Dienstag, 12. März 2013

Tim Fischer


Tim Fischer wird heute vierzig. Vor Jahren dachte ich, er würde dieses Alter nie erreichen, so zugekokst war er. Ich habe ihn am Anfang seiner Karriere einmal gesehen, da war er richtig gut. Ich besitze sogar eine Tim Fischer Doppel-CD. Wahrscheinlich deshalb, weil sie bei Radio Bremen aufgenommen wurde. Sie heißt Chansons Live/Lieder eines armen Mädchens, ich habe sie gleich bei meinen  CDs gefunden. Finden ist da immer schwierig. Ich hatte sie unter Chansons abgelegt. Was Tim Fischer macht, ist ja etwas schwer zu kategorisieren. Aber Chanson ist schon mal ein schöner Passepartout Begriff. Zumal er auf Chansons Live auch mit Serge Gainsbourgs La Javanaise beginnt. Das hat ja in Frankreich beinahe jeder gesungen. ➱Juliette Gréco auf jeden Fall. Tim Fischer singt es, als sei er in Paris aufgewachsen.

Dabei hat er den unspektakulärsten background. In Delmenhorst geboren, in Hude aufgewachsen, in Oldenburg zur Schule gegangen. Zu Delmenhorst möchte ich nun gar nichts sagen, ich habe ja wohl schon mal im Blog gestanden, dass mein Panzergrenadierbataillon da stationiert war. Und ➱Arthur Fitger kam aus Delmenhorst, das ist auch schlimm. Da muss man schon fliehen, zuerst nach Hamburg, dann nach Berlin. Als er 1996 im Alten Sendesaal von Radio Bremen die CD aufnimmt, da kennt man ihn schon. Aus dem Schmidt Theater in Hamburg, aus dem NDR. Jetzt singt er zum hundertsten Geburtstag von Friedrich Hollaender den Zyklus Lieder eines armens Mädchens. Und er lässt uns vergessen, dass er erst dreiundzwanzig ist.

Das ist das Erstaunliche an Tim Fischer, er beherrscht diese chamäleonhafte Mimikry, er ist auf der CD Chansons Live (ein Live-Mitschnitt aus dem Jungen Theater Bremen) Serge Gainbourg (oder Juliette Gréco) oder Stephen Sondheim. Auf der zweiten CD ist er Blandine Ebinger, für die Friedrich Hollaender die Lieder eines armen Mädchens geschrieben hat. Er ist jetzt seit zwanzig Jahren auf der Bühne, immer mit dem Pianisten Rainer Bielfeldt. Er wechselt ständig seine Outfits, ich habe ihn neuerdings schon mit einer Lederjacke gesehen. Ist ein Fortschritt, immer herumzulaufen wie Lilo Wanders oder Olivia Jones, das kann es nicht sein.

Das hier sind natürlich Noten, es sind die Noten zu Mozarts Klaviervariationen von Ah, vous dirai-je maman. Hat Mozart geschrieben, als er aus Paris zurückkam, offensichtlich sang da jeder dieses Lied. Leicht anzüglich, das ist ja etwas, was das ständig schweinigelnde Wolferl liebt. Abgesehen davon, dass das Lied jedes Jahr zu Weihnachten millionenfach mit einem anderen Text gesungen wird (Morgen kommt der Weihnachtsmann), ist es zuletzt wohl in Deutschland 1964 von Helen Vita gesungen worden. Noch Frechere Chansons Aus Dem Alten Frankreich hieß die LP. Wurde von der ➱Staatsanwaltschaft beschlagnahmt. Man fasst es nicht. Inzwischen sind wir ein halbes Jahrhundert weiter, da darf Tim Fischer Ach mama, ihr ahnt es nicht auf der Bühne ➱singen. Sogar vor dem Berliner Kanzleramt.

Für alle die, denen das jetzt etwas zu viel Subkultur ist, hätte ich natürlich noch etwas zu Mozarts Ah, vous dirai-je maman. Fängt ganz easy an, wird dann aber von Variation zu Variation immer schwerer. In der ersten Variation sind es schon einige Noten mehr. Da kann man das nachvollziehen, dass der Kaiser Joseph einmal gewaltig viel Noten, lieber Mozart gesagt hat. Worauf Mozart antwortete Gerade so viel Noten, Eure Majestät, als nötig sind. Schauen Sie einmal ➱hier auf die Noten, während Clara Haskil die zwölf Variationen spielt.

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