizeichef Superintendent Pelham D. Glassford die Lage unter Kontrolle, er redet mit den Boners (wie sie jetzt umgangssprachlich heißen). Er respektiert sie, er bemüht sich ihre Lage in diesem heißen Sommer in Washington zu verbessern. Er besorgt Feldküchen für das Lager und kauft für 1.000 Dollar von seinem eigenen Geld Lebensmittel. Seine Sympathien sind auf ihrer Seite, er war im Ersten Weltkrieg einer von ihnen. Why, some of those boys soldiered for me, they're my boys, sagt er den Reportern. Der Sohn eines Colonels, West Point, Jahrgang 1904 war der jüngste Brigadegeneral der US Army und hat 1918 noch die Army Distinguished Service Medal vom Präsidenten bekommen. Jetzt ist er Polizeichef von Washington und versucht, die Lage zu entkrampfen.

Aber die liberale Vernunft setzt sich nicht durch, wie es 2005 in der New York Times in einer Rezension von Janet Maslin zu dem Buch The Bonus Army: An American Epic von Paul Dickson and Thomas B. Allen heißt: Some predictions of disaster were exaggerated... But eventually, they proved prophetic. Despite the impressive peacekeeping efforts of Pelham D. Glassford, Washington's chief of police, the combined trigger-happy instincts of J. Edgar Hoover at the F.B.I. and the Army chief of staff, General MacArthur, prevailed. Tear gas and a cavalry charge drove the Bonus Army away from Washington, and the hovels were torched, despite orders not to allow American flags to be burned. The Bonus Army's quarters were full of them.

Sie sehen das auf dem Bild völlig richtig, das Militär trägt Gasmasken und hat die Bajonette auf dem Gewehr aufgepflanzt. Wir sind im Jahre 1932 in Washington. US Soldaten kämpfen mit Gas, mit Panzern und mit der Kavallerie gegen unbewaffnete US Bürger, die einmal für ihr Land als Soldaten gekämpft haben. Der kleine elf Wochen alte Bernard Myers, der in dem Camp geboren wurde, wird im Krankenhaus an den Verletzungen durch das Gas sterben.

General MacArthur hat jetzt seinen großen Tag, er hat die Kameras der Wochenschauen gesehen, jetzt will er die Schlacht selbst kommandieren. Angeblich soll ihm sein Adjutant Eisenhower davon abgeraten haben. Wir müssen einen Augenblick lang bedenken, Douglas MacArthur ist der Chef des Generalstabes. Dies ist eine Polizeiaktion. In keinem Staat der USA darf das Militär Polizeiaktionen durchführen, aber der Disctrict of Columbia fällt nicht unter das Gesetz, er ist kein Staat. Trotzdem ist es juristisch eine etwas zweifelhafte Sache. Es ist auch nicht so, wie es nachträglich erklärt wurde, dass der Polizeichef die Hilfe des Militärs angefordert hätte. Die Formulierung mit trigger happy von Janet Maslin trifft es schon genau. Douglas MacArthur kommt auf einem weißen Pferd. Das ist jetzt eigentlich schon ein bisschen viel der Symbolik.

Hier ist MacArthur am Ende des Tages (unvorschriftsmäßig ohne seinen Sam Browne Gürtel) mit seinem Adjutanten, dem Major Eisenhower (völlig vorschriftsmäßig), der 42-jährige Eisenhower sieht aus wie der unterwürfige Klassenbeste. Das war er auch immer. MacArthur trägt für die Occasion seine full dress uniform und auch alle seine Orden. Es gibt noch Photos von ihm mit Reitgerte und eines wie er sich am Ende des Tages mit einem weißen Taschentuch das Gesicht wischt. Es ist im Sommer heiß in Washington, in diesem Sommer heißer als sonst. Auf manchen Wochenschaubildern steht er hilflos auf der Straße, als ob er gar nicht wüsste, was los ist. Generale haben das so an sich. Er überschreitet heute auch alle Kompetenzen, weil er sich nicht an die Befehle des Präsidenten hält. Wer die Biographie von MacArthur kennt, weiß, dass er das zu einem Wesenszug machen wird. Er redet jetzt auch nicht mehr mit Glassford, obgleich sich die beiden seit langem kennen. 1918 hatten sie noch beide den gleichen Generalsrang, jetzt muss Glassford ohnmächtig dem Spektakel zusehen. Am Ende des Tages ist das Unternehmen, das tausende von Bürgern aus Washington mit den Rufen shame, shame begleitet hatten, für MacArthur ein großer Sieg über den kommunistischen Aufruhr. I have released in my day more than one community which had been held in the grip of a foreign enemy. Das ist so ziemlich das Schwachsinnigste, was er sagen konnte.

Einen anderen Herren mit einem weißen Pferd, einem Lippizaner, habe ich bisher noch nicht erwähnt. Der ist auch Major wie Eisenhower, und er ist mit ihm befreundet. Sein Name ist ➱George S. Patton. Sie können mehr sehen, wenn Sie sich die drei kurzen Filme hier auf YouTube anschauen (➱1, ➱2, ➱3). George Patton reitet jetzt einen Kavallerieangriff durch das Lager der Bonus Expeditionary Force (BEF, wie sie ihre "Armee"selbstironisch nennen). Das letzte Mal, dass die US Cavalry mit gezogenem Säbel gegen die eigenen Landsleute eine Attacke geritten ist, war im Bürgerkrieg. Die Indianerkriege zählen nicht, da weiß man ja nicht, ob das wirklich Landsleute sind. George Patton zerstört dabei auch die Unterkunft von einem ehemaligen Sergeanten namens Joe Angelo. Der Mann, der aus New Jersey zu Fuß nach Washington marschiert ist, möchte am nächsten Tag mit Patton reden, er kennt ihn nämlich. Patton hat einmal über ihn gesagt He is the bravest man in the American Army. Das war 1918, da hat ihm Joe Angelo das Leben gerettet. Er hat höchste Orden dafür bekommen (die gleichen wie Glassford, MacArthur und Patton). Die trägt er jetzt am Revers seines zerlumpten Anzugs. Aber er bekommt von Patton nur zu hören I do not know this man. Take him away and under no circumstance permit him to return. Patton weiß ganz genau, wer Joe Angelo ist. Er will nur nicht, dass die Presse von der Geschichte Wind kriegt. Das wird sie aber.

Eine Delegation von Schriftstellern unter der Leitung von Sherwood Anderson, Veteran aus dem Spanisch-Amerikanischen Krieg, wird bei Präsident Hoover vorstellig. Das heißt, sie möchten bei ihm vorstellig werden. Er empfängt sie nicht. Sein Pressechef Theodore Joslin hört ihnen gar nicht erst zu, sondern liest ihnen eine Erklärung vor, dass das alles Kommunisten waren. Mit ätzender Ironie hatte zuvor der Pulitzer Preisträger Paul Y. Anderson in der Nation geschrieben: Hoover's campaign for re-election was launched Thursday, July 28, at Pennsylvania Avenue and Third Street, with four troops of cavalry, four companies of infantry, a mounted machine-gun squadron, six whippet tanks, 300 city policemen and a squad of Secret Service men and Treasury agents...Hoover wird nicht wiedergewählt werden.

Der neue Präsident Franklin Delano Roosevelt möchte sich an der ganzen Sache nicht die Finger verbrennen. Er schickt seine Frau Eleanor (die vielleicht politisch bedeutender ist als ihr Mann) als Verhandlungsführerin. Der Satz Hoover sent the army, Roosevelt sent his wife macht in Amerika die Runde.

Pelham D. Glassford wird am 30. Oktober 1932 seinen Abschied einreichen. Er kommt damit seiner Entlassung durch Hoover zuvor. Auf dem Photo oben fährt er mit seinem blauen Motorrad, das jeder im Lager kennt, durch das BEF Lager in Anacostia. Im Ersten Weltkrieg war er schon mit einem Motorrad bis kurz vor die deutschen Linien gefahren und hatte Freund und Feind verblüfft. Seine Kameraden in West Point nannten ihn Happy, er ist auch ein begabter Maler gewesen. Er wird noch einmal in Amerika eine Rolle spielen, als 1935 in Kaliforniens Imperial Valley bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen, schickt ihn Frances Perkins als Regierungsbeauftragten nach Kalifornien. Perkins hatte Glassford immer für seine Haltung im Jahre 1932 bewundert. Frances Perkins, die erste Frau in einem amerikanischen Kabinett, ist Arbeitsministerin und das soziale Gewissen von Roosevelt - man fragt sich, was er ohne  seine Frau und ohne Frances Perkins geworden wäre. Glassford fährt mit seinem Ford nach Kalifornien, fährt durch das Valley und redet mit jedem. Das tun Politiker ja selten. Danach lässt er Plakate drucken, wonach jetzt ein Mindestlohn für einheimische Arbeiter und mexikanische Wanderarbeiter festgesetzt sei und Lohndumping verboten sei. Diese Maßnahme ist juristisch völlig illegal und mit niemandem abgesprochen. Aber sie wirkt. Die Großgrundbesitzer merken, dass es die Roosevelt Regierung wirklich ernst meint. Und außerdem möchte sich niemand mit dem hünenhaften Ex-General anlegen.

Und als abschliessenden Kommentar lassen wir mal die Monroe Brothers singen:

I'm just a poor ex-soldier that's broken down and blue, 
Fought out in the Great War for the old red, white, and blue. 
I left my parents and my girl I loved, to France did go 
And fought out on the battlefield through hunger, sleet, and snow. 

I saw my buddies dying, and some shellshocked and torn 
Although we never faltered at the battle of Amarne 
And we were told when we left home we'd be heroes of the land, 
So we came back and found no one would lend a helping hand. 

They promised gold and silver, and bid us all adieu. 
They said they'd welcome us back home when the terrible war was through. 
We fought until the war was o'er, they said we'd won the fight, 
But we have no job or money, no place to sleep at night. 

They called us wandering boys bums, asking for shelter and bread 
Although we fought in no man's land and a-many poor boy is dead. 
So listen to my story and lend a helping hand 
To the poor forgotten soldier boy who fought to save our land.

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