Mittwoch, 5. Februar 2014

The Look


Sie wollen heute nicht schon wieder etwas lesen? Gut, machen wir eine Lesepause. Aber ein paar Bilder sollten sein, Charlotte Rampling hat heute Geburtstag. Die hatte vor zwei Jahren ➱hier schon einen Post - wenn Sie das anklicken, müssen Sie allerdings wieder etwas lesen. Wenn Sie nur Bilder haben wollen, hätte ich hier eine nette ➱Photoshow. Und den umstrittenen ➱Film The Night Porter mit ➱Dirk Bogarde in voller Länge. Und dann könnten Sie natürlich noch ➱hier in den Trailer von The Look hineinschauen, was auch ganz große Kunst ist.

Sie sieht heute natürlich nicht mehr so schnuckelig auf wie auf dem Photo von Helmut Newton oben, aber sie zieht sich immer noch aus. Nicht öffentlich, nur im Louvre (of all places). Machen Sie es nicht nach. Es sei denn, Sie hätten den Photographen Jürgen Teller dabei, dann geht das. Der Art Director des Magazins Paradis hatte ihn dazu überredet. Und so kam es dann: Ich arbeite seit zwölf Jahren mit Charlotte und bin sehr eng befreundet mit ihr. In den letzten zwei Jahren habe ich mit ihr über Nacktaufnahmen geredet. Wer wolle denn so etwas sehen, fragte sie. "Ich sage dir einen Grund", habe ich geantwortet: "I wanna have a look at it!" (lacht) "Ich will dich nackt sehen!" Und es war ein tolles Abenteuer, das von sechs bis zwölf Uhr abends dauerte, der Louvre war völlig leer. Bei so etwas bin ich dann selber wie ein kleines Kind: erstaunt.

Ja, wir staunen natürlich auch. Und fragen uns: muss es sein? Als sie sich vor vierzig Jahren für den Playboy photographieren ließ, das war das ➱Swinging London, in dem sie ihren ersten Erfolge hatte, noch nah. Bevor sie eine richtige Schauspielerin wurde, war sie eine von vielen hübschen jungen Frauen, die sich für den Playboy (und andere Hochglanzmagazine) nackig machten. Sie hatte von Anfang an die angesagten Photographen um sich, sodass der Schirmer-Mosel Verlag schon 1986 einen Photoband Charlotte Rampling With Compliments herausbringen konnte. Mit einem Vorwort von Dirk Bogarde, der hier den Begriff The Look prägte. Der auf ein Gespräch mit ➱Visconti zurückging:  "Die Rampling? Warum denn die?", war meine taktlose Frage. Visconti formte Daumen und Zeigefinger beider Hände zu einem Rechteck, rahmte damit seine Augenpartie und sagte: "Das ist der Grund: der Blick." Und natürlich hatte er, wie immer, recht.

Das Buch kostet heute richtiges Geld. Ich habe vor Jahren, als das Buch für eine Mark verramscht wurde, ein halbes Dutzend gekauft und habe sie über die Jahre peu à peu verschenkt. Der Photoband von Jürgen Teller, in dem Charlotte Rampling nackt im Louvre zu sehen ist, heißt Louis XV und kostet auch richtiges Geld. Weil dies ja Kunst ist. Ich weiß immer noch nicht so recht, weshalb Schmuddelphotographen wie Helmut Newton und Jürgen Teller vom Feuilleton zu großen Künstlern stilisiert werden. Und wohlgemerkt: vom Feuilleton der Hochglanzmagazine und der quality papers, nicht vom Feuilleton der St Pauli Nachrichten.

Wenn Jürgen Teller in Helmut Newton oder Roy Stuart Manier Charlotte Rampling nachts nackt im Louvre in Paris photographiert, dann ist das Kunst. Wenn Kurt Kowallik (den brauchen Sie jetzt nicht zu gugeln, den habe ich eben erfunden) die Pornodarstellerin und Dschungelkönigin Melanie Müller nachts nackt im Aldi in Erkenschwick photographiert, dann ist das Erregung öffentlichen Ärgernisses. Paragraph 183a des Strafgesetzbuchs. Das sind die feinen Unterschiede, oder la distinction, wie der Franzose sagen würde. Also kommen sie jetzt bitte nicht auf die Idee, dieses Photo vom Künstler in den Armen seiner Muse für Pornochic zu halten. Das ist Kunst.

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