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Sonntag, 3. September 2017

Heimatkunde


Sie erinnern sich an dieses Traumpaar? Sind beide weg vom Fenster. Meinen Post über die ➱Kultusministerin haben damals viele tausend Leser gelesen, ich bekam sogar Lob von einem ehemaligen Chefredakteur einer renommierten Zeitung. Frau Wende hätte die Heimatkunde ja glatt abgeschafft, aber dann wurde sie selbst abgeschafft. Und alle im Land atmeten auf. Man hatte sie schon völlig vergessen, aber jetzt in der silly season kann sich offensichtlich jeder zu Wort melden. Wara Wende sieht sich jetzt als Opfer einer Hexenjagd. Aber was will sie? Man hat sie ja nicht aufs Rad geschlagen, nicht gefoltert oder verbrannt für all den Unsinn, den sie angerichtet hat. Sie kriegt eine fette Pension für den Rest ihres Lebens, wozu die Aufregung? Wo ist die Hexenjad? Ihr ist doch nix passiert, nicht mal den Besen hat man ihr weggenommen.

Heimatkunde heißt heute nicht mehr Heimatkunde, es hat immer wieder Diskussionen um den Heimatkunde Unterricht gegeben. Wie auch über die ➱Volkskunde, eine Wissenschaft, die auch nicht unumstritten ist. Volkskunde heißt heute Europäische Ethnologie oder auch Kulturanthropologie (und es gibt noch andere Namen). Es ist ein Fach, das sich immer noch mit der Definition schwer tut.

Vor 1945 war in der Volkskunde alles klar, als man Begriffe wie Volksgemeinschaft, Volksleben und Volkskultur hatte und alles blond, arisch und germanisch war. Jahrzehnte später ist von dem ➱Germanentum nur noch der Cartoon Hägar der Schreckliche übrig. Und damit beschäftigen sich in Amerika die Popular Culture Studies, die sich mit der deutschen Volkskunde inhaltlich in vielem überschneiden.

Als ich zur ➱Volksschule ging, die ein majestätisches Gebäude war, das den Krieg ohne größere Schäden überstanden hatte, bedeutete die Heimatkunde noch etwas. Die Volksschule dauerte damals sechs Jahre, darauf bestanden die Amerikaner. Es hat aber niemandem geschadet. Und die Amerikaner bezahlten die Schulspeisung, ich nahm immer Kakao. Zu Hause gab es immer nur Milch. Und Lebertran. Unsere Welt sah etwas anders aus als heute. Eher so wie auf dem Photo im oberen Absatz. Die Volksschule wurde 1964 durch das Hamburger Abkommen abgeschafft. Da war ich längst weg von Volksschule und Gymnasium. Aber, wenn man so will, immer noch in der Schule: der Schule der Nation.

Zugegeben, wir lernen in der Volksschule mehr über die Franzosenzeit als über die Jahre zwischen 1933 und 1945. Damit wird sich die Schule, auch später das Gymnasium, schwer tun. Heimatkunde (das Fach wird in den Zeugnisheften eines Tages einen anderen Namen haben, Sachkunde heißen und entemotionalisiert werden) ist sicherlich ein Fach, das den Nationalsozialisten am Herzen gelegen hat. Aber die Kunde von unserer Heimat ist lange vor den Nazis aufgeschrieben, meistens in Frakturschrift. Vielleicht nicht ideologiefrei. Das ist Geschichte wohl nie. Truth is the daughter of time, heißt es im Englischen.

Aber es ist nichts Böses, alles über die Geschichte des Ortes zu wissen, zumal wenn der Ort durch Werften, Handel, ➱Fisch- und ➱Walfang mit der ganzen Welt verbunden ist. Und wir haben das Gefühl, in einem besonderen Ort zu leben. Unser ➱Ruderverein gewinnt eine Silbermedaille bei den ersten Olympischen Spielen nach dem Krieg, bei denen Deutschland wieder dabeisein darf. Und der Bundespräsident ➱Theodor Heuss besucht unseren Ort, um einen Rettungskreuzer der ➱DGzRS zu taufen.

1991 übersendet meine ehemalige Klassenlehrerin in der Volksschule, Lotte Zschernitz, meiner Mutter ein Heft, das sie nach vierzig Jahren beim Aufräumen zu Hause gefunden hat. Es ist ein blaues Heft, auf dem von mir selbst geschrieben steht: Heimatkunde - Jay - Klasse 3b. Mit mehrfarbigen eigenhändigen Illustrationen verziert, äußert sich der junge Verfasser hier zu allen Aspekten der bremischen Geschichte: ➱Schiffbau in Vegesack - Töpferei in Vegesack (es gab hier einmal eine Fayencemanufaktur) - Wie Bremen entstanden ist - Die Hunnen in Bremen (Die Hunnen eroberten Bremen zweymal, und jedesmal wurde die gute Stadt von ihnen geplündert, verbrannt und völlig zerstöhrt) - Gräfin Emma und der Krüppel - Der ➱Bremer Roland.

Wofür der Bremer Historiker Herbert Schwarzwälder fünf Bände brauchen wird, hier ist alles konzis in einem Heft. Es ist ein rührendes Zeugnis eines Heimatkundeunterrichts, der nach dem Krieg an der Schule einen großen Stellenwert hat. Auch wenn sich unser Klassenlehrer Gerhard Blume nicht auf der gleichen wissenschaftlichen Ebene bewegt wie die renommierten Lokalhistoriker Franz Buchenau, Lüder Halenbeck oder Diedrich Steilen (der Opa das Haus in der Weserstraße verkauft hat), hat er doch die Werke all seiner Kollegen gelesen. Und er gestaltet über Jahre einen guten Unterricht. Und baut mit uns ein Pappmodell des Ortes.

In langwieriger Arbeit, in Pappmachee. Die Mädchen schneiden Bäume aus Karton aus, bemalen sie und kleben sie in den Park von ➱Albrecht Roth ein. Ein paar Jahre später werden wir unter diesen Bäumen knutschen, wenn wir aus der ➱Tanzschule von Nico Arff kommen, die auf dem Parkgelände von Senator Fricke liegt. Da war man dem Dr Roth schon dankbar, dass er diesen schönen Park angelegt hatte. Goethe hätte den Botaniker gerne in Jena gesehen, so schreibt er an Dr Nikolaus MeyerNun haben wir, um den von Professor Batsch erlittenen Verlust zu ersetzen, die Augen auf Herrn Dr. Roth in Vegesack geworfen, dessen schöne Einsichten in die Botanik uns durch seine Schriften bekannt geworden sind. Der Briefwechsel des Dichters mit Albrecht Roth ist in unserem ➱Heimatmuseum. Das heißt noch Heimatmuseum, auch wenn die Heimatkunde nicht mehr Heimatkunde heißt.

Nach dem Tod von Dr Roth werden Teile des Parks an zwei Bremer Kaufleute verkauft, an den Weinhändler Albert Dietrich Finke (Bild) und den Senator Carl Wilhelm August Fritze. Die dort natürlich Villen errichten. Wenn man in Bremen reich ist, dann kauft man sich einen ➱Landsitz in Vegesack auf der ➱GeestkanteHier liegen die Villen der Aristokraten, deren Anlagen das Weserufer eine kleine Strecke hin wirklich sehr verschönern, schreibt 1841 ein junger Mann, der in Bremen seine kaufmännische Ausbildung absolviert. Vier Jahre später wird er nicht mehr im Morgenblatt für gebildete Leser über die Dampferfahrt auf der Weser von Bremen nach Bremerhaven schreiben, da schreibt er Die Lage der arbeitenden Klasse in England.

Die Fritzes, die ihre Villa neben dem Finkenhof des Weinhändlers Dietrich Finke hatten, haben Ende des 19. Jahrhunderts ihre Villa abreißen und durch diesen scheußlichen ➱Neubau ersetzen lassen. Links war die Tanzschule von Nico Arff, rechts das Ortsamt. Heute ist das Ganze in Eigentumswohnungen zerteilt worden.

Dies Gemälde von Carl Justus Harmen Fedeler hing früher im Ortsamt, ich weiß nicht, ob man das heute bei einer Eigentumswohnung dazu bekommt. Von dem Finkenhof (der in der Familie Finke auch manchmal Kio heißt) ist auch nichts mehr übrig, er ist aber berühmter als die Villa der Nachbarn. Weil ein gewisser ➱Klaus Groth die Tochter des Weinhändlers heiratet und hier so manchen Sommerurlaub verbringen wird.

Unser Pappmodell zeigt die Geestkante und das Urstromtal, in dem die Weser fließt. Die Mündung der Aue in die Lesum, an der Vegesack entsteht. Zeigt den Hafen, der im frühen 17. Jahrhundert von holländischen Ingenieuren angelegt wird, der erste künstliche Hafen in Deutschland. Wir vergessen auch die kleine Drehbrücke zum Haven Hööv’t nicht. Papierschicht um Papierschicht wird auf das Modell geklebt.

Wir vergessen natürlich die Fähren nicht, die zwischen Vegesack und Lemwerder hin- und herpendeln. Und auch nicht die kleine Fähre (das war wieder eine Fummelarbeit), die Hol Ober hieß. Sie brachte uns immer zum ➱Schönebecker Sand zum Baden. Hier habe ich Schwimmen gelernt, der Bademeister Plebanski ruderte neben seinen Schülern durch die Weser. Ich habe Jahre später erfahren, dass Hermann Plebanski gar nicht schwimmen konnte. Die Fähre Hol Ober gibt es nicht mehr, auf der Halbinsel Schönebecker Sand kann man nicht mehr baden, und in der Weser würde heute auch wohl niemand mehr freiwillig schwimmen.

Meine Mutter träumte als junges Mädchen davon, über den Ärmelkanal zu schwimmen, wahrscheinlich war die ➱Rolex Reklame mit Mercedes Gleitze schuld daran. Meine Mutter nahm sich die Weser von Vegesack bis Bremerhaven als Trainingsstrecke. Als sie für den Ärmelkanal fit war, kam der Krieg. Das war das Ende ihrer Träume. Aber den Totenkopf trug sie noch in den fünfziger Jahren auf ihrem schwarzen Badeanzug. So etwas sieht man selten auf dem Schönebecker Sand. Meine Mutter ist, auch als sie achtzig war, noch jede Woche geschwommen.

Wie der historische Ort, so wächst unser Modell von den ersten Häusern um die Mündung der Aue, den Flecken Alt-Vegesack. Dann den Berg und die Geestkante hinauf bis Fähr und Lobbendorf. Oben in den Ort wird die Kirche gesetzt, die Jacob Ephraim Polzin 1832 für die gerade vereinigten Gemeinden von Lutheranern und Reformierten umgebaut hat, in einem streng klassizistischen Stil. Polzin hat bei dem berühmten dänischen Architekten Christian Frederik Hansen, dem Meister der klassizistischen Villa, gelernt. Und so wird unser Ort eine der wenigen klassizistischen ➱Kirchen Norddeutschlands erhalten. Im Kirchturm betreibt man noch bis 1851 einen optischen Telegraphen.

Und unten ans Ortsende das Krankenhaus Hartmannstift, das nach Wilhelm Hartmann benannt ist. Der war 1863 mit neunzehn Jahren nach England ausgewandert und hatte später seine Brüder in seine Firma nachgeholt. Er hatte einem gewissen John Rathjen die Zauberformel für einen neuartigen Schiffsanstrich abgekauft, dieses hochgiftige Antifouling Zeug gegen Rost und Algen. War mit seiner Firma Suter, Hartmann & Co. unermesslich reich geworden, hatte sich in Surrey einen Landsitz gekauft und war sogar Friedensrichter geworden.

Er gab sein Vermögen für gute Werke aus und bedachte auch seine Heimatstadt (zu der er bis zum Ersten Weltkrieg immer noch Kontakt wahrte) mit dem Krankenhaus und zahlreichen anderen Schenkungen. Hat es den Vegesackern aber nie verziehen, dass sie beim Kriegsausbruch 1914 das lebensgroße Portrait des nun feindlichen Engländers im Hartmannstift abgehängt haben. Von dem Geld, das beim Tode von William Hartmann noch da war (und das waren 450.000 Pfund Sterling), hat Vegesack keinen Pfennig gesehen.

Der Sedanplatz, der 1895 angelegt wurde, ist einfach herzustellen, wir lassen die Fläche frei und malen sie grau an. Aber die Eiche in der Mitte muss schon sein. Nicht aus nationalen Gründen, sondern weil wir sie beim ➱Fußball als Torpfosten brauchen. Es ist sicher eine Entweihung, aber ich glaube, 1950 weiß niemand mehr, dass die Eiche Bismarckeiche heißt und aus dem aus dem Sachsenwald stammt. Und wenn wir schon dabei sind, gibt es auch noch ein kleines Papphäuschen, das Scheffels Wurstbude darstellen soll. Wir wissen wenig von der Schlacht von Sedan, aber Scheffels Wurstbude kennen wir alle. Jemand macht den Vorschlag, Karussells und Buden auf den Platz zu stellen, aber das kommt nicht in Frage, der Vegesacker Markt, der beinahe so berühmt ist, wie der Bremer Freimarkt, findet nur einmal im Jahr statt. Als wir unbedingt ein Hertie Hochhaus brauchten, wurde unter den Sedanplatz eine Tiefgarage gebaut. Als da bei der Abnahme zum Test Polizei- und Krankenwagen hineinfuhren, stellte man fest, dass man die Höhe der Tiefgarage nicht richtig berechnet hatte. Wie beim Hallenbad, wo die 25-Meter Bahn auch nicht ganz 25 Meter lang war. Wir sind auch ein bisschen Schilda. Und Hertie ist längst pleite, das Haus steht leer.

Wenn unsere kleine Pappstadt fertig ist, wird sie liebevoll angemalt, die Weser in blau. Und dann ein Raddampfer in die Weser gesetzt, die Weser, der erste deutsche Raddampfer. Gebaut in Vegesack. Gebaut mit den technischen Kenntnissen von Ludwig Georg Treviranus, dem Bruder der beiden Botaniker, der 1816 in Soho beim Bau der Maschine des Schiffes durch James Watt zugeschaut hat.

Umrahmt wird der Ort von den Werften, Ulrichs’ Werft auf der rechten Seite (aus der der Bremer Vulkan erwachsen wird). Links die Janssen-Sagersche Werft (da wo später die ➱Strandlust ist) und ganz außen die Langesche Werft (Bild). Werften und Schiffe aus Papier zu basteln, ist eine knifflige Sache, so schenken wir es uns, auf die andere Weserseite in Lemwerder noch die Werften von Lürssen (wo die ➱Schnellboote gebaut wurden) und ➱Abeking & Rasmussen zu setzen. Gehört ja streng genommen auch nicht mehr zu Vegesack.

An den Utkiek kommen noch winzig kleine Walkiefer aus gebogenen Streichhölzern, als Zeichen dafür, dass hier auch der Walfang zuhause ist. Wir sind sozusagen das Nantucket von Bremen, ➱Herman Melville hätte sich hier zu Hause gefühlt. Die Walkiefer am Utkiek stehen noch über hundert Jahre, bis sie durch einen Bronzeabguss ersetzt werden; dafür wird mein Freund ➱Peter sorgen, als er beim Landesamt für Denkmalschutz ist (lesen Sie mehr in dem Post ➱Hafenstraße)

Mein Heimatkunde Heft enthält verhältnismäßig wenig zur politischen Zugehörigkeit des Fleckens Vegesack, das wird in der dritten Klasse noch nicht unterrichtet. Eher diese Teile, die in Bremen jeder kennt, die aber meistens in den Bereich der Sage gehören. Die Geschichte mit den Hunnen, die für Namen wie Marterburg und Wüstestette (die schmalste Straße von Bremen) verantwortlich gemacht werden, ist ebenso wenig wahr wie die Geschichte von Gräfin Emma und dem Krüppel  (den man am Fuß des Roland sehen kann) oder die von den Sieben Faulen. 

In einem bestimmten Alter sind Sagen und Märchen einfach schöner als die historische Wirklichkeit. Im Mittelalter sind die wenigen Häuser des Ortes unter der Jurisdiktion des Erzbischofs von Bremen, dem die Bremer aber im Laufe der Jahrhunderte (und darauf sind sie stolz) immer mehr von seiner Machtfülle nehmen werden. Nach dem Krieg mit Schweden im 17. Jahrhundert werden wir durch den Stader Vergleich 1654 schwedisch.

Dass die Bremer gegen die Schweden kämpfen, das steht schon in den Posts ➱Burger Schanze und ➱Lieutenant Lindhövel. Wenn man als Kind Trude Wehes Roman Vryheit do ik ju openbar: Roman aus dem alten Bremen verschlungen hat, dann kennt man den Leutnant Lindhövel. Danach sind wir mal dänisch geworden, aber die Dänen wissen, dass sie die Gegend nicht lange gegen die Schweden halten können. Und so treten sie das Land im Stockholmer Frieden von 1719 an den Kurfürsten von Hannover ab, der in Personalunion König von England ist. Jetzt sind wir englisch, davon träumen die anglophilen Bremer ja immer.

Unser ➱Georgian Age dauert beinahe ein Jahrhundert, bis der Bremer Bürgermeister Dr Georg Gröning (Bild) 1804 den Engländern den Flecken abhandelt. Die bremische Zeit währt allerdings nicht lange, die Franzosen stehen vor der Tür. Erst sind wir französisch, aber neutral, dann für einen Augenblick 1805 englisch. Danach wird Vegesack die Mairie Vegesack en canton Vegesack und gehört zum Département des Bouches du Weser. Die Franzosenzeit, in der Napoleon persönlich den bedeutendsten Bremer Wissenschaftler Dr Wilhelm Olbers zum Mitglied des corps législativ ernennt, ist in Bremen noch in vielen Erzählungen lebendig.

Auch der erste Widerstand, der sich in einer in Vegesack gefundenen Aufschrift an einer Tür Napoleon, de schinnerknecht, de is nech werth dat düütsche recht dokumentiert. Der Freiherr von Tettenborn, Generalmajor in russischen Diensten, wird in Bremen am 6. November 1813 für kurze Zeit die bremische Unabhängigkeit wiederherstellen. Man wird ihn zum Ehrenbürger Bremens machen und fortan den 5. November als Rolandstag feiern und jedes Jahr den Roland mit Blumen schmücken. Den letzten abziehenden Franzosen soll man gefangen und an ein Hoftor in der Hafenstraße genagelt haben. Allerdings wird diese Geschichte auch über einen Schweden im 17. Jahrhundert erzählt, wahrscheinlich ist sie sowieso nicht wahr. Was wir den Franzosen verdanken, sind Heerstraßen und Chausseen. Und eine Vielzahl von Wörtern, die man woanders nicht findet. Wie Muschepunt, süttjepöh (si je peux), schötteldör (j'ai l'honneur) und vrumsi (je vous remercie).

Den nächsten Befreier Bremens 132 Jahre später, den Lieutenant General ➱Brian Horrocks, werden die Bremer nicht feiern. Er wird auch nicht lange bleiben, weil er die Stadt den Amerikanern übergibt. Bremen nennt sich jetzt Vorstadt von New York. Die Amerikaner machen aus dem Rathaus ein Bierlokal, das GI Joe's Beer Bar heißt. Wenn die Amerikaner abziehen, werden im Bremer Ratskeller 400.000 Flaschen des edelsten Ratskellerweins fehlen. Und meine Mutter wird es den Amerikanern nicht verzeihen, dass sie das Meißener Porzellan und das ➱Klavier aus dem Fenster geworfen haben. Der Rahmen des Klaviers ist geschweißt worden, aber es hatte immer einen etwas seltsamen Klang, der den Klavierstimmer jedes Mal verzweifeln ließ.

In die Stadt Bremen eingemeindet wird unser Ort erst 1939. Bis dahin gehörten wir zu Hannover. Nicht mehr dem ➱Hannover des englischen Königs, das haben sich jetzt die Preußen angeeignet. Viele Vegesacker (wie meine in Vegesack geborene Mutter) haben dieses Bremen-Vegesack nicht so gerne. Für sie gilt nur der Ortsname Vegesack. Nach 1945 werden wir amerikanisch, und die Autos bekommen die Autonummer AE (für Amerikanische Enklave). Wenn die Autonummer mit 26 anfing, dann war das Bremen-Nord.

Die ganzen politischen Affiliationen (schwedisch, dänisch, französisch, englisch) gelten wohlgemerkt nur für Vegesack, auf der anderen Seite der Weser und jenseits von Straßen, die Grenzstraße oder Zollstraße heißen, sind die politischen Besitzverhältnisse anders. Was den Ort auch während der Kontinentalsperre und zur Zeit des Deutschen Zollvereins zu einem Paradies für Schmuggler werden lässt. Als Rest dieser historischen Zeit haben wir ein Schild vorm Haus, auf dem Zollgrenzbezirk steht (das gilt auch für die Feuerwehr um die Ecke). Der Zollfahnder ➱Kressin dürfte in unser Haus kommen, ohne einen Durchsuchungsbefehl zu haben.

Der englische Premierminister Lord Palmerston wird im 19. Jahrhundert über die schleswig-holsteinische Frage sagen, nur drei Männer in Europa hätten sie verstanden. Der erste sei der Prinzgemahl Albert, und der sei tot. Der zweite sei ein deutscher Professor, der sei wahnsinnig geworden. Und der dritte sei er, Lord Palmerston, aber er hätte alles darüber vergessen. Er hätte ähnliches über die Vegesacker Frage sagen können. Ist klar, dass man so etwas Kompliziertes nicht in der Klasse 3b unterrichten kann. Ein Interesse an Flora und Fauna wie Albrecht Roth werde ich für den Rest meines Lebens nicht mehr entwickeln, ein Interesse für die Geschichte des Ortes schon. Buch um Buch über Bremen wird in den nächsten Jahrzehnten meine Bücherregale füllen. Vieles auch Geschenke von Freunden, die in Bremen geblieben sind. Denn auch wenn man Butenbremer ist, bleibt man dem Ort, der zu einem Sehnsuchtsort geworden ist, verbunden, in Liebe oder Hass.

Die ➱Weser nach dem Krieg ist sicherlich ebenso spannend wie der Mississippi für den kleinen Huckleberry Finn. Man vergisst das nie, an diesem Fluss aufgewachsen zu sein. Ein ➱Schüler des Gymnasiums wird sich später geradezu poetisch an seine Jugend an der Weser erinnern (oder einer seiner Ghostwriter hat ihm das unter Benutzung von Ottjen Alldag aufgeschrieben): Unten an der Weser war es heiß. Das hatte seine Gefahren. Tiroler Landwein, Wermut oder gar schlimmere Drogen wie etwa Kosaken-Kaffee entfalteten so eine ganz tückische Wirkung. Aber auch dafür war der Stadtgarten ein angenehmer Ort. Man lag, statt in der Schule zu sein, einfach in der Sonne, die Weser plätscherte. 

Wenn man die Schule schwänzt und an der Weser liegt, dann werden die schulischen Leistungen darunter leiden. Mein Klassenlehrer ➱Gustav Renziehausen (links neben unserem ehemaligen Klassensprecher ➱Konny) hat mir erzählt, dass er diesem Schüler Nachhilfeunterricht in Mathematik gegeben hat. Sonst wäre der nicht versetzt worden. Und was wird aus dem Schüler? Natürlich Politiker. Er heißt Jürgen Trittin. Und dann muss man noch in der Presse lesen, dass mein Gymnasium als Tummelplatz "roter Rabauken" und als Hochburg linksradikaler Pennäler galt. Damit waren wahrscheinlich Hermann Rademann und der Krakeler und Randalierer Trittin gemeint. Oder war es die von Hermann Rademann und dem Studenten der Theologie Ingbert Lindemann unterschriebene ➱Anzeige, dass Gott tot sei?

Ich kann dazu nichts sagen, als ich die Schule verließ, habe ich nie zurückgeschaut, bin da nie wieder gewesen. Aber ich weiß, dass das Niveau der Lehrerschaft ganz gewaltig gesunken war. Es muss ja einen Grund haben, dass Bremen in den Bildungsstatistiken ganz weit unten rangiert (das Schleswig-Holstein der Wara Wende auch).
Unser Direktor Dr Johannes Schütze (der vierte von rechts in der ersten Reihe) war von der Todesanzeige für Gott wirklich nicht begeistert. Aber statt sich über solche Dinge zu ärgern, hätte er lieber dafür sorgen sollen, dass er einen guten Nachfolger bekam. Und nicht die Flasche, die das dann geworden ist.

Das Gymnasium, das in Teilen von ➱Ernst Becker-Sassenhof umgebaut war, ist 1977 aufgelöst worden. Das kleine Haus links ist von Becker-Sassenhof für unseren Hausmeister ➱Kalle Klemm gebaut worden. Und auf der Straße hier habe ich zusammen mit meiner Mutter 1948 gestanden, um das neue Geld abzuholen. Gegenüber der Schule war der Milchladen von Martin Bogaschinski, daneben ein Friseur. Zu dem mein Vater immer ging. Nicht, weil der besonders gut die Haare schneiden konnte, sondern weil er Kommunist war. Mit dem Kommunismus hatte mein Vater nichts am Hut, aber man wusste ja nach dem Krieg nicht, was kommen würde.

Die Kenntnis der Heimat fördert die Heimatliebe - und in dieser wurzelt die Vaterlandsliebe, schreibt Lüder Halenbeck 1874 in seinem Buch Zur Geschichte der Stadt Vegesack: Ein Beitrag zur Heimathkunde. Nach dem Krieg gegen Frankreich kann man so etwas schreiben. Heimat, das ist sicher der schönste Name für Zurückgebliebenheit, sagt Martin Walser 1968 in seinem Essay Heimatkunde. Der Unterricht in Heimatkunde bedeutete uns etwas, mir haben Bekannte erzählt, dass der Heimatkunde Unterricht das einzige sei, dass sie aus der Volksschule mitgenommen haben. Heimatkunde einte uns nach dem Krieg, nicht alle kamen aus dem Ort, weil sie Heimat-Vertriebene waren. Auch ich hatte eine ➱Zweite Heimat, bis die Amerikaner endlich unser Haus räumten. Heimat, Heimatliebe und Vaterlandsliebe sind heute Begriffe, die Herr ➱Gauland oder irgendwelche Reichsbürger verwenden würden. Wir sind weit weg von Eichendorffs Heimat hinter den Blitzen rot oder seinem Gedicht ➱Heimat für seinen Bruder.

Wenn man heute ein Pappmodell des Ortes bauen würde, es sähe ganz anders aus. Die Werft im Hintergrund ist pleite, der Strand hat nichts mehr von der idyllischen Strandstraße, wie sie ➱Willi Vogel gemalt hat. Der Strand ist weg, da ist heute eine Spundwand. Große Teile des Ortes sind abgerissen worden. Die Arbeitslosigkeit ist höher als irgendwo anders in Bremen. Und man kann im Internet lesen: Der Niedergang Vegesacks offenbart sich am Bilde seiner Schaufenster: viele Geschäfte sind nicht vermietet, auch im Haven Höövt stehen immer mehr Geschäftsräume leer. Was sich hält, sind Second-Hand-Textil- und Elektrogeräte - oder Möbel-Läden, billige 1-EUR-Shops, Spielhallen, Discounter, Döner und Imbisse und die immer nötiger werdenden Sozialstationen, und die Tafeln für jene, die sich den Kauf von Lebensmitteln nicht mehr leisten können. Bremen-Nord hat nach meiner Einschätzung ein massives Armuts- und Verelendungsproblem, ist wirtschaftlich wie sozial extrem schwach aufgestellt - beispielsweise gibt es kaum irgendwo in Deutschland einen so hohen Anteil minderjähriger Mütter wie in Bremen-Nord.

Man mag den Ort eigentlich gar nicht mehr besuchen. Aber in den Träumen kommt man immer wieder hierher.

Donnerstag, 11. Juni 2015

Mein Dänemark


Ich hatte in meinem Blog den Post Silvae: Wälder: Lesen eingestellt und war mir nicht sicher, ob das das Interesse der Leser finden würde. Ich war sehr überrascht über das, was geschah. Leser über Leser und viele E-Mails. Eine kam von einem Leser, der mir etwas verschämt mitteilte, dass der Erbauer des Hermannsdenkmals zu seinen Verwandten zählte. Als ich in dem Post Michael Ancher über Theodor Fontanes geplantes Mein skandinavisches Buch (das so etwas wie die Wanderungen durch die Mark Brandenburg für Dänemark werden sollte) schrieb, fiel mir ein, dass ich das schon einmal erwähnt hatte. Aber in SILVAE stand es nicht, es musste in dem Manuskript der Bremensien stehen. Und da entdeckte ich, schon beinahe vergessen, ein ganzes Kapitel, das Dänemark hieß. Eine literarische Liebeserklärung an ein Dänemark vor fünfzig Jahren. Ich dachte mir, dass es hier im Anschluss an den Post über die Maler Skagens ganz gut aufgehoben sei. Vielleicht besser als auf der Festplatte. In diesem Jahr präsentiert das Literaturhaus Schleswig-Holstein den Literatursommer Dänemark 2015. Die Veranstaltungen beginnen am 29. Juli. Ich fange schon einmal etwas früher damit an, vielleicht lockt das den Sommer hervor. Und es kommt auch viel Sommer im Text vor.

Wenn ich eines Tages in Kiel wohne, liegt Dänemark praktisch vor der Tür. In den siebziger Jahren fährt man ständig nach Dänemark, um in Sonderborg skandinavisches Design zu kaufen. Oder in den Antikläden zu stöbern. Und dänische Pfeifen wie W. Ø. Larsen (kunglig hovleverantör) in den vielen kleinen Pfeifenläden zu kaufen, da gibt es sogar Pfeifen für Damen im Angebot. Und die englischen Pfeifen sind preiswerter als bei Tabac Trennt. Jedes Mal wieder komisch ist das handgemalte Schild fünfzig Meter hinter dem Grenzübergang von Krusaa auf dem Lesbiesche Liebe steht. Dänemark ist jetzt ganz groß im Pornogeschäft. Das weiß auch der Zollfahnder Kressin in Kressin stoppt den Nordexpress, wenn er mit Gitte in Kopenhagen einen Pornoladen besucht. Mein Gott, hat es 1971 viele aufgebrachte Leserbriefschreiber gegeben. Das Drehbuch dieses Tatorts war natürlich von Wolfgang Menge.

In den sechziger Jahren war es nicht Krusaa, sondern die andere Seite Dänemarks gewesen. Grenzübergang bei Tondern und dann nix wie nach Hennestrand. Pflichtbesuch im Dom zu Ribe, um den Heiligen Georg mit dem niedlichen kleinen Drachen zu sehen. Dann einmal auf den Turm klettern und das Auto von oben photographieren, aber der Dom bleibt bei den schönen Sommertagen mit Gudrun auch der einzige Kulturgenuss. Der Rest ist Strand, Nordsee, Sonnenöl und Gu. Doch vor diesen Jahren, in denen Dänemark zu einem Freizeitsindustriepark und Designmöbel Abholmarkt mutiert war, gab es für mich schon ein anderes Dänemark.

Eine Mark und neunzig Pfennige kostet die Karte für die Beförderung eines gewöhnlichen Fahrrades auf dem Deck des Fährschiffes Großenbrode Kai – Gedser am 21.07.1958. Das steht alles auf dem kleinen Pappkarton drauf, den ich aufbewahrt habe. Im Gegensatz zu den meisten von unserer Gruppe unter Leitung von Diakon Klaus Nebelung bin ich nicht zum ersten Mal in Dänemark. Die Witze, die jetzt über Verkehrsschilder gemacht werden, auf denen Rabatten er blöd steht, haben wir schon Jahre zuvor gemacht. Vati hatte von einem Kollegen den Tip bekommen, dass die Missionshotels besonders preisgünstig seien. Heute würde man das vielleicht als gehobene Jugendherbergen bezeichnen, es gibt keinen Alkohol außer garantiert alkoholfreiem Tuborg, skatteklassen grön. Aber mangelnder Komfort interessiert die paar deutschen Dänemarktouristen in den fünfziger Jahren überhaupt nicht.

Und so erobern wir uns über die Jahre Jütland, Fünen, Falster und Seeland und dann Moen. Gelegentliche Abstecher nach Schweden, wo man damals noch auf der linken Straßenseite fahren muß. Auf den Straßen Dänemarks sind beinahe nur englische Autos, man merkt, dass die skandinavischen Länder mit England in einer Zollunion sind. Alkohol ist unbezahlbar teuer. Bremer Segler haben mir erzählt, dass sie für eine Flasche französischen Cognacs (natürlich zollfrei gekauft) ihren Hilfsmotor repariert bekommen haben. Dank zwei Flaschen Bremer Ratskellerweins bekommen wir in Ulfshale ein kleines grünes Holzhaus vermietet, kein elektrisch Licht und kein fließendes Wasser, aber was macht das, wenn man den tollen Strand hat? Gibt da sogar einen Tennisplatz am Strand, leider auch die Mücken im Kiefernwald. Die sind immer noch da, wie ich auf einer Internetseite lesen konnte.

Eigentlich hatten wir in dem Jahr im Hotel über Moens Klint Zimmer gebucht, unweit von dem kleinen Schloss Liselund. War aber was falsch gelaufen. Oder sie mochten keine Deutschen. Wunderschöne Aussicht, aber keine freien Zimmer. Die Kreidefelsen sind das Gegenstück von denen in Rügen, die Caspar David Friedrich gemalt hat. Dieses Paradestück der deutschen Romantik hing im Zimmer von Gisèle Freund, ihr Vater hatte es als Blechen gekauft. Wie muß das sein, unter solch einem Bild aufzuwachsen? Wird man dann zwangsläufig Photograph, wenn man aus der Höhe durch die Bäume auf die Ostsee schaut? Wir werden noch einmal nach Ulfshale fahren, diesmal vermietet der Kohlenhändler aus Stege dem tandlaege aus Bremen sein eigenes luxuriöses Ferienhaus neben dem kleinen grünen Holzhaus. Der Ratskellerwein wird wieder mitgebracht, die Mücken sind auch immer noch da. Wir sind da schon beinahe zu Hause. Wie die Mücken. Krügers kommen zu Besuch, und wir segeln eine Woche auf ihrem Folkeboot mit. Abends fahre ich mit Sigrid mit dem Auto nach Liselund und zu den Kreidefelsen, das hübsche kleine Schloss und die Caspar David Friedrich Ersatzlandschaft kann man gar nicht oft genug sehen.

Wir sind Pioniere im Mieten von dänischen Sommerhäusern, noch nie zuvor hatten Deutsche auf der Insel ein Sommerhaus gemietet. Bevor wir das taten, haben wir gezeltet. Die Campingplätze sind gepflegt, ganz besonders der vom Königlich Dänischen Automobilclub in Hennestrand. Da gibt es damals noch keinen einzigen Deutschen, das ist heute kaum vorstellbar, denn Ende der sechziger Jahre war da schon eine Art dänisches Mallorca. Dänemark ist damals ein unaufgeregtes Land mit wunderschönen, einsamen Stränden. Genau wie in Holland hat meine Familie nie einen Reiseführer benutzt. Im Gegensatz zu Holland haben wir zwar Kirchen und Schlösser, jedoch nie ein Museum oder eine Kunsthalle betreten. Die dänische Kunst von Eckersberg bis Købke habe ich erst später in Kiel gesehen.

Auf den dänischen Campingplätzen geht es familiär zu, wir gewinnen viele dänische Freunde, die wir noch jahrelang besuchen. Wie die Organistenfamilie aus Odense. Deren Abreise ist ein Erlebnis, erst kommen die drei rothaarigen Kinder auf den Rücksitz vom grünen Buckelsaab, dann steigt das Ehepaar ein. Dann gibt es einen Pfiff vom Fahrer und die beiden Huskies hüpfen durch die offenen Fenster in den Saab. Filmreif. In Grenaa lerne ich in dem Sommer die hübsche Schwedin Gunilla (natürlich blond) kennen, die den ganzen Sommer lang nicht von meiner Seite weicht. Genau genommen sind es nur drei Wochen, aber wenn man jung und verliebt ist, dauert alles viel länger. Wir schreiben uns noch jahrelang Liebesbriefe. Ich habe ihretwegen sogar einen Langenscheidt Schwedisch-Deutsch/Deutsch-Schwedisch und ein Buch Schwedisch für Anfänger gekauft. Zur Not kann ich jag alskar dig sagen. Aber sie kann sehr gut Englisch (sie arbeitet bei Bonniers), und so wird das die Sprache sein, in der wir noch ein Jahrzehnt lang die geheimsten Gedanken und Sehnsüchte der Post zwischen Bremen und Stockholm anvertrauen. Was mag aus ihr geworden sein? Ist sie die Gunilla, die einen berühmten schwedischen Filmregisseur geheiratet hat?

Die Bornholmfahrt ist die erste Auslandsfreizeit der frisch gegründeten Evangelischen Jugend. Die meisten von uns sind zum ersten Mal im Ausland, das ist damals noch ein richtiges Erlebnis. Billigflieger in ausländische Ferienparadiese gibt es noch nicht. Wir haben im Juli und August des Jahres 1958 Glück mit dem Wetter, denn wenn man nach Kopenhagen radelt und dann um Bornholm herum und wieder zurück, dann wäre Dauerregen nicht so schön. Es gibt ja damals noch nicht diese High Tec Verkleidung, in die heute Radfahrer gehüllt sind. Wir haben unseren Anorak und zur Not so einen gummierten Überwurf, den man vorne am Lenker festmachen kann. Wir haben Fahrradtaschen am Fahrrad, den Schlafsack auf dem Gepäckträger. Keiner hat eine Gangschaltung. Helme für Radfahrer sind noch unbekannt. Aber die Radwege sind hervorragend. Und alle Radfahrer, die uns auf der anderen Straßenseite entgegenkommen, winken uns zu.

Wir fahren die Strecke von Gedser bis Kopenhagen in kleinen Tagesstrecken, so dass wir am Nachmittag noch Zeit haben, Dänemark unsicher zu machen. Also zum Beispiel mit gemieteten Ruderbooten eine Wasserschlacht im Hafen von Fakse Ladeplads zu machen, wie Volker Harjehusen und ich das tun. An dem Tag haben wir gerade die Storströmmen Brücke hinter uns. Da weiß man, was man getan hat, wenn man Vordingborg erreicht. Vor allem ich mit meinen 26“ Rädern, ich muß mehr treten als die anderen, die alle 28“ haben. Was meine Eltern bewogen hat, mir das rote Tripad mit 26“ Rädern zu kaufen, weiß ich nicht. Weil es aus Ostwestfalen kam, wo Opa herkommt? Die Marke hat ja als Markenzeichen die drei Hasen aus dem Paderborner Hasenfenster. Mein geliebtes Rad wird mir 1967 in Kiel geklaut werden. Ich werde noch jahrelang im Keller der Fundstelle der Polizei alle Fahrräder angucken, mein Paderborner Erzeugnis mit den drei Hasen ist nie dabei.

Ein junger Mann in einem offenen englischen Sportwagen fährt an uns vorbei und guckt uns mitleidig an. Wenn ich groß bin, will ich auch einen englischen Sportwagen haben. Und dann fahre ich langsam an allen radelnden Jugendgruppen vorbei und gucke sie mitleidig an. Das nehme ich mir fest vor. Als wir in Köge Halt machen, schaue ich einer hübschen Blondine nach, die bei einem Typ hinten auf der Vespa sitzt und seine photographische Ausrüstung festhält. Die Vespa tuckert langsam über den Strand bis sie hinter einer Düne verschwindet. Wahrscheinlich hat er dann Nacktaufnahmen von ihr gemacht. Aber daran denkt damals keiner von uns. Mein Bildergedächtnis aber bewahrt das Bild der Blondine auf, die wie die kleine Meerjungfrau in Kopenhagen hinten auf dem Motorroller sitzt und langsam an uns vorbeigleitet.

Später am Nachmittag radle ich mit Volker auf einer einsamen Straße durch blaudunkle Wälder, es wird schon schummrig, wir sollten umkehren und rechtzeitig zum Abendessen zu Hause sein. Ein kleiner See rechts, dann wieder Wälder. Weit und breit kein Mensch. Plötzlich taucht in dieser geheimnisvollen Abendstimmung ein Schloss vor uns auf. Ich bekomme ein Gefühl der Angst angesichts dieser unwirklichen Szenerie. Laß uns umkehren, sage ich, wir kommen bestimmt zu spät zum Abendessen. Schweigend radeln wir zurück. Heute weiß ich, dass es das Schloss Vallö war, damals war es eine surreale Erscheinung, wie eine Fata Morgana, als ob man in Eichendorffs Welt hineingeradelt wäre. Viele Jahre später sehe ich bei einem Hinterhofhöker ein Ölbild von einer menschenleeren Parklandschaft in der Dämmerung. Hat etwas von Edward Hopper an sich. Ich kaufe es ohne zu zögern, während mir der Händler aus irgendeinem Grund erzählt, dass er alles über Hinterradstarrachsen von englischen Sportwagen weiß. Hatte mal sieben Stück davon in der Garage liegen. Und Grace Kelly ist nur deshalb verunglückt, weil der Sportwagen eine Starrachse hatte. Ich lasse ihn reden, der absurde Soundtrack dringt nicht in meine Parklandschaft ein. Das geheimnisvolle Bild hängt noch immer in meinem Wohnzimmer. Und immer wieder erinnert es mich an jenen Abend bei Schloss Vallö. Mein Leben wird von Bildern zusammengehalten.

Der dänische Künstler Viggo Vagnby hat in den fünfziger Jahren ein Plakat entworfen, das überall in Kopenhagen hängt. Über dem Schriftzug Wonderful Copenhagen überquert eine Entenfamilie eine Großstadtstraße. Der Straßenverkehr, von einem Schutzmann geregelt, ist zum Erliegen gekommen, damit die Enten über die Straße kommen können. Hinter den sechs kleinen Enten torkelt noch eine siebte hinterher. Dazu fehlt nur noch Dave Brubecks Wonderful Copenhagen, das jetzt überall in den Geschäften dudelt. Eigentlich ist es ein unausstehliches Hollywoodprodukt aus einem Film, in dem Danny Kaye Hans Christian Andersen spielt. Aber jazzmäßig angepeppt ist es zu ertragen.

Kopenhagen sieht auf dem Plakat von Vagnby idyllisch aus, und das ist es 1958 auch noch. Wenn man durch die Schlafstädte und Vororte geradelt ist und ins Zentrum kommt, ist die Großstadt aufgeräumt und übersichtlich. Wir bringen in Nyhavn unsere Räder zum Schiff und haben bis zum Abend Zeit, Kopenhagen zu Fuß zu erobern. Auf meinem Besichtigungsprogramm an diesem Nachmittag stehen die Börse mit dem wunderbaren Turm, Schloss Christiansborg, das Thorvaldsen Museum und das mächtige Zeughaus. Liegt ja alles nahe zusammen. Am Rathausplatz muß ich auch gewesen sein, da ich das Rathaus photographiert habe. Auf dem chamoisfarbenen Bild, das in einem halben Jahrhundert nur leicht nachgedunkelt ist, sind noch Vorkriegsautos drauf. Da werde ich Jahrzehnte später Harald Mogensen treffen, der gerade mit Tage La Cour ein Buch über den Detektivroman geschrieben hat.

Um acht sind wir wieder alle in Nyhavn, das Schiff fährt zwar erst um zehn, aber sicher ist sicher. Andere aus der Gruppe waren heute Nachmittag im Tivoli und erzählen davon. Aber fährt man wegen eines Rummelplatzes nach Kopenhagen? Das Abendessen besteht aus einem Brötchen mit röde pölser, gerösteten Zwiebeln, und dann süße Sauce drüber. Ist wahrscheinlich nicht gesund, aber wahnsinnig lecker. So was kriegt man 1958 in Deutschland nicht. Jetzt, wo es langsam dunkel wird, entfaltet Nyhavn sein Leben als red light district. Leicht angetrunkene Seeleute stolpern singend über das Pflaster. Um zehn legt die weiße Rotna endlich ab, gleitet durch den Hafen, am Kriegshafen vorbei, dann an der Langenlinie entlang. An der einsamen kleinen Meerjungfrau vorbei. An einer Festung vorbei, und dann sind wir im Öresund. Backbord am Horizont kann man die Lichter von Schweden schimmern sehen.

Das Motorschiff Rotna, das uns von Kopenhagen nach Rönne transportiert, ist ein schmuckes Schiff. Gar nicht mal klein, über achtzig Meter. Ich habe noch Photos davon. Ich wäre natürlich kein Vegesacker, wenn ich es unterlassen hätte, dem Schicksal des Schiffes nachzuspüren. 1940 gebaut, fährt es auf der Strecke von Kopenhagen nach Rönne und zurück bis 1968. Zwischenzeitlich heißt es mal für kurze Zeit Hammershus. 1969 wird es nach Hamburg verkauft, 1970 an eine Hotelkette in Barcelona weiterverkauft, wo es als schwimmendes Hotel dienen soll. Wenig später Totalverlust. Klingt ein bisschen nach Versicherungsbetrug. Jetzt fahren auf der Strecke seelenlose Katamarankonstruktionen.

Aber das alles ist in der Zukunft, heute Nacht fahren wir von Nyhavn nach Rönne. Es ist eine warme Sommernacht, unsere Fahrräder sind im Bauch des Schiffes, wir sind oben an Deck. Kaum einer schläft in dieser Nacht. Es ist einfach zu schön, den Lichtern von Kopenhagen nachzugucken. Und in die dunkle See oder in den Sternenhimmel zu blicken. Einer hat seine Gitarre geholt, und wir singen leise. Ein dänisches Mädchen versucht, uns ein dänisches Volkslied beizubringen, I skovens dybe stille ro, aber wir kriegen das nicht hin. Da singt sie es mit ihrer Freundin, während unser Gitarrist von Zeit zu Zeit einen Akkord schlägt. Die kleine Meerjungfrau hätte nicht schöner singen können. Ich hatte dieses Lied (aber nicht die singenden Däninnen) von Einsamkeit und dunklen Wäldern völlig vergessen, bis ich es Jahrzehnte später auf einer Jazzplatte von Niels-Henning Örsted Pedersen wiederhörte, die er mit Kenny Drew in Kopenhagen aufgenommen hat. Einer von der Bremer Gruppe, der schon älter ist als wir, was er ständig zeigen muß, hat schon eine junge Dänin abgeschleppt, die er jetzt unbedingt demonstrativ wärmen muß. Stört allerdings diesen schönen Augenblick.

Hinter Rönne gibt es eine Schranke auf der Straße, aber nicht für die Eisenbahn. Auf dem Verkehrsschild ist statt eines Lokomotivsymbols ein Flugzeug abgebildet. Hier ist nicht soviel Platz für den kleinen Flughafen von Bornholm, die wenigen Flugzeuge fliegen beim Start und der Landung niedrig über die Straße. Das kuriose Schild wird natürlich sofort photographiert. Unser erstes Ziel ist Dueodde. Ich habe noch nie einen so schönen Strand gesehen, das haben Neksö, Svaneke, Gudhjem und Sandvig Allinge, wo wir in den nächsten Tagen sein werden, nicht zu bieten.

Der dicke Bremer greift sich am Strand sofort die schönste blonde Schwedin, ich kriege nur ihre dunkelhaarige Freundin ab. Warum kommen die schönen Blondinen nicht im Doppelpack? Er versucht, seine Hand unter das weiße Bikinihöschen zu bekommen, aber so freizügig sind freizügige Schwedinnen dann doch nicht. Einen Arm über den braungebrannten Rücken legen, ist aber erlaubt. So liegen wir dann alle nur keusch neben einander auf dem weißen Sand der Düne in der Sonne. In Svaneke erwischt mich ein Magen Darm Virus (oder waren es die Blaubeeren von Paradisbakkerne?) und ich liege einen Tag im Bett der Jugendherberge.

Bin aber am nächsten Tag wieder auf den Beinen und klettere mit Volker die Felsen von Gudhjem vom Strand aus hoch. Vierundzwanzig Meter Felswand, eigentlich ist das lebensgefährlich. Aber eine Herausforderung. Wenn man fünfzehn ist, kennt man keine Gefahr. Hinterher mussten wir den langen Weg wieder runter zum Strand, um unsere Fahrräder zu holen. Diese Geschichte haben wir Klaus Nebelung dann aber lieber nicht erzählt. Am letzten Tag steht die Besichtigung von Hammershus auf dem Programm, einer der größten Ruinen Nordeuropas. Und dann radeln wir nach Rönne zum Hafen zurück, manchmal führt der Weg oben auf der Steilküste durch einen Wald. Durch die grünen Buchen kann man die Ostsee sehen, unten am Strand sind Netze aufgespannt, der Geruch von geräuchertem Fisch dringt bis hier oben. Das muß die Silderögeri von Hasle sein. Geräucherter Hering ist eine Bornholmer Spezialität. Aber jemand wie ich, der schon um das Matjesfass vor Violes Tür einen Bogen macht und freitags immer extra spät von der Schule kommt, in der Hoffnung, dass der Fisch schon aufgegessen ist und mir unser Hausmädchen Spiegeleier macht, ist damit nicht zu locken.

Die Rückfahrt von Rönne nach Kopenhagen ist nicht so romantisch wie die Fahrt in der Nacht, niemand singt I skovens dybe stille ro. Die See ist mäßig bewegt, der Himmel leicht diesig. Die Kongedybet ist etwas größer, aber vor allem neuer als die Rotna. Auf der Hälfte der Strecke begegnet uns die Östersöen, das neueste Schiff der Linie. Sagt der Zahlmeister, der Deutsch kann. Er erzählt auch, dass wir ein Postschiff sind. Deshalb ist die Flagge der königlichen Post auch oben über dem Dannebrog am Mast. Photographiere ich sofort, die Östersöen habe ich auch photographiert, wäre schön, wenn ich damals schon ein Teleobjektiv gehabt hätte. In Kopenhagen halten wir uns diesmal nicht auf, wir radeln direkt zur Köge Bucht, wo wir am Strand in einem Heim der Roten Falken übernachten. Die haben überall im Eingang rote Fahnen hängen, wir stellen unseren kleinen Wimpel mit dem Kugelkreuz der Christlichen Pfadfinder demonstrativ daneben. Unsere letzte Station auf dem Rückweg, bevor wir in Gedser unsere Fahrräder auf die M.S. Deutschland schieben, ist Nyköbing. Da ist gerade ein Jahrmarkt. Mit einem Feuerwerk in der Nacht. Irgendwie ein passender Abschluß für diesen Sommer.

Wir haben damals kein Kulturprogramm gehabt, wenig von Hans Henny Jahnn erfahren und nichts von der Bornholmer Malerschule. Ich habe nicht mal die berühmten Rundkirchen von Bornholm gesehen, wahrscheinlich habe ich da krank im Bett gelegen. Aber wir hatten dieses Erlebnis, dass wir uns ein fremdes Land ganz allein erobern, keine vorfabrizierte Sightseeing Tour. Nicht mit Bussen irgendwo abgeliefert werden, selbst strampeln, das ist etwas anderes. Alle werden noch Jahre später von dieser Fahrt schwärmen, viele werden sich ärgern, dass sie sich nicht angemeldet hatten. Wir werden wenige Jahre später noch einmal mit der Evangelischen Jugend nach Dänemark zurückkommen. Das ist wieder eine Arbeitsfreizeit mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Nach den strapaziösen Sommern in Frankreich hat man uns mit Nordjütland eine Gegend gegönnt, in der eigentlich wenig zu tun ist.

In Frankreich hatten wir gegen die Ortsmannschaft Fußball gespielt, das dient der Völkerfreundschaft. Damals auf jeden Fall. Also mussten wir in Nykøbing auf Mors auch Fußball spielen. Das gepflegte Waldstadion hätte uns schon zu denken geben sollen. Wir verlieren 9:1. Das eine Tor schießen wir auch nur, weil der dänische Torwart sich an den Spielfeldrand gesetzt hat, um mit unseren Mädels zu flirten. Wir wissen nicht, dass Dreiviertel der Dänen in der dänischen Schülerauswahl spielt. Es ist der schlimmste Tag in meiner Torwartkarriere. Es hilft uns nicht, dass wir Charlie Kottkamp in unseren Reihen haben, der beim SAV spielt (und eines Tages ein großes Tier in der Sportredaktion der ARD wird). Aber selbst wenn wir Dragomir Ilic gehabt hätten, hätte es wohl nicht viel ausgemacht. Die Geschichte wird sogar den Bremer Nachrichten eine kurze Notiz wert sein.

Im Gegensatz zum Tal der Somme ist das hier oben in Jütland nie ein Kriegsgebiet für ein deutsches Heer gewesen, wenn wir den seltsamen Krieg im Sommer 1864 nach dem Waffenstillstand ausnehmen, als die Preußen Jütland besetzten. Damals als der Militärmusiker Johann Gottfried Piefke seinen Lymfjord Marsch schrieb. Die Gräber der wenigen angeschwemmten Toten der Skagerakschlacht, die auf dänischen Friedhöfen begraben liegen, haben die Dänen sorgfältig gepflegt. Und so haben wir, wenn wir mit unserem Bus von Nykøbing aus von einem Friedhof zum anderen fahren, Zeit für die Kirchen und die Landschaft. Und die ist atemberaubend schön. Auch der große Theodor Fontane sah sich – mit Leib und Leben dem Limfjord und seiner Magie ergeben. Es ist sehr schade, dass er seine Energien auf die Beschreibung des Krieges von 1864 verwendet hat und Mein Skandinavisches Buch unvollendet geblieben ist.

Der Sommer ist eher kühl, die fett-grauen Wolken vom Meer her schieben sich träge aber stetig über die blauwaldigen Dünen und die Ebenen, schütteln sich ärgerlich, wenn sie gegen die Hügelkuppen stoßen. Unter denen, so sagt man, Könige begraben liegen. Hier ist alles Geschichte. Das wäre etwas für Fontane gewesen. Selbst im Schloss Hojriis auf Mors soll es spuken, aber das hat der Herr Trapp, in dessen Hotel Fontane in Nyköbing absteigt, ihm nicht erzählt. Vielleicht ist die Spukgeschichte auch erst später für die Touristen erfunden worden. Überall gibt es einen Hamlets Klint. Am Eingang von Schloss Kronborg in Helsingör ist eine Steintafel mit einem der Renaissance nachempfunden Portrait und den Worten Sagnet fortaeller om en kongesön Amleth, der livede in Jylland för Vikinge tiden. Hier auf Morsö ist der Ausgangspunkt für die Geschichte des Saxo Grammaticus.

Hier auf dem Feggeklit soll Hamlet seinen Onkel, den bösen König Fegge umgebracht haben. Und Gräber von Hamlet gibt es auch überall. Natürlich auch in Helsingör, im Park des Schlosses Marienlyst. Da liegt der Lieblingshund von König Valdemar begraben, höhnt man in Jütland, Hamlet liegt für sie natürlich unter dem Hamletstein von Fjellerup. Und steinzeitliche Hünengräber gibt es in Jütland zuhauf, ist wahrscheinlich überall ein Hamlet darunter. Hünengräber kommen bei Fontane auch vor, aber über Hamlet schreibt er nur, wenn er Helsingör besucht. Hat ihm keiner gesagt, dass Hamlet Country hier in Jütland ist? Erstaunlich bei einem Mann, der Shakespeares Hamlet ins Deutsche übersetzt hat. Hamlet und Ophelia gibt es noch heute, zwei Fähren über den Öresund heißen so (eine von diesen Fähren ist sogar mal bei uns in Vegesack gebaut worden). Die Fährschiffe haben schon lange diese Namen, schon als Theodor Fontane über den Öresund fuhr.

Aber auch an anderen Stellen erzählt man sich Geschichten von einem Prinzen, wie die von Prinz Buris Henriksen, der die schöne Liden Kirsten liebt, die Schwester von König Valdemar. Aber das darf nicht sein, der Prinz verliert sein Land und seine Freiheit, der König Valdemar lässt das Mädchen und das Kind töten. Und junge Paare besuchen noch für Jahrhunderte den Stein in Vestervig, unter dem die Liebenden begraben sind. Jede Braut, die in der Kirche von Vestervig getraut wird, legt ihren Brautkranz auf das Grab. Die Grabplatte auf dem Friedhof ist ungewöhnlich, dreieinhalb Meter lang, an einer Stelle ist sie gebrochen. Und an beiden Enden steht ein kleiner Grabstein.

Aber auch die eindrucksvolle romanische Kirche von Vestervig ist außergewöhnlich, sie ist die größte Dorfkirche Skandinaviens. Sie ist einmal eine Bischofskirche gewesen, aber sie ist nicht, wie die französischen Kathedralen, gebaut, um in den Himmel zu wachsen. Sie hat nichts von deren Eleganz, man ist beinahe geneigt zu sagen: nüchterner Zweckbau. Aber sie trotzt jahrhundertelang den Wolken und dem Regen und dem Sturm, der unablässig von England her über die Nordsee fegt. Basilikaform, Granitquadern, original erhalten. Das wird Professor Alfred Kamphausen auf der Exkursion immer betonen, wenn er Vestervig mit dem durch ständige Umbauten verhunzten Dom von Viborg (auch ursprünglich eine Basilikakonstruktion) vergleicht.

Es gibt in diesem Sommer noch andere Prinzessinnen, lebende. Zum einen ist die Königsfamilie auf ihrer jährlichen Sommerrundfahrt mit der Yacht Dannebrog für einige Tage in Nyköbing (und an den Tagen ist auch schönstes Sommerwetter, sozusagen Kaiserwetter) und zum anderen ist die Prinzessin meines Heimatortes auch da. Wir sind jetzt achtzehn, und das hier um uns herum ist die ideale Landschaft für einen Sommerflirt, aus dem mehr werden könnte. Und auch Begegnungen in Kirchen haben jetzt ihren Reiz. Ingrid singt mir in einer verlassenen Kirche, in die schon Gras und Unkraut hineinwachsen, Summertime vor. Nur für mich. Um die Akustik der kleinen Kirche zu testen. Sie kann wunderschön singen. Aber ihr Summertime klingt anders als das, das Ute damals in der Nacht in der Strandlust gesungen hat. Hier im von huschenden Sonnenfetzen beleuchteten weißgekalkten Raum hat die Melodie eher die Qualität von sakraler Musik. Summertime, and the living is easy. Getrennt von der Welt da draußen, die heute kein wirklicher Sommertag ist. Aber ich weiß schon, dass dies ein kleines Geschenk an mich ist. Dass sie jetzt nur für mich singt, in dieser kleinen Kirche, die sich auf der Düne festkrallt wie das Gras und die verhungerten Kiefern. Auf der Nordwestseite liegen die Butzenscheiben schon unter einer Sandschicht.

Wenn dies ein Wunschkonzert wäre, würde ich mir jetzt von ihr I skovens dybe stille ro wünschen. Aber man kann nicht alles haben. Die Augenblicke von großer Nähe und Vertrautheit, an denen ich ihr morgens das Butterbrot schmiere, wechseln ab mit Tagen von großer Fremdheit, there ain’t no cure for the summertime blues. Sie weiß auch nicht so recht, was sie will. Sie hat jetzt, wie beinahe alle Achtzehnjährigen, Ärger zu Hause mit ihren Eltern, Taschengeldkürzungen, Ausgehverbot, es ist ein Wunder, dass sie überhaupt mitfahren durfte. Wir werden diesen Sommer nebeneinander hergleiten, uns suchen und nicht suchen. Sie weiß nicht, dass ich Gedichte über sie schreibe. In der Ersatzwelt, die uns heute das Internet bietet, kann ich bei YouTube jeden Tag I skovens dybe stille ro hören. Ergreifend gesungen von einer dänischen Hausfrau mit dem Pseudonym MaggieKr in ihrer Küche. Ein kleines Stück von der Jugend kommt immer wieder zurück.

Enrico Dalgas ist ein Name, der einem heute nicht unbedingt einfallen würde, wenn man an Jütland denkt. Aber in Jütland kennt man ihn bis zum heutigen Tag. Denn ohne den Hugenotten Enrico Mylius Dalgas gäbe es das Jütland, das wir kennen, wahrscheinlich gar nicht. Hier in Jütland hat Dänemark begonnen, die hunderte von Hünengräbern zeugen davon, dass hier wo jetzt die Heide wuchert, einst fruchtbares Bauernland gewesen ist. Der Sitz der Könige ist noch in Jelling, wo der König Gorm einen großen Runenstein errichten lässt. Den Taufstein Dänemarks hat man ihn genannt, stolz wird hier verkündet, dass Gorm ganz Dänemark und Norwegen gewann und die Dänen zu Christen machte. Er selbst wird hier nicht neben seiner Frau beerdigt werden, sondern in der Kirche von Roskilde auf Seeland, wohin die dänischen Könige dann ziehen werden. Dann folgen zwei Jahrhunderte von Kirchenbauten, bis ganz Jütland aus Kirchen zu bestehen scheint. Die Steinmetze haben mit dem Behauen von Granitplatten und dem Herausmeißeln von Löwen genügend zu tun. Als ich Jahre später die Gastvorlesung Romanische Kirchen in Dänemark des Kopenhagener Professors Otto Norn höre, wird mir klar, dass ich alle Kirchen gesehen habe, die er per Dia auf den Bildschirm bringt.

Mehr als dreihundert Adelssitze künden davon, dass dieses Land, das für den Magister Adam von Bremen noch eine Wüste und eine schreckniserregende Wildnis war (aber Löwen hat es hier trotz der vielen Reliefs in den Kirchen nie gegeben), ein reiches Land war. Und das ist es für den englischen Gesandten, Lord Robert Molesworth, im Jahre 1692 immer noch, obgleich er nicht so genau hingeschaut haben kann. Denn inzwischen ist der Westen Jütland zu der jütischen Wüste geworden. Das Abholzen der großen Wälder im Mittelalter wird tödlich für das Land, der Weststurm von der Nordsee treibt den Sand meterdick ins Land, die Heide überwuchert alles. Nach dem verloren Kriege von 1864 (wie konnte man nur mit dem Schwefelgelben einen Krieg anfangen?) verkündet Enrico Dalgas: was nach außen verloren ging, soll nach innen gewonnen werden. Das Wort wird auch zu einem politischen Schlagwort nach dem verlorenen Krieg. Der Gründer der Danske Hedeselskab will Jütland wieder zottig machen. Er ist für Jütland das, was Findorff für die Bauern des Teufelsmoores war. In unermüdlicher Arbeit kämpft der ehemalige Ingenieur des Militär-Straßencorps (der die Landstraße von Randers nach Ringköping gebaut hatte) für die Urbarmachung und Renaturierung der wüsten Heidelandschaften.

Es ist immer noch genügend Heide übrig. In Hjerl Hede, wo wir einen Tag lang sein werden, gibt es ein Freilichtmuseum, ähnlich dem, das Alfred Kamphausen in Molfsee geschaffen hat. Es ist ein lebendiges Bilderbuch der dänischen Vergangenheit, Bauernhäuser aus dem 16. Jahrhundert, eine Windmühle aus dem Jahre 1778, eine Schule, in der Kinder in historischer Verkleidung umhertollen. Die größte Touristenattraktion aber ist die Steinzeitsiedlung, wo man Studenten aus Kopenhagen in Bärenfellen und anderer germanischer Verkleidung bewundern kann. Ein Schmied, der aussieht wie Hägar der Schreckliche, schmiedet Eisen über einer Esse. Verlebendigung der Geschichte ist das Motto des Museums. Das Beste waren da noch die aschblonden Studentinnen in Bärenfellbikinis. Ich persönlich finde das Ganze etwas albern, irgendwie schmeckt es nach dem Germanenkult der Nazis. Ich summe das Liedchen, das Mammi manchmal gesungen hat: Die alten Germanen sie saßen, zu beiden Ufern des Rheins, sie lagen auf Bärenfellen und tranken sich immer noch eins. Da trat in ihre Mitte ein Jüngling römischen Bluts. Heil Hitler! Ihr alten Germanen, ich bin der Tacitus. Ob das schon ein Lied des Widerstands war?

Wir besichtigen die Austernfischerei im Limfjord, einen Tag bevor der dänische König mit seiner Familie dort Gast des Direktors ist. Die Austern sind berühmt, werden nachmittags ausgeflogen und abends in Paris serviert. Sogar ich werde an dem Tag einige Austern essen. Aber nicht nur die Austernfischerei und Hjerl Hede, die vielen Kirchen und der Strand an der Jammerbucht, wo die See röhrend, schluchzend und mahlend Kieselsteine bewegt, so dass man das Geräusch schon von weitem hören kann, stehen auf unserem Programm. Wir fahren auch nach Skagen. Was Theodor Fontane vor hundert Jahren nicht hingekriegt hat: bis nach Skagen wollt ich es wagen den Fuß zu tragen: Aber Wind und Wolken jagen und haben beschlossen, ‚nein’ zu sagen. Eine halbe Stunde gucke ich von einer Düne auf die Stelle, wo Nord- und Ostsee aufeinanderstoßen, grünes und blaues Wasser mischen sich. Sieht gefährlich aus.

Hier schwimmen? Lieber nicht, obgleich hier ein Badestrand ist. Ich bin mal auf Sylt nur knapp wieder aus der Brandung herausgekommen. Aber man kann natürlich an irgendeinem Punkt hier einen Fuß in die Nordsee und den anderen in die Ostsee stellen. Christian VII, der ein Meister der Selbstinszenierung war, hat das getan. Die versunkene Kirche und die beiden großen Wanderdünen sind Pflichtprogramm, aber auch das Museum mit den Bildern der Skagener Schule. Ich kaufe Postkarten von Anna Ancher und Peder Severin Kröyer, aber auch ohne die hätte ich die Bilder nicht aus dem Kopf bekommen. Ich werde sie wieder sehen, die Kunsthalle Kiel besitzt welche. Und das Skagener Museum wird die schönsten eines Tages nach Kiel ausleihen. Bei der Eröffnung durch Wolfgang J. Müller servieren junge Däninnen in Volkstracht stilecht Tuborg Bier in Tuborg Gläsern.

Zum Abschluß dieses schönen Sommers gibt es eine Dampferfahrt durch den Limfjord und das Kattegat bis nach Kopenhagen. Dafür haben wir einen wunderschönen Sommertag erwischt. Ich werde nicht mit der Gruppe in der Nacht zurückfahren, weil ich für den Rest der Woche allein in Kopenhagen bleiben werde, bis mich meine Eltern abholen. Danach wollen wir wieder nach Moen. Es gibt einen Abschied von Ingrid, sie wird mich zärtlich umarmen, und da sind wir uns wieder ganz nah. Der schöne Augenblick wird allerdings dadurch versaut, dass mich zwei Minuten später ein Schwuli fragt, ob ich ihm die Uhrzeit sagen könnte. Und das unter einer großen beleuchteten Uhr! Ich habe für ihn einige schlimme Sätze aus dem Vokabular der amerikanischen Besatzungszeit parat, die außerhalb des Oxford English von James Tröbs liegen, und er trollt sich.

Das ist der Anfang meiner Kopenhagen Woche. Ich wohne im CVJM, sehr spartanisch, ich habe da in einem großen Saal ein Bett und einen kleinen Schrank. Mit achtzehn ganz allein in einer fremden Großstadt zu sein, ist ein tolles Erlebnis. Ich habe wieder keinen Baedeker oder irgendeinen anderen Reiseführer, mein Kopenhagen wird eine Mixtur von krausen persönlichen Erlebnissen. Auf der Ströget sehe ich einen eleganten Herrn in einem braunen Glencheckanzug, mit braunem Schirm und braunem Bowler. Das hat Stil. Damals kommt ja noch elegante Kleidung aus Dänemark, sehr englisch angehaucht, von Firmen wie Hobson und Christonette. Ich entdecke Den Permanente gegenüber vom Hauptbahnhof (Dänemarks Antwort auf das Bauhaus), bin in einer Björn Wiinblad Ausstellung in Illums Bolighus in der Amagertorv und kaufe einen kleinen Aschenbecher. Später wird er der Hauskünstler von Rosenthal werden, ich besitze zwei schöne blaue Vasen von ihm.

Ich bin einen Abend in einem Jazzclub, wo leider nur Dixieland gespielt wird. Ich sehe Victor Borge auf einem kleinen Schwarzweißfernseher, den Mann vergisst man nie, da kann der Fernseher noch so klein sein. Und ich sehe Nina und Frederik, das Traumpaar der dänischen Volksmusik. Die blonde Schönheit und der dänische Baron singen jetzt Pete Seeger, Harry Belafonte und dänische Volksweisen. Meine erste Platte von den beiden habe ich immer noch. Ich gehe abends an allen Schlössern vorbei, die Wachsoldaten in ihren blauen Uniformen langweilen sich, nehmen aber unmerklich militärische Haltung an, wenn sie einen vereinzelten Spaziergänger sehen. Es ist erstaunlich, wie einsam und menschenleer Kopenhagen an diesen Sommerabenden ist. In Nyhavn und im Tivoli wäre das jetzt sicher anders, aber mir haben es nun einmal die verlassenen Schlösser angetan. Im Tivoli bin ich in dieser Woche wieder nicht gewesen. Dafür bin ich aber jeden Morgen im Schloß Rosenborg, das Schloss von Christian dem Vierten hat mich in seinen Bann gezogen. Nicht nur wegen der dort ausgestellten Kronjuwelen und des Taschentuchs, das sich Christian in der Schlacht auf der Kolberger Heide vor sein Auge gebunden hat, das Blut wird jede Woche nachgefärbt, versichert mir eine freche Dänin Jahre später. All das in einem Glasschrank ausgestellt, der Fontane an den berühmten Glasschrein im Greenwichhospital, der die zerschossenen Uniformstücke aufbewahrt, die Nelson in der Schlacht bei Trafalgar trug, erinnerte.

Natürlich ist das Schloss auch voller Kunst, Bilder von Arcimboldo an den Wänden. Aber es ist viel interessanter wegen all des Hausrats, den ein Dutzend dänischer Könige mit Gattinen und Mätressen angehäuft hat. Christian, der Erbauer des Schlosses, ist natürlich besonders gut repräsentiert. Man kann den englischen Hosenbandorden bewundern, den er 1603 bekommen hat. Und den hübschen kleinen weiß und blau emaillierten Elefanten vom höchsten Orden Dänemarks. Und zwei Ohrringe in Form von kleinen Händen, die Metallsplitter halten. Reste einer schwedischen Kanonenkugel, die man Christian nach der Schlacht auf der Kolberger Heide (was heute die Kieler Förde ist) aus dem Körper gepult hat. Die kunstvoll hergestellten Ohrringe sind ein Geschenk von Christian an seine Geliebte Vibeke Kruse gewesen. Seltsamer Liebesbeweis. Ähnlich seltsam wie das Amulett, das Christian trug: der Kopf einer Natter mit einem Goldstück im Maul. Nach diesem Goldstück hatte sie geschnappt, als ihr der König mit dem Schwert den Kopf abhieb. So leicht lassen sich Könige ihr Gold nicht wegnehmen. Opa hätte mit seinem Knotenstock, mit dem er immer Kreuzottern verjagte, dieses Kunststück nicht hingekriegt.

Der Barockherrscher mit seinen vielen Frauen, vielen Kindern und vielen Schlössern ist auch der heimliche Held meines Romanfragments, das ich sofort beginnen werde, wenn ich aus Dänemark zurückkomme. Ingrid und ich kommen natürlich auch darin vor. Und viel dänisches Wetter, Wetter ist immer wichtig im Roman, hat Dos Passos zu Hemingway gesagt. Aber obgleich viel Wetter drinsteht, wird der Roman nie geschrieben, und ich will ihn jetzt auch nicht in diesen Text recyclen. Dennoch: wenn man mit achtzehn aus Dänemark zurückkommt und als erstes einen Roman schreiben will, dann hat einen das Land schon schwer beeindruckt.

Es gibt noch ein zweites literarisches Zeugnis aus dieser Zeit. Ich bin damals gerade dabei, einen Abend Jazz & Lyrik zu organisieren. Lizzi habe ich schon als Pianisten engagiert, Peter bekommt von mir den Auftrag, ein Langgedicht Morning in Copenhagen zu schreiben. Er liefert das auch ab, kann sich aber, wie er in einem Begleitbrief erklärt, nicht an meine Vorgaben halten. Er war noch nie in Kopenhagen. Die Vorgaben waren offensichtlich, dass der Hafen, Kongens Nytorf, das Hotel d’Angleterre und der St. James Infirmary Blues (gerade in Kopenhagen gehört) darin vorkommen sollten. Peter schreibt also ein Birth of the Morning Gedicht, ohne Kopenhagen. Wenn ich es heute lese, muß ich sagen, dass wir damals schwer von T.S. Eliot und Ezra Pound beeinflusst sind. Aus dem Jazzprojekt ist nichts geworden, aber ich bin nachträglich immer noch ein wenig stolz, dass wir in unserem jugendlichen Enthusiasmus immerhin so etwas unternommen haben.

So bleibt der einzige literarische Niederschlag des Sommers in Jütland ein kleines selbstgezeichnetes Kinderbuch mit dem Titel Aus dem Leben eines Maulwurfs, das ich in den achtziger Jahren für Heidis Kinder geschrieben habe. Darin emigriert mein Maulwurf, nachdem er von deutschen Gartenbesitzern aus Deutschlands Gärten vertrieben wurde, mit Einreisegenehmigung der Königin Margarethe nach Dänemark. Auf dem Weg dahin gräbt er als alter Werder Anhänger noch schnell Günther Netzer (damals Manager vom HSV) den Vorgarten um, besucht Hannes Wader in Struckum und siedelt sich dann am Limfjord an, wo er für seine neuen Nachbarn eine Party mit röde pölser, Tuborg und Aalborg Linie Aquavit gibt:

Und als dann alle weg waren – bis auf eine hübsche, aber ziemlich besoffene Maulfwürfin – räumte er seine Höhle auf. Und dann schaute er auf den Rasen und die Heide, die dunklen Wälder und den Limfjord. Und die Maulwürfin lächelte still und sah ihn recht vergnügt und freundlich an. Und von ferne schallte immerfort die Musik der Campingplatzbewohner herüber, und der Limfjord rauschte in der Ferne – und es war alles, alles gut!

Am letzten Tag in Kopenhagen mache ich einen Kassensturz, es reicht gerade noch. Ich gehe ins vornehme Hotel d’Angleterre und bestelle mir das preiswerteste Essen, ein Omelett. Eine pölser irgendwo an einer Imbissbude hätte es ja auch getan, aber ich mußte einfach einmal im berühmtesten Hotel von Dänemark gewesen sein.