Sonntag, 31. Juli 2016
You’ll get more with Gore
Mit dem Slogan You'll get more with Gore hat sich Gore Vidal 1960 als Kandidat der Demokraten für das Repräsentantenhaus beworben. Er kam aus einer Politikerfamilie, er wusste, wie Politik in Amerika funktioniert. Er hat viel darüber geschrieben. Einen Sitz im Parlament hat er nie bekommen. Er war auf einer vornehmen Privatschule, Harvard, Princeton und Yale standen ihm offen. Er ging zu keiner Ivy League Universität, er ging freiwillig zu Armee. What was the point of going into another institution when I had already written my first novel? sagte er 1947 einem Reporter. Universitäten waren ihm zeitlebens ein Dorn im Auge, aber dennoch hinterließ er sein Vermögen von 37 Millionen Dollar der Harvard Universität. Er war ein Mann der Widersprüche.
Ich hätte ihn in dem Post ➱Parteitag erwähnen können, denn er hat das Drehbuch für einen Film geschrieben, der von einem Parteitag handelt. Es ist The Best Man (Der Kandidat), zwei Jahre nach The Manchurian Candidate in den Kinos. Diesmal ohne kommunistische Verschwörung, aber, was politische Ranküne betrifft, mindestens ebenso böse. Henry Fonda (Adlai Stevenson?), seit den dreißiger Jahren die Verkörperung des guten Amerikaners, möchte Präsident werden, wird es aber nicht. Ein anderer Schauspieler bekam die Rolle gar nicht erst, weil ein Offizieller des Studios befand: Reagan doesn't have that presidential look.
Fondas Gegenspieler ist Cliff Robertson (Richard Nixon?), ein Schauspieler, der hierzulande nicht so bekannt geworden ist. Aber John F. Kennedy wählte ihn persönlich aus, damit er den jungen Leutnant Kennedy in dem Film PT 109 (1963) spielte (lesen Sie mehr in dem Post ➱Schnellboote); und ich fand seinen ➱Spätwestern J.W Coop sehr interessant. Gore Vidals The Best Man war ursprünglich ein Theaterstück, das im Wahljahr 1960 auf die Bühne gekommen war. Es ist immer noch auf der Bühne, auch wenn die Parteitage heute ganz anders aussehen als 1960. Auch Angela Lansbury, die böse Mrs Iselin aus The Manchurian Candidate, war vor Jahren in dem Theaterstück zu sehen.
Gore Vidal ist heute vor vier Jahren gestorben, ich habe ihm damals einen schönen kleinen Nachruf geschrieben. Der leider nicht zu den Bestsellern unter meinen Posts gehört, vielleicht klicken Sie ihn mal an. Noch weniger Leser als ➱Gore Vidal hat der Post ➱Wahlnacht gefunden, in dem Gore auch erwähnt wird. Für diese Posts gilt der Satz You'll get more with Gore leider nicht. Aber vielleicht wird das ja heute besser, wo mich so viele lesen wie nie zuvor. Einen schönen Satz von Vidal habe ich auch noch zum Schluss: I complain about the United States not being Athens. I certainly say we are a very good Roman republic, and the lies are based upon the most advanced techniques of advertising, which is the only art form my country has ever created—the television commercial—and we sell soap and presidents in the same fashion. Once a country is habituated to liars, it takes generations to bring the truth back.
Er sagt das in dem Interview, das Sie ➱hier sehen können. Es lohnt sich, sich seine Interviews anzuschauen. Er ist ein Mann der Widersprüche, und im Alter hat er viel Unsinn erzählt. Aber nicht so viel Unsinn wie ➱Donald Trump an einem einzigen Tag. Die politische Klasse Amerikas wäre besser dran, wenn sie mehr Vidals und weniger Trumps hätte.
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