Das Jahr geht zu Ende, ich schreibe mal eben einen klitzekleinen Post. Für die kanadische Malerin Elizabeth Adela Forbes (eine geborene Armstrong), die am 29. Dezember 1859 geboren wurde. Sie hat hübsche impressionistische Bilder gemalt wie dieses Bild, das Blackberry Gathering heißt. Sie malt in einer Zeit, in der auch Paula Modersohn-Becker malt, aber ihre Bilder haben nichts von der Worpsweder Torf Tristesse.
Sie hat gute Lehrer gehabt, wie zum Beispiel William Merritt Chase in New York und Frank Duveneck in München. ➱Chase und ➱Duveneck haben in diesem Blog schon einen Post. Das halbe Jahr in München ist die unglücklichste Zeit in ihrem Leben gewesen, weil man sie als Malerin nicht ernst nahm. Das ist das Problem der Malerinnen, die man manchmal despektierlich als Malweiber bezeichnet, überall in dieser Zeit. Elizabeth Armstrong ist 1885 nach Newlyn in Cornwall gezogen, später nach St Ives. Als sie nach Newlyn kam, hatte sie ihr Studio in einem Schuppen, in dem der Fischer, bei dem sie wohnte, seine Netze verstaute. Ich habe in dem Post ➱Michael Ancher geschrieben: Fischer am Strand zu malen (und das einfache Volk bei der Arbeit), ist eine Modeerscheinung vom Ende des 19. Jahrhunderts. Das ist vielleicht ein wenig bösartig, aber es ist nun mal so. Die bürgerlichen Maler entdecken den einfachen Mann.
Forbes Leben in St Ives in Cornwall war dagegen schon etwas luxuriöser (dieses Bild ist nicht aus Cornwall, das hat sie in Holland gemalt). In St Ives hat sie ihren Ehemann, den Maler Stanhope Forbes, kennengelernt und mit ihm die Newlyn Art School gegründet. Die Maler von Newlyn kommen schon in den Posts ➱Frank Bramley und ➱George Spencer Watson vor), der Künstlerort St Ives taucht schon in den Post ➱Alfred Wallis (und in ➱Heringe) auf. Es wäre mir lieber, wenn die vielen tausend Leser, die den Post George Spencer Watson angeklickt haben, den Post zu dem Amateurmaler Alfred Wallis angeklickt hätten.
Elizabeth Forbes ist eine interessante und gute Malerin gewesen, aber ich habe das Gefühl, dass man sie heute kaum noch kennt. Sie beherrschte den Kupferstich sehr gut (sie hatte sich an den Stichen von Whistler geschult) und hat diese Technik in Zandvoort auch einige Zeit gelehrt. Und sie hatte auf Ausstellungen durchaus Erfolg. Wofür eine Medaille bei der Internationalen Ausstellung von Paris und eine Goldmedaille bei der World's Columbian Exposition sprechen. Manche Werke von ihr sind heute noch als Drucke der Renner. Dazu gehört auf jeden Fall das Bild ➱School is Out, das sie in Newlyn gemalt hat.
Aber ich nehme mir zum Schluss lieber dieses Fischermädchen, das sie 1884 in Zandvoort malte. Ist nicht so strahlend fröhlich wie ➱The Shrimp Girl von ➱Hogarth, aber das Bild hat etwas. Eine erstaunliche Abstraktion und doch viel Atmosphäre. Ich könnte jetzt noch länger über sie schreiben, aber ich wollte ja heute mal einen kurzenPost schreiben. Und deshalb erwähne ich zum Schluss nur noch die Biographie, die Judith Cook (zusammen mit Melissa Hardie and Christiana Payne) über die Malerin geschrieben hat: Singing from the Walls: The Life and Art of Elizabeth Forbes. Das Buch hat natürlich auch School is Out auf dem Umschlag.
Man hätte ja auch mal etwas anders nehmen können, wie zum Beispiel dieses Bild von ihrem Sohn (The Half Holiday, Alec home from school). Das Bild aus dem Jahre 1909 ist 2007 bei Sotheby's verkauft worden (es hat ➱hier eine sehr gute Beschreibung, da hat man sich bei Sotheby's mal Mühe gegeben). Die sommerliche Szene markiert auch die Wende im Leben von Elizabeth Forbes, die Ärzte diagnostizieren Tuberkulose und Unterleibskrebs, sie wird 1912 sterben. Sie braucht nicht mehr zu erleben, dass der Leutnant Alexander Forbes (➱hier von seinem Vater gemalt) an der ➱Somme stirbt.
Stanhope Forbes hat alle in der Familie überlebt, er ist neunzig Jahre alt geworden. In manchen seiner Bilder scheint er von seiner Frau beeinflusst worden zu sein. Bei diesem Bild einer stickenden Fischerfrau (The Harbour Window) ist es schwer zu sagen, ob es von Elizabeth oder von Stanhope Forbes ist. Es ist von Stanhope Forbes, und es bedeutete seine Aufnahme als Vollmitglied der Royal Academy. Die Ausbalancierung von Innen- und Außenlicht gelingt Stanhope Forbes viel gefälliger als Frank Bramley in seinem zwanzig Jahre zuvor gemalten Vorzeigestück A Hopeless Dawn.
Die Freiluftmalerei siegt über die braunsoßige Malerei des Realismus des 19. Jahrhunderts, man kann das am Vergleich von A Hopeless Dawn und The Harbour Window sehr schön sehen. Die Bilder der Queen of Newlyn (wie ein Nachruf sie 1912 nannte) haben immer wieder Käufer gefunden. Viele Bilder von ihr werden heute verauktioniert; was bei Sotheby's und Christie's angeboten wird, liegt preislich irgendwo zwischen fünfzig- und hunderttausend Pfund. Dieses kleine Aquarell hat sie gemalt, als sie (wie so viele Maler damals, die sich der plein air Malerei verschrieben) die Küste von der Bretagne bis Holland bereiste. Also, bevor sie in England eine neue Heimat fand.
Dieser Blog hat immer wieder Malerinnen vorgestellt, von denen manche nicht so bekannt waren. Das ist ja auch so eine geheime Maxime dieses Blogs, dass hier Dinge stehen, die woanders nicht stehen. Sie könnten auch noch in diese Posts hineinschauen: Anna Waser, Hannover, Claude, Charles Willson Peale, Sir Henry Raeburn, Angelika Kauffmann, Reiter, Berthe Morisot, Dänische Kunst, Skagen, Nordlichter, Fritz Overbeck, Heinrich Vogeler, Kunsthalle Bremen, Hinrich Wrage, Georg Trakl, Albert Weisgerber, Lichtgebet, John French Sloan, Lilla Cabot Perry, Henry James, Edwin Arlington Robinson, ythlaf, Einsamkeit, Jo Hopper (und Eddie), Vanessa Bell, Alfred Wallis, Kapitänshunde, Pop, Amanda Lear, Teckel & Corgwn, George IV, Franco Costa, Lilli Martius, Willi Vogel
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