Sie verkleiden sich ja immer, wenn sie wieder einmal einen Meistertitel errungen haben und auf dem Balkon des Kieler Rathauses erscheinen. Man kann nur gratulieren, der Turnverein Hassee-Winterbek Kiel ist wieder Deutscher Meister im Hallenhandball geworden, zum zwanzigsten Mal. Der Krach von der Feier war noch bis hier oben zu hören, und dabei wohne ich einige Kilometer von der Ostseehalle (die jetzt Sparkassen Arena heißt) und dem Rathausplatz entfernt.
Ein Teil des Lärms - und wahrscheinlich auch das Feuerwerk - kam aber wohl auch vom Oslokai, weil da diese junge Dame gerade ein Schiff auf den Namen Mein Schiff 4 taufte. Früher, als die Schiffe noch wie richtige Schiffe und nicht wie schwimmende Legosteine aussahen, hatte sie schönere Namen als Mein Schiff 4. Dafür hatten sie vielleicht nicht so hübsche Taufpatinnen.
Das alles stand gestern in den Kieler Nachrichten. Habe ich aber nicht gelesen, weil mich das neue Layout des Blattes anwidert. Gut war die Zeitung noch nie, aber es ist die einzige Zeitschrift der Landeshauptstadt. Dass die SPD über ihre Anteile an der Verlagsgesellschaft Madsack an der Zeitung beteiligt ist, merkt man nicht. Dass die KN ihre Geschichte 1946 als CDU Lizenzzeitung begann, schon eher. Aber es gab zwei Dinge, die die Zeitung akzeptabel erscheinen ließen, das war ihr konservativ übersichtliches Layout und der Kulturteil. Damit scheint es jetzt vorbei zu sein. Ich mag es nicht, wenn eine Zeitung ihr Layout verändert. Die Londoner Times hat hunderte von Jahren so ausgesehen. Warum musste die Süddeutsche das Layout ändern, an das ich mich gewöhnt hatte?
Wahrscheinlich ist das neue Layout mit den neuen Drucktypen der Kieler Nachtwächter (wie Brösel die KN nennt) billiger. Billig sieht es auf jeden Fall aus. Und prollig. Hofft man damit neue Leser zu gewinnen? Die Leserzahlen sinken ja von Jahr zu Jahr, seit 1998 um mehr als vierzig Prozent. Ich muss gestehen, dass ich das Blatt morgens zum Frühstück ja eh nur wegen der Todesanzeigen und wegen Hägar dem Schrecklichen lese. Und weil der Kulturteil manchmal gut ist.
Der Kulturteil interessiert in der Chefetage niemanden mehr, man ist stolz, dass man den Aktienteil vergrößert hat. Es gab Zeiten, da das Feuilleton eine Zeitung prägte, aber Börsennachrichten sind sicher auch sehr schön. Eine so klar gegliederte Seite wie hier aus einer alten KN gibt es nicht mehr. Mein Freund Hannes Hansen (Sie sollten jetzt mal eben den Post ➱Schwarzenbek lesen) hat mir erzählt, dass ihn die KN gefeuert hat. Es trifft ihn nicht so hart, das war nur ein Nebenjob, aber es trifft die Leser hart. Denn seine Buchbesprechungen, seine Interviews und seine Berichte von Autorenlesungen waren immer ein Lesevergnügen. Er ist nicht der einzige, auf den der Leser verzichten muss. Auch Christoph Munk, der bis Ende 2012 Ressortleiter Kultur der KN war, wird man wohl weniger lesen können. Aber der renommierte Theaterkritiker ist gerade als Regisseur tätig, da hat er wohl genug zu tun. Aber Hannes hat sich jetzt überlegt, ob er nicht mit Christoph Munk einen Blog schreiben soll. Er hat mich gefragt, ob ich ihm zeige, wie man so etwas macht. Das will ich gerne tun.
Eines Tages werden die Leser nur noch Blogs lesen, das ist für uns Blogger die Chance. Offensichtlich sind viele Leser mit der Berichterstattung der Hamburger Zeitungen über die gerade laufende Thomas Herbst Ausstellung nicht so glücklich: der ➱Thomas Herbst Post in diesem Blog hatte noch nie so viele Leser wie in diesen Tagen. Nie war es herrlicher zu leben. Der Titel des Tagebuchs des Herzogs von Croÿ könnte zum Wahlspruch der Blogger werden.
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