Dienstag, 1. Oktober 2024

Quarzuhren (III)


Ist aber wirklich meine letzte Quarzuhrhabe ich in Quarzuhren (II) geschrieben. Einem Post, der viel mehr Leser hatte als die beiden letzten Posts zu Caspar David Friedrich. Ich muss noch einige Korrekturen zu diesem Post anfügen, da ich gegen meine guten Vorsätze verstoßen habe und mir doch noch eine Quarzuhr gekauft habe. Und ich noch erwähnen muss, dass die erste in Neuchâtel getestete Quarzuhr nicht von Seiko kam. Die kam 1967 aus der Schweiz, war aber nur ein Prototyp, von dem es lediglich wenige Exemplare gab. 

Sie hieß 
Beta 1 und hatte ein sehr großes rechteckiges Werk, das gerade mal in dieses rechteckige Gehäuse passt. Aber das Centre Electronique Horloger (CEH) wird dieses Werk nicht weiterbauen. Man hatte sich für den Bau des Kalibers →Beta 21 entschieden, das zwanzig Schweizer Firmen (wie zum Beispiel IWC, Jaeger-LeCoultre, Patek Philippe und Rolex) 1970 in ihren Armbanduhren haben werden. Aber nur in kleinen Zahlen, Rolex nimmt für seine Oysterquartz erstmal nur 320 Stück. Allerdings hatte auch das Werk keine wirkliche Zukunft, es wurde schnell wieder aufgegeben. 

Wenige Wochen, nachdem das Beta 1 vorgestellt worden war, tauchte auch Seiko mit einem Quarz Prototyp in Neuchâtel auf. Sie waren da ja schon zu Hause, weil sie in den Jahren zuvor kleine Tischuhren und Marinechronometer (also so etwas wie in diesem Bild) dort testen ließen. Wenn Sie diesen Link oben anklicken, können sie alle Uhrmacher von Seiko kennenlernen, die die Seiko Chronometer eingeregelt haben.

Die heutige Standardfrequenz der Quarzuhren von 32.768 Hertz wurde 1971 von Girard-Perregaux festgelegt, die unabhängig vom CEH einen ganz eigenen Weg gegangen waren. Ich habe meine Girard-Perregaux schon vor zehn Jahren in dem Post CD Player abgebildet. Das Kaliber GP 350 ist aber nicht mehr in der Uhr, mein Uhrmacher hatte das defekte Werk nicht reparieren können. Obgleich er viel von Elektrik verstand, bevor er seine Meisterprüfung als Uhrmacher beim Bremer Domuhrmacher Henning Paulsen machte, hatte er als Flugzeugelektriker die elektrischen Leitungen der Starfighter und F-86 Sabre überprüft, die in Lemwerder eingeflogen wurden.

Vier Wochen, bevor die Schweizer 1970 mit ihrem Beta 21 auf dem Markt waren, bot Seiko zu Weihnachten Uhren mit dem Quarzwerk Astron →35SQW an. Jedoch gab es nur einhundert Stück dieser Golduhren, die den Preis von 450.000 Yen hatten. Dafür konnte man sich auch schon einen Toyota Corolla kaufen. Trotz des Preises war die Uhr ein Verkaufserfolg, nach einem Monat waren alle hundert Uhren verkauft. Die New York Times hatte 5. Januar 1970 die Schlagzeile Accuracy accentuated by a crystal device in a Japanese watch und schrieb: If you're one of those rare persons who must be accurate within five seconds a month, the Japanese have a wristwatch for you. Right now it costs $1,250 and is available only in Japan in a solid 18‐karat gold model. But who would be interested in such a timepiece and at such a price? “There are many people in your country who want to be the first to own something new,” replied Reijiro Hattori, executive managing director of Seiko Watch‐K, Hattori and Company, Ltd., of Tokyo. “Then there are those in radio and television, and scientists and many others whom we consider potential buyers,” he added. Mr. Hattori was here last week on a business trip in his capacity as director of international marketing for Seiko.

Seikos Konkurrent Citizen kommt erst 1973 mit einer Quarzuhr auf den Markt. Die geht im Monat zehn Sekunden ungenau, das ist bei Quarzuhren zu der Zeit schon ein guter Wert. Aber 1975 bringt Citizen die Crystron Mega, die nur noch fünf Sekunden falsch geht. Nicht im Monat, im Jahr. Sie soll allerdings 15.000 Dollar gekostet haben, und der Dollar war damals etwas mehr wert als heute. Es gab eintausend Exemplare der Uhr in Gold, bei ebay findet sich noch eine, die zweitausend Pfund Sterling kosten soll.

Das ließ Seiko natürlich nicht ruhen. In den siebziger Jahren werden sie immer neuere und bessere Quarzwerke auf den Markt bringen. Die allerdings immer noch viel zu teuer sind. Eine goldene Uhr mit dem Werk 38SQW VFA kostete 1974 stolze 1.3 Millionen Yen. Das VFA hinter der Kalibernummer stand für Very Fine Adjusted. Bei Seiko weiß man, dass die Uhren preiswerter werden müssen, und in der neuen Linie Superior beginnen die Preise dann bei 200.000 Yen. Das ist das Doppelte des Preises einer Grand Seiko mit automatischem Aufzug. Der große Sprung nach vorne ist das  Kaliber 4883, das allerdings nur zwei Jahre gebaut wird, weil Seiko dann die Twin Quartz Werke (Kaliber →9980) in der Superior und der Grand Quartz auf den Markt bringt. Es ist eine seltsame Sache bei Seiko, dass sie erfolgreiche Modelle, die sie für Jahre bauen könnten, nach kurzer Zeit aufgeben. Dadurch werden diese Uhren heute für Sammler natürlich interessant. Auf diesem Bild sehen Sie die Seiko Quarzwerke von 1969 bis 1975. Oben links ist das Werk, das in der Astron war, unten rechts das Werk der Superior. 

War bisher die Grand Seiko für die Firma das Maß aller Dinge, dann ist es jetzt die Superior, darüber geht nichts. Grand Quartz, King Quartz und Lord Quartz waren jetzt weiter unten auf der Liste der Dinge, von denen man träumte. Die Superior, die zehn Jahre lang gebaut wurde, hatte immer das gleiche Design. Sie war aus gehärtetem Stahl (einer Spezialität von Seiko) und ist hochglanzpoliert, wahrscheinlich ist das die Zaratsu Politur. Die ihren Namen von einer Schweizer Poliermaschine der Gebrüder Sallaz hat. Die Uhr hatte statt des von Seiko so gerne verwendeten Mineralglases ein Saphirglas. Das Zifferblatt ist sehr aufwendig, die manuell aufgesetzten Indizes sind beidseitig hochglanzpoliert. Im Internet habe ich jemanden gefunden, dem das Zifferblatt nicht so gefällt: The 4883-8001, like all the Superiors is a killer watch - wear this thing and you can tell its expensive - they cost insane money when new - that dial ... come on, 1976. The quality of these Seiko's is extradionary which is why they are looking so good 40+ years later - modern stuff just not on the same page. Dabei ist das Zifferblatt eigentlich ein kleines Kunstwerk.

Ich habe die killer watch jetzt am Arm, und da bleibt sie auch für die nächste Woche. Eigentlich hätte ich die Uhr nicht gebraucht, weil ich ja nach der Grand Quartz gesagt hatte: Ist aber wirklich meine letzte Quarzuhr. Aber
Patrick Reitberger und Sam Wong von der Firma Tokei Japan haben mir als treuem Kunden ein Freundschaftsangebot gemacht, das ich nicht ablehnen konnte. Denn eine Superior aus dem Jahre 1978 in diesem Zustand und zu dem Freundschaftspreis findet man nicht so leicht. In Germania Superior ganz bestimmt nicht. 


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