Dienstag, 11. April 2023

Ungarn


Seit 1964 feiert man in Ungarn am 11. April den Tag der ungarischen Poesie. Man hat den 11. April gewählt, weil das der Geburtstag von Ungarns bedeutetstem Dichter Attila József ist. József hat 1937 Thomas Mann getroffen, kurz bevor er tödlich verunglückte. Thomas Mann  (damals im Exil in der Tschechoslowakei) war im Januar 1937 nach Budapest gekommen, junge ungarische Schriftsteller hatten ihn eingeladen. Thomas Mann las im Ungarischen Nationaltheater aus seinem noch nicht ganz fertigen Roman Lotte in Weimar. Eigentlich sollte Attila József vorher sein Gedicht Thomas Mann zum Gruß vorlesen, aber die ungarische Zensur verweigerte das. Thomas Mann hat viele Jahre später in einem Brief über József  gesagt: Unsere persönliche Begegnung in Budapest, die Zärtlichkeit und edle Bescheidenheit seines Wesens, sein reiner und leidenschaftlicher Idealismus haben einen unvergesslichen Eindruck bei mir hinterlassen. Das Gedicht von Attila József soll heute das Gedicht des Tages sein. Ich habe es einmal im ungarischen Original und einmal in der Übersetzung von Stephan Hermlin:

Mint gyermek, aki már pihenni vágyik
és el is jutott a nyugalmas ágyig
még megkérlel, hogy: „Ne menj el, mesélj” –
(így nem szökik rá hirtelen az éj)
s míg kis szíve nagyon szorongva dobban,
tán ő se tudja, mit is kíván jobban,
a mesét-e, vagy azt, hogy ott legyél:
így kérünk: Ülj le közénk és mesélj.
Mondd el, mit szoktál, bár mi nem feledjük,
mesélj arról, hogy itt vagy velünk együtt
s együtt vagyunk veled mindannyian,
kinek emberhez méltó gondja van.
Te jól tudod, a költő sose lódít:
az igazat mondd, ne csak a valódit,
a fényt, amelytől világlik agyunk,
hisz egymás nélkül sötétben vagyunk.
Ahogy Hans Castorp madame Chauchat testén,
hadd lássunk át magunkon itt ez estén.
Párnás szavadon át nem üt a zaj -
mesélj arról, mi a szép, mi a baj,
emelvén szívünk a gyásztól a vágyig.
Most temettük el szegény Kosztolányit
s az emberségen, mint rajta a rák,
nem egy szörny-állam iszonyata rág
s mi borzadozva kérdezzük, mi lesz még,
honnan uszulnak ránk új ordas eszmék,
fő-e új méreg, mely közénk hatol –
meddig lesz hely, hol fölolvashatol?...
Arról van szó, ha te szólsz, ne lohadjunk,
de mi férfiak férfiak maradjunk
és nők a nők - szabadok, kedvesek
- s mind ember, mert az egyre kevesebb...
Foglalj helyet. Kezdd el a mesét szépen.
Mi hallgatunk és lesz, aki csak éppen
néz téged, mert örül, hogy lát ma itt
fehérek közt egy európait.

Thomas Mann zum Gruß

Dem Kinde gleich, das sich nach Ruhe sehnt
Und sich schon müde in den Kissen dehnt
Und bettelt: Ach, erzähl mir was, bleib da…
(dann ist das böse Dunkel nicht so nah)
und das – sein kleines Herz schlägt hart und heiß ,
was es sich eigentlich da wünscht, nicht weiß:
das Märchen oder daß du bei ihm bist –
so bitten wir: Bleib eine kurze Frist!
Erzähl uns was, selbst wenn wir es schon kennen!
Sag, daß wir uns mit Recht die Deinen nennen!
Daß wir, mit dir vereint, deine Gemeinde,
Des Menschen wert sind und des Menschen Freunde.
Du weißt selbst, daß die Dichter niemals lügen.
So laß die Wahrheit, nicht die Fakten, siegen,
Die Helle, die dem Herzen du gebracht –
Denn unsre Einsamkeit, das ist die Nacht.
Laßt heut uns, Freunde, uns durchschaun! So sah
Hans Castorp einst den Leib der Frau Chauchat.
Kein Lärm, der durch des Wortes Vorhang dringt…
Erzähl, was schön ist und was Tränen bringt.
Laß, nach der Trauer, endlich Hoffnung haben
Uns, die wir Kosztolányi grad begraben…
Ihn fraß der Krebs nur. An der Menschheit Saat
Frißt tödlich schrecklicher der Dschungelstaat.
Was hält die Zukunft noch in ihrem Schoß?
Wann bricht das Wolfsgeschmeiß gegen uns los?
Kocht schon das neue Gift, das uns entzweit?
Wie lang noch steht ein Saal für Dich bereit?
Das ist’s: Wenn du sprichst, brennt noch unser Licht,
es leisten auf ihr Mannsein nicht Verzicht
die Männer, Frauen lächeln wunderbar,
noch gibt es Menschen (doch sie werden rar…)
Setz dich! Fang an! Laß uns dein Märchen hören!
Und manche – doch sie werden dich nicht stören –
schauen sich nur an. Sie wollten zu dir gehn,
den Europäer unter Weißen sehn…

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