Der Maler Jan Lievens wurde am 24. Oktober 1607 in Leiden geboren. Er war, wie Rembrandt, ein Schüler von Pieter Lastman, und er teilte sich in den 1620er Jahren mit Rembrandt eine Werkstatt. Er war zu seinen Lebzeiten sehr berühmt, war ein Wunderkind, malte den englischen König Charles I. Heute steht er im Schatten von Rembrandt. Ein echtes Bild von ihm kann man schon für 912.000 Euro bekommen, einen Rembrandt bekommt man dafür nicht. Die meisten Bilder von Lievens, die auf dem Kunstmarkt auftauchen, werden von den Auktionshäusern mit dem Zusatz Schüler von Jan Lievens oder aus dem Umkreis von Lievens versehen.
Er verlagert seine Geschäfte nach Paris, auf diesem Portrait, das er sich 1903 von Fedor Encke malen ließ, trägt er die kleine rote Rosette der Ehrenlegion im Knopfloch. Er beschenkt nicht nur seine Heimatstadt Bremen mit dem Rembrandt und anderen Kunstwerken, auch die Johns Hopkins Universität in Baltimore wird von ihm bedacht. Und der Stadt Paris schenkt er ein Benjamin Franklin Denkmal. Er hat mittlerweile einen neuen Teilhaber in der Bank, der noch reicher ist als er und noch mehr Kunst kauft als er. Es ist niemand anderer als John Pierpont Morgan.
Wir wissen inzwischen, dass der Apostel Paulus, unter dem lange ein goldenes Täfelchen mit dem Namen Rembrandt war, nicht von Rembrandt ist, es ist ein Lievens. Aber zu der Zeit, als Günter Busch Direktor der Kunsthalle war, blieb diese falsche Zuschreibung unter dem Bild. Irgendwie hat Busch kein glückliches Händchen mit seinen Rembrandts, zu dem zweiten Bremer Rembrandt komme ich gleich. 1948 ist bei Trüjen in Bremen (dem Verlag von Trude Wehe) ein kleines Pappbändchen mit dem Titel Museum-Heute erschienen, das war die erste Publikation der Kunsthalle nach dem Krieg. Darin ist eine Interpretation des angeblichen Rembrandtbildes von Manfred Hausmann. Und wenn man die gelesen hat, dann ist einem richtig schlecht. Egal, ob man Kunstgeschichte studiert hat oder nicht. Das Wort Gesülze trifft es nicht, es ist schlimmer.
Ich fand ihn damals toll, der junge Herr sieht ja auch sehr elegant aus. Aber mein Freund Peter hatte schon Anfang der sechziger Jahre seine Zweifel. Wir mochten, als wir jung waren, Günter Busch überhaupt nicht. Das Gutachten, auf das man sich beim Kauf stützte, kam von Kurt Bauch, und dessen Ruf als die Rembrandt Kapazität war in den fünfziger Jahren im Schwinden begriffen. Seine NSDAP Zugehörigkeit kam ans Licht, und eine Vielzahl von Gefälligkeitsgutachten kratzte seinen Ruf an. Dennoch könnte es einen Rest von echtem Rembrandt geben. So glaubt Werner Sumowski, Autor des Standardwerks über die Rembrandtschüler, dass unter der Vielzahl der Übermalungen bei diesem Bild vielleicht doch die Ruine eines echten Rembrandts liegt. Es ist mir ehrlich gesagt egal, mir gefällt das Bild. Ich würde es auch nehmen, wenn die es in Bremen mal nicht mehr haben wollen.
Solange Günter Busch (hier links im Bild) Direktor der Bremer Kunsthalle war, waren die beiden Bilder echte Rembrandts. Danach nicht mehr. Wenn er mit seinen Rembrandts Pech hatte, er hat auch seine Verdienste. Er hat nach dem Krieg die zerstörte Kunsthalle (in der auch das Bild Washington Crossing the Delaware verbrannte) wieder aufgebaut. Günter Busch ist in vielen Schriften ein blendender Stilist gewesen. Ein Buch wie Das Gesicht: Aufsätze zur Kunst gibt davon Zeugnis. Er schreibt allgemeinverständlich, aber er biedert sich nicht an. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass er wie sein Nachfolger Wulf Herzogenrath mit Yoko Ono aufgetreten wäre. Er pflegte seine Kontakte zum Kapital und den Mäzenen eher im Stillen. Wenn er sich photographieren ließ, dann nur mit Bundespräsidenten und Bundeskanzlern. Zum 65. Geburtstag schickte ihm der Kanzler Helmut Schmidt, dem er einstmals die Paula Becker-Modersohn Ausstellung gezeigt hatte, ein Telegramm mit Glückwünschen. Auch wenn seine Liebhabereien wie Zeichnungen oder Paula Becker-Modersohn (von der er dreizehn Bilder in seiner Amtszeit kaufte) keineswegs die meinen waren, für vieles bin ich Busch dankbar. Für die Ausstellung und den Katalog Zurück zur Natur im Jahre 1977 und die Eugène Boudin Ausstellung 1979 könnte ich ihn knutschen. Und ihm alles verzeihen, was ich jemals gegen ihn hatte.
Aber Bremen hat auch echte Rembrandts. Ganz viele. Nämlich die Kupferstiche. Die kenne ich alle, Blatt für Blatt. Als ich ein Praktikum im Bremer Kupferstichkabinett machte, habe ich sie alle in der Hand gehabt. Ich hatte natürlich weiße Handschuhe an. Vieles, was die Kunsthalle heute besitzt, habe ich damals nicht gesehen, denn viele der Kriegsverluste, wie zum Beispiel der Hl. Hieronymus, lesend in italienischer Landschaft, sind nach einem langen Weg erst 2013 zurückgekehrt.
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