Samstag, 12. Dezember 2020

der Torstenssonkrieg


Heute vor 377 Jahren brach der sogenannte Torstenssonkrieg zwischen Schweden und Dänemark aus. Ohne Kriegserklärung überfällt der schwedische General Lennart Torstensson das dänische Holstein. Einer der Leidtragenden dieses Überfalls ist der Pastor Johann Rist in Wedel. Der nicht nur Pastor, sondern auch ein berühmter Dichter ist, princeps poetarum totius Germaniae nennt man ihn. Der Kaiser wird ihn 1645 adeln. Der dänische König Christian IV hätte ihn wohl gerne an seinem Hofe gesehen, aber das ist nichts für Rist, wie seine Gedichte über das Hofleben zeigen. Nach dem Tode des Barockherrschers, der die Kunst liebte, wird sein Sohn Frederik König. Für den muss Rist 1643 das Hochzeitsgedicht schreiben. Frederik besucht den Poeten auch einmal für mehrere Tage in Wedel. Aber danach besuchen Torstenssons Truppen den Dichter. Und das nicht nur einmal, im Zweiten Nordischen Krieg sind sie wieder da und verwüsten alles:

Als ich aber zu meinem großen Herzeleide musste erfahren, dass meine beiden, von vielen Jahren her ziemlich wohlangerichteten Gärten nun zum anderemal aller ihrer Planken, Zäune, Türen und anderer Beschützung gänzlich beraubet, die Blumen und Kräuterbeete zu Pferde-Stallungen gemacht, mit Zelten bedeckt, mit Munition, Rüst-, Proviant- und anderen Wagen besetzt, umgegraben, zerwühlt, die allerschönsten Blumen und Gewächse hinaus geworfen. Alle Pfähle, Latten und Holzwerk ausgezogen und abgebrochen, die lustigsten Spaziergänge, Laubhütten und grüne Zeltlein (wie ich die selben mit meinen schlichten Mitteln noch haben können) heruntergerissen und der Erden gleichgemacht. Die fruchtbarsten Bäume abgehauen und, dass ich es nur kurz begreife, meinen Garten endlich zu einem Schindacker für gefallene Pferde, auch vieles anderen geschlachteten Viehes gemachet worden. 

Es ist nicht nur der Verlust seines geliebten Gartens (genaugenommen besitzt er drei Gärten), den der Dichter beklagt: Auch dass mein neues anmutigstes Buch, nach den Monaten des Jahres in 12 Hauptstücke abgeleitet unter dem Titel 'Unschädliche Gartenlust', da es schon ins Reine geschrieben war und zum offenen Drucke übergeben werden sollte, auf kleine Stücklein, leider! zerrissen. Er wäre natürlich kein Pastor und kein Barockdichter, wenn er sich nicht daran dächte, dass auch diese Gartenlust eine große Eitelkeit und ein recht nichtiges, flüchtiges und vergängliches Wesen sei.

Bevor die schwedischen Truppen 1657 ein zweites Mal über Wedel herfallen, gab noch die große Naturkatastrophe von 1648, die Rist in einem Buch beschreibt: Daß ist Kurtze, iedoch eigentliche Beschreibung Des erschreklichen Ungewitters, Erdbebens und überaus grossen Sturmwindes, welcher Jn der Fastnacht dieses 1648 Jahres, am Tage Valentins, war der 14 des Hornungs, vom Mohntag auff den Dienstag, ungefähr gegen Mitternacht plötzlich entstanden. Ob es wirklich neben Orkan und Hochwasser auch ein Erdbeben gab, weiß man nicht so genau, aber Rist schreibt es in seinem Buch Holstein vergiß eß nicht alles auf. Und er macht sich daran, das verlorengegangene Tractat / die unschädliche GartenLust genannt neu zu schreiben.

Der Torsenssonkrieg geht mit dem Friedensschluss von Brömsebro zuende, Holstein ist erst einmal von den Schweden befreit, Rist schreibt ein Gedicht in Alexandrinern:

O wollte Gott/ dass Teutschland möchte kosten
Wie wir/ den süßen Fried! Ach möchten doch verrosten 
Pistolen/ Schwerter/ Spieß’ und Stücke groß und klein? 
Ach möcht’ uns kein Gewehr hinfort mehr schädlich sein? 
O wollte Gott/ man sollt’ aus den Musquetten machen 
Nur Pflüge/ Gabeln/ Beil und tausend andre Sachen
Wodurch der Ackerbau wird treulich fortgesetzt
Der nicht nur Reichtum bringt/ besonders auch ergötzt!
O wollte wollte Gott/ es möchten doch die Tauben
Ihr’ Eier brüten aus in lauter Pikkelhauben!
O wollte wollte Gott/ dass’ doch der Ackersmann
Die starken Kürass nehm' als Körb und Wannen an!

Schwerter zu Pflugscharen, das Gedicht nimmt das alte Bibelzitat wieder auf. Das dänische Holstein mag für einen Augenblick Frieden haben, der Rest von Deutschland muss noch auf den Frieden von Münster und Osnabrück warten. Der Graf Lennart Torstensson wird sechs Jahre nach dem Ende des Krieges sterben, der seinen Namen trägt. Aber die abscheulichen Greuel des blutigen Krieges gehen weiter. Auch wenn es Rist zu ihrer Beschreibung an Zeit, Tint, Feder und Papier ermangelt und wodurch das Vaterland zur Wüsten ganz und gar geworden ist, er schreibt weiter: Auch wenn er klagt, dass ich auch nicht ein paar Schuhe über die Füße behalten, sondern fast alles, was ich in der Welt gehabt, verloren und halb nackend davon fliehend, mein Leben mit genauer Not müssen erretten. Was Johann Rist schreibt, ist Teil unserer deutschen Literatur, der schwedische Feldherr Torstensson taucht in der Literatur nur in dem Kinderbuch Das kleine Gespenst auf.

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