Ich gab Bismarck und Hunde bei Google ein. Der Reichskanzler (der am 8. Oktober 1862 zum preußischen Außenminister berufen wurde) liebte seine Hunde. Und dann bekam ich dieses Bild. Das war mir zuerst ein Rätsel, bis ich die zugehörige ➱Seite aufrief und dort die Schlagzeile sah: El Bismarck hunde al HMS Hood. Es geht hier offensichtlich nicht um den preußischen Junker sondern um ein Schlachtschiff gleichen Namens. Und hunde heißt hier versenken. Das Schlachtschiff Bismarck ist mir in allen Details vertraut, ich habe es nämlich gebaut. Nicht wirklich, aber als Wilhelmshavener Modellbaubogen. Erforderte monatelange Fizzelarbeit. Als ich mich Jahre später nicht mehr so für die Modellbaubögen interessierte, habe ich meinem Schlachtschiff ein würdiges Ende auf der Weser bereitet: ich habe mit Feuerzeugbenzin getränkte Watte in den Schiffsbauch gestopft und das papierne Schlachtschiff dann brennend vom Anleger des ➱Rudervereins auf die letzte Reise in die Weser geschickt.
Ich fange noch mal von vorne an. Und mit den richtigen Hunden: Hier ist Bismarck mit seinen Doggen Tyras II und Rebecca zu sehen, die der Volksmund spöttisch die Reichshunde nennt. Wenn man der Herrscher von Deutschland ist, dann muss man Hunde haben, das war bei Friedrich dem Großen nicht anders. Hunde sind ein Herrschaftssymbol, auch wenn sie eine diplomatische Krise verursachen können. Weil der Vorgänger von Tyras II den russischen Außenminister beim Berliner Kongreß gebissen hat. Die satirische Zeitschrift Kladderadatsch veröffentlichte daraufhin ein ➱Gedicht:
Aedler Sultan, Hund der Hunde,
Von dem das Wochenblättlein spricht
Im kleinsten Nest der Erdenrunde,
O Sultan, du gefällst mir nicht!
[…]
Man weiß, wie beim Congreß dolose
getrieben du dein schlimmes Spiel,
Und wie dir Rußlands Galahose,
Die stattliche, zum Opfer fiel.
Vor Knickebeinen, die zum Gehen
Zu schwach sind, wichst du nicht zurück;
O Sultan, du mußt selbst gestehen,
Fürwahr, das war kein Heldenstück.
Das war böse und falsch, denn es war Tyras und nicht Sultan, der die Hosen des Botschafters zerfetzte. Bismarck liebte seine Hunde, und sie liebten ihn. Es gibt da unzählig viele Anekdoten, was wohl auch daran liegt, dass er gerne Geschichten von seinen Hunden erzählte. Ob er die Hunde auch mit dem Bismarckhering gefüttert hat (lesen Sie ➱hier mehr), weiß ich nicht. Der soll aber für Hunde eine sehr gute Wurmkur sein. Bismarcks erster Hund hieß Sultan, er hat ihn Sultl gerufen, um diplomatische Verwicklungen mit dem Osmanischen Reich zu vermeiden. Man darf den Herrscher des Osmanischen Reichs nicht mit Tieren in Verbindung bringen. Nicht mit Hunden. Und nicht mit Ziegen.
Wilhelm II hatte auch Hunde. Nicht so große, mächtige Viecher wie Bismarck. Nein, kleine Dackel, die Waldmann, Hexe, Dachs, Lux und Erdmann (hier im Bild) hießen. Sein Lieblingsdackel Erdmann hat eine Art Staatsbegräbnis bekommen. Herrscher hängen an ihren Hunden. Als Bismarcks Rebecca 1897 starb, sagte er: Nun sind meine Hunde weg, nun komme ich an die Reihe. Der Kaiser nahm seine Hunde mit zur Jagd, sie waren als Jagdhunde erzogen. Nicht als Sofadackel.
Jagen ist ja auch eine schöne Beschäftigung von Kaisern und Königen. Inzwischen ist das auch beim gemeinen Volk angekommen. Mir sagte einmal eine Dame, die mit einem Hobbyjäger verheiratet war und ihm zuliebe das Spielen des Jagdhorns erlernt hatte: Es ist eine furchtbare Sache, mit einem Jäger verheiratet zu sein. Um zwei in der Nacht kommt er stinkend nach Hause, und um halb drei kotzt der Dackel den Teppich voll.
Hunde gehören als Symbol der Macht schon im Mittelalter zu einem Ritter dazu. Auf jeden Fall in England. Dieses Ehepaar ist das Ergebnis einer in England sehr beliebten Tätigkeit, des brass rubbings. Zu Füßen des Ritters sehen wir natürlich einen Hund. Er ist nicht nur ein Statussymbol, er ist auch ein Symbol der Treue. Und man kann ihn natürlich auch für die Jagd gebrauchen. Wie zum Beispiel den Talbot. Die Engländer haben eh eine seltsame Liebe zu Hunden. So schreibt der Rezensent von Dr Reniers Buch ➱The English: Are they Human?:
The English love of animals is notorious and does not call for comment. Our hypocrisy, however, is no less than our love. People who condemn the Spaniards for their bull fights will compel a fox or a stag to-run in mortal terror for hours on end, until its heart bursts or it is torn living in pieces by a pack of dogs, and then use their reasons to invent every sort of argument to justify the indulgence of their desires. Women, who provide cushions and lined waistcoats for their Pekinese, will cheerfully wear stuffed portions of dead birds about their persons and clothe themselves in the skins known as llama and astrakan, obtained by embryo animals from their mother's wombs. If this is not hypocrisy, whether conscious or unconscious, in a nation of animal lovers, I should like to know what is. Diese Herrscherin hat keine Doggen oder Dackel, sie liebt Corgis (lesen Sie mehr dazu in dem Post ➱Teckel & Corgwn).
Friedrich II wollte neben seinen Hunden begraben sein. Und so liegt er neben den Windspielen Biche, Alcmene, Arsinoe, Thysbe, Phillis, Diana, Thysbe II., Diana II., Superbe, Amourette und Pax. Sein Hofmaler Antoine Pesne (den ➱Menzel bei der Arbeit gemalt hat) hat in diese Diana im Bade Friedrichs Lieblingshund Biche hineingemalt, beinahe in den Schoß von Diana. Wenn Friedrich schon den Frauen nicht nah sein konnte, dann wenigstens sein Hund. Es ist ein seltsam Ding zwischen Herrn und Hund: Wunderliche Seele! So nah befreundet und doch so fremd, so abweichend in gewissen Punkten, daß unser Wort sich als unfähig erweist, ihrer Logik gerecht zu werden.
Das schreibt Thomas Mann in seiner Erzählung Herr und Hund. So viel Liebe zu einem Tier konnte sein Schriftstellerkollege Thomas Bernhard nicht aufbringen, als er schrieb: Die Leute haben einen Hund und sind von diesem Hund beherrscht und selbst Schopenhauer ist letztenendes nicht von seinem Kopf, sondern in Wahrheit von seinem Hund beherrscht gewesen. Diese Tatsache ist deprimierender als jede andere. Ich muß nicht wahnsinnig sein, um zu behaupten, Schopenhauer habe einen Hund aufgehabt, keinen Kopf. Die Menschen lieben die Tiere, weil sie nicht einmal zur Selbstliebe fähig sind. Die in der Seele zutiefst Gemeinsten halten sich Hunde und lassen sich von diesen Hunden tyrannisieren und schließlich kaputtmachen. Sie setzen den Hund an die oberste Stelle ihrer letztenendes gemeingefährlichen Heuchelei. Die sogenannte Tierliebe hat schon soviel Unheil angerichtet, daß wir, wenn wir tatsächlich mit der größtmöglichen Intensität daran denken würden, augenblicklich ausgelöscht werden müßten vor Erschrecken. Es ist nicht so absurd, wie es zuerst erscheint, wenn ich sage, die Welt verdankt ihre fürchterlichsten Kriege der sogenannten Tierliebe ihrer Beherrscher. Diese Leute, Politiker, Diktatoren, sind von einem Hund beherrscht und stürzen dadurch Millionen Menschen ins Unglück und ins Verderben. Ich erlaube mir, eine solche Welt tatsächlich als eine perverse und in höchstem Grad unmenschliche und total verrückte zu bezeichnen. Das Bild von Schopenhauer mit seinem Pudel ist natürlich von Wilhelm Busch.
An dem Gedanken von Thomas Bernhard ist natürlich etwas dran. Bismarck mit seinen riesigen Doggen, Wilhelm II mit seinen giftigen Teckeln - was wäre aus der deutschen Geschichte geworden, wenn die Herren Old English Sheepdogs (sprich: Bobtails) gehabt hätten? So wie diese jungen Engländer. Ich liebe Bobtails, mein Bruder hatte jahrzehntelang welche. Erst Fussel und dann Oscar. Bobtails sind ein büschen doof, aber lieben Kinder. Sie haben Angst bei Gewitter, dann kuscheln sie sich eng an einen. Und man kann ihr kleines Herz rasen fühlen, aber es sind wunderbare Tiere.
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