Dienstag, 29. Oktober 2024

Bronzeplastik


Am Sonntag, 27. Oktober 2024, enthüllte Oberbürgermeisterin Petra Broistedt eine Bronze zu Ehren von Chanson-Sängerin Barbara, die vor genau 60 Jahren ihr Chanson 'Göttingen' komponierte. Die Veranstaltung fand im Rahmen des Göttinger Literaturherbstes im Vorfeld des Konzerts 'Nachtblau. Hommage an Barbara' im Deutschen Theater (DT) statt. Anwesend waren unter anderem Barbaras Neffe Bernard Serf, die Künstlerin der Bronze Ulrike Visser, Honorarkonsul Dr. Reinhard Spieler in Vertretung des französischen Botschafters François Marie Delattre sowie Staatssekretär Professor Joachim Schachtner in Vertretung des niedersächsischen Ministers für Wissenschaft und Kultur Falko Mohrs.

So kann man es im Internet lesen. Als ich das am Sonntagabend erfuhr, dachte ich mir, ich hole mir ein Bild der Statue aus dem Netz und plaziere das in meinem Post über Barbara. Aber im ganzen Internet gab es kein Bild von der Bronzeplastik. Wenn man Barbara und Statue eingibt, dann bekommt man natürlich die Heilige Barbara, das war mir klar. Wenn man Göttingen dazu schreibt, dann bekommt man die Statue vom Gänseliesel. Aber nicht die Bronze der französischen Sängerin. Das Internet wird überschätzt. Für diejenigen Leser, die vor fünf Jahren verpasst haben sollten, dass es hier einen Barbara Post gab, stelle ich den heute noch einmal ein. Und wenn endlich ein Bild von der Göttinger Barbara Bronze im Internet auftaucht, dann räumt das Gänseliesel hier seinen Platz. 

Die CDs, die Gabi mir geschenkt hat, waren immer etwas besonderes. Das fing mit einer CD von Triosence an, das war eine Raubkopie, aber ich gewöhnte mich so schnell an diese Musik, dass ich mir die anderen CDs nachkaufen musste. Dann bekam ich von ihr Madeleine Peyroux, über die musste ich gleich schreiben. Und zu Weihnachten gab es von Barbara Dis, quand reviendras-tu?. Mit der Sängerin konnte ich etwas anfangen, weil ich seit fünfzig Jahren eine LP von ihr habe. Die war in der Schallplattenedition des legendären Magazins Twen erschienen.

Die französische Sängerin Barbara war 1964 zum erstenmal in Deutschland aufgetreten. Ich fahre also im Juli nach Göttingen und ärgere mich bereits, dass ich die Einladung angenommen habe, schrieb sie in ihren Memoiren. Die Tochter einer jüdischen Familie, die mit Glück die deutsche Besatzung überlebt hatte. Es war nicht leicht für sie ins Land der boches zu kommen. Das galt ebenso für Juliette Gréco, die ich 1962 in Berlin erlebte. Sie war als Kind von der Gestapo verhaftet worden, ihre Mutter und Schwester überlebten das KZ Ravensbrück. Aber jetzt in den Sixties kommen beide Sängerinnen nach Deutschland.

Der Göttinger Regisseur Hans-Gunther Klein (hier rechts im Bild) hatte Barbara in Paris überredet, nach Göttingen zu kommen. Doch als sie kam, ging alles schief. Sie wollte einen Konzertflügel haben, nicht dieses braune Turnhallenklavier, das auf der Bühne stand. Aber eine alte Dame in der Nachbarschaft stellt ihren Flügel zur Verfügung, Studenten schleppen das Piano ins Theater. Das Konzert beginnt mit zweistündiger Verspätung und wird ein Riesenerfolg.

Tage später schreibt Barbara die erste Version ihres Lieds À Göttingen, à GöttingenAm letzten Mittag meines Aufenthaltes kritzelte ich ‚Göttingen‘ im kleinen Garten, der an das Theater grenzte, nieder. Am letzten Abend habe ich den Text zu einer unfertigen Melodie vorgelesen und gesungen, wobei ich mich dafür entschuldigte. In Paris habe ich dieses Chanson fertiggestellt. Ich verdanke dieses Chanson also der Beharrlichkeit Gunther Kleins, zehn Studenten, einer mitfühlenden alten Dame, den kleinen blonden Kindern Göttingens, einem tiefen Verlangen nach Aussöhnung, aber nicht nach Vergessen.

In den letzten Zeilen des Chansons heißt es:

O faites que jamais ne revienne
le temps du sang et de la haine,
car il y a des gens que j’aime
à Göttingen, à Göttingen.

Lasst diese Zeit nie wiederkehren
und nie mehr Hass die Welt zerstören:
Es wohnen Menschen, die ich liebe,
in Göttingen, in Göttingen.

Für den jungen Gerhard Schröder, der in Göttingen studierte, wird das Lied zu einer Hymne der deutsch-französischen Aussöhnung. Ein Jahr nach dem Élysée Vertrag wird der Vertrag mit Leben erfüllt. Nicht von den Politikern, sondern von einer französischen Chansonsängerin. Jetzt haben wir den Vertrag von Aachen, aber Frau Merkel kann kein Französisch. Olaf Scholz auch nicht, aber er bekam 2014 das Amt des Bevollmächtigten für die deutsch-französische kulturelle Zusammenarbeit. Sacre bleu. Die Zeiten, in denen Richard von Weizsäcker in Paris eine Rede in französischer Sprache halten konnte, sind lange vorbei. Unsere Politiker können kein Französisch, Martin Schulz ist da eine rühmenswerte Ausnahme.

Juliette Gréco sang, was Jacques Prévert schrieb, Barbara schrieb ihre Lieder selbst. Sie hat sie auch auf deutsch gesungen. Man hat Barbara nie vergessen. In Deutschland vielleicht, in Frankreich nicht. 2017 hat Alexandre Tharaud ihre Lieder mit vielen Sängern und Sängerinnen neu aufgenommen. Und im selben Jahr hat Gérard Depardieu Barbaras Lieder gesungen, À Göttingen war auch dabei.

Das hier habe ich von Freunden bekommen, ist bisher nicht im Internet, aber jetzt:




1 Kommentar:

  1. Bonjour Monsieur,

    sachez bien que Mme von der Leyen parle le francais couramment. Et il y a d`autres politiciens allemands qui parlent bien le francais.
    A part de ca je lis avec plaisir votre blog

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