Sonntag, 18. August 2019

Barett


Was Prince Charles hier auf dem Kopf hat, das kann er gerne tragen. Er besucht gerade ein Regiment der Fallschirmjäger, dessen Ehrenoberst er ist. Und die englischen Fallschirmjäger tragen nun mal dieses weinrote Barett. Sie haben es noch nicht so lange. Also nicht so lange, wie die 11. Husaren ihre roten Hosen haben. Die Mützen tauchen erst 1942 bei der British 1st Airborne Division auf, deren Kommandeur der General Frederick "Boy" Browning ist. Seine Gattin soll sich die weinrote Farbe der Mützen, die der Farbe der Automobile des königlichen Fuhrparks ähnelt, gewünscht haben.

General Browning (hier mit dem polnischen General Stanisław Sosabowski) hat nicht immer das rote Barett getragen, zu einer Ausgehuniform gehört nun mal eine Schirmmütze. So elegant Browning daherkommt, so unfähig ist er. Wenn einer das Fiasko des Unternehmens Market Garden, das für die Allierten in Arnheim endet, zu verantworten hat, dann ist er es. Seine Generalskollegen, vor allem die amerikanischen (James M. Gavin, der der erste Stadtkommandant von Berlin wird, äußert sich vernichtend über ihn), arbeiten ungern mit ihm zusammen und halten ihn für völlig unfähig.

Browning wird nach dem Desaster von Arnheim den General Sosabowski als Sündenbock ausmachen, was erstens wahrheitswidrig ist und zweiten völlig ungentlemanlike ist. Wenn man ihn in England offiziell nicht kritisiert, bekommt Browning doch nie wieder ein Truppenkommando, obwohl er die elegantesten Uniformen von allen englischen Generälen hat. Die er sich zum Teil selbst entwirft. Wenn Generäle sich erst ihre eigenen Uniformen entwerfen, ist das zwar gut für die Schneider der Savile Row, aber zweifelhaft für das Militär. George Patton hat das auch getan.

Die beiden Bilder hier hat die Witwe von General Browning nicht gern gesehen, sie zeigen Dirk Bogarde, der in dem Film A Bridge too Far den General Browning spielt. Bevor der Film in die Londoner Kinos kommt, versucht sie mit allen Mitteln zu verhindern, dass der Film gezeigt wird. Die Witwe heißt Daphne du Maurier und ist eine weltbekannte Autorin von spannenden Geschichten. Hitchcock hat Jamaica Inn und Rebecca verfilmt, und auch The Birds basiert auf einer Erzählung von du Maurier. Ebenso Nicolas Roegs Film Don't Look Now.

Lady Daphne hat sehr gute Beziehungen zum englischen Königshaus, aber es hilft alles nichts, der Film kommt in die Kinos. Wogegen sie sich wendet, ist die Darstellung ihres Gatten durch Dirk Bogarde, der den General sehr elegant, ein wenig effeminiert und militärisch vollständig hilflos angelegt hat. Lady Daphne ist jetzt um den guten Ruf ihres verstorbenen Gatten bedacht. Das ist eigentlich erstaunlich, denn nach dem Krieg hat Browning nur noch gesoffen (weshalb er auch seine Ehrenposten im Buckingham Palast verloren hatte) und sie mit anderen Frauen betrogen. Aber die weinroten Mützen, die sich Daphne du Maurier ausgedacht hat, die sind immer geblieben.

Die militärischen Baskenmützen landen irgendwann auch bei der Bundeswehr. Zu meiner Dienstzeit glücklicherweise nicht, da trugen Offiziere wie auf diesem Bild eine Schirmmütze oder ein Schiffchen. Aber ab 1971 findet man das Barett bei den Panzertruppen und den Fallschirmjägern. Die Panzertruppe bekommt schwarze Baretts, so etwas hatten sie bei der Wehrmacht auch schon. Die Fallschirmjäger bekommen das Barett in der Farbe, die auch das Regiment von Prince Charles trägt. So weit, so gut, aber am Ende des Jahrzehnts musste die ganze Bundeswehr Barette tragen. Das sind eine Menge Mützen, die da angeschafft werden, denn die Bundeswehr hat noch eine Stärke von 480.000 Soldaten.

Ich finde es ja eine alberne Kopfbedeckung. Zum Kampfanzug im Manöver in Munster oder Sennelager meinetwegen, aber wenn der Generalinspekteur der Bundeswehr zum Ausgehanzug diese seltsame Wollmütze trägt, dann sieht das schon komisch aus. Der General steht hier neben der ehemaligen und der neuen Verteidigungsministerin. Er ist der einzige General, der da vorne steht, die Generalität glänzt beim großen Großen Zapfenstreich für Ursula von der Leyen durch Abwesenheit. Das war wohl eine politische Botschaft an die ungeliebte Ministerin. Die Marine schickte zwei Kapitäne zur See, keinen Admiral. Dabei haben wir doch genug von denen. Die Marineoffiziere fielen auf, weil sie die schönen goldbetreßten Schirmmützen trugen: die Bundesmarine hat den ganzen Barettunsinn nicht mitgemacht.

Es war sozusagen ein Zapfenstreich light, den das deutsche Fernsehen als Sondersendung übertrug. Das Fehlen hoher Offiziere, dafür aber durch die Bank schlechtsitzende Uniformen und ein grauenhaft dudelndes Musikkorps. Nach seinem eigenen Selbstverständnis ist das Musikkorps ganz großartig: Das Musikkorps der Bundeswehr ist eine Musikeinheit mit herausgehobenem Auftrag. Der Klangkörper führt repräsentative Konzertveranstaltungen im In- und Ausland auf höchstem musikalischen Niveau durch. Gleichzeitig gestaltet das Musikkorps der Bundeswehr gemeinsam mit dem Wachbataillon beim Bundesministerium der Verteidigung den Protokollarischen Ehrendienst im Westen Deutschlands und vertretungsweise in der Bundeshauptstadt. Das lassen wir lieber unkommentiert.

Die Engländer, denen wir die Barette verdanken, haben viel bessere Militärmusik. Das fängt schon mit der Homepage der Corps of Army Music an. Ich habe heute für Sie etwas Witziges zum Schluss; einen militärischen Flashmob. Videos mit musikalischen Flashmobs gibt es ja en masse bei YouTube (das hier ist mein Lieblingsvideo), aber ein militärischer Flashmob, das ist neu. Klicken Sie mal hier.


Lesen Sie auch: Uniformen, Großer Zapfenstreich

2 Kommentare:

  1. But of course his wife would defend him; they were of a generation for whom loyalty was paramount.
    It is also the case that events cast a long shadow...particularly the case with regard to WW2. In my view, the UK did not escape from the shadow until the late 1980s.
    Incidentally...great blog!

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  2. Plötzlich im BGS - plötzlich ein Barett. Und die Feststellung: Ich habe kein Barett-Gesicht. Gefiel mir überhaupt nicht, dieses Teil.

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