Sie lag gerne nackt in der Sonne, sang in Auto und Dusche und rauchte Zigaretten. So haben die Leser die schöne Buchhändlerin in dem Post ⇼Sommerurlaub kennengelernt. Sie sei eine Zicke, sagte Gabi und Sabine schrieb mir: super Geschichte! Habe ich mit Vergnügen gelesen. Lass die Frau unbedingt am Leben (auch wenn sie mir als Gegenüber wohl etwas zu kapriziös wäre). Für einen amerikanischen Leser, einen emeritierten Germanistikprofessor, war es eine sehr schöne und skurrile Geschichte. Viele Leser wünschten sich, die schöne Buchhändlerin in einem anderen Liebesabenteuer wiederzusehen.
Und da hatte ich ein kleines Problem: dies war die erste Kurzgeschichte, die ich schrieb, ich hatte keine Erfahrungen damit. In der ersten Klasse des Gymnasiums schrieb ich in einer einstündigen Klausur einen Roman, ein ganzes Schulheft lang. Mit achtzehn schrieb ich Gedichte. Als ich von der Bundeswehr kam, schrieb ich einen Roman, der den Titel manoeuvre hatte. Eine Geschichte von einem jungen Offizier und einer blonden schwedischen Schönheit. Begann in Kopenhagen und schwenkte dann auf den Truppenübungsplatz Munster. Wurde nach zwölf Seiten (handschriftlich) aufgegeben. Grauenhafter melodramatischer Kitsch.
Ich bin gut mit kleinen autobiographischen Skizzen, weil ich dieses phänomenale Gedächtnis geerbt habe. Da schreibe ich die Erinnerung nieder und poliere das Ganze dann etwas literarisch auf. Aber eine Geschichte ganz neu erfinden, das fällt mir schwer. Viele Leser hielten Sommerurlaub für autobiographisch. War es nicht. Eine Freundin hatte mir mal vor fünfzig Jahren erzählt, dass sie ihren Urlaub mit ihrer Tochter in Hendaye verbracht hatte. Den Namen fand ich hübsch, aber ich wußte nicht, wo das war. Lyon kam deshalb in die Geschichte, weil da ein entfernter Verwandter, den ich nie kennengelernt habe, begraben liegt. Mehr an Autobiographischem gab es nicht. Ich schrieb langsam, sehr langsam. Nicht mehr als vier, fünf Sätze am Tag. Ein Leser schrieb mir, das Ganze wirke wie mit leichter Hand hingetupft. Das war es nicht, es war ein zähes Ringen um Wörter.
In dem Post Fortsetzung? hatte ich über meine Kunstfigur gesagt: Ich weiß im Augenblick noch nicht, was aus ihr wird. Sie bleibt vorerst in ihrer Buchhandlung. Sie kann da Geschäftsführerin werden, vielleicht sogar eines Tages die Buchhandlung übernehmen. Ihr R4 muss in die Werkstatt. Der Besitzer ist sehr nett und hat Humor. Soll sie mit ihm flirten, damit die Reparatur billiger wird? Oder wird aus dem Flirt vielleicht noch mehr? Wir lassen die schöne Buchhändlerin erst einmal unter der Dusche L'amour est un oiseau rebelle Que nul ne peut apprivoiser singen. Falls es mit dem Besitzer der Renault Werkstatt und ihr noch etwas wird, werden Sie das hier erfahren.
Das habe ich jetzt wahrgemacht. In einem Post mit dem Titel ⇼Rendezvous (der nichts mit der spektakulären Autofahrt von Claude Lelouch durch Paris zu tun hat) wird sie in den nächsten Tagen wieder auftauchen und sich mit dem Renault Händler verabreden. Die Geschichte ist völlig unspektakulär, es werden keine Kofferradios aus dem Autofenster geworfen. Es gibt auch keinen Sex. Oder vielleicht doch.
Und die nächste Geschichte wird ⇼Autorenlesung heißen, das weiß ich schon.
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