Freitag, 28. September 2018

eifohn


Ich besitze zum ersten Mal in meinem Leben ein Mobiltelephon. Brauche ich nicht wirklich, möchte ich auch nur für Notfälle haben, falls Vodafone mal wieder spinnt. Kam letztens häufiger vor. Ich wollte irgendetwas Preiswertes haben, etwas, mit dem man nur telephonieren kann. Ich fragte Matthias, der mir damals meine Vodafone Easy Box eingerichtet hatte. Er empfahl mir, bei ebay ein altes Nokia zu kaufen. Die waren ja mal Marktführer, heute wird der Markt von anderen beherrscht. Volker bot mir sein altes Nokia an, musste aber feststellen, das das schon richtig tot war. Ich erkundigte mich bei Omnicron, wo ich meinen großen Bildschirm gekauft habe und alle zwei Jahre eine neue Maus kaufe, nach einfachen Telephonen. Erfuhr, dass es Rentnertelephone gab. Große Tasten, nur telephonieren, sonst nix. Das wäre eine Möglichkeit.

Aber dann bekam ich von einer ehemaligen Nachbarin den Namen von Arne Herbst, der einen Service für alle Apfelsorten anbietet. Sie hatte bei ihm preisgünstig ein gebrauchtes IPhone gekauft und war sehr damit zufrieden. Der Service für alle Apfelsorten ist bei mir um die Ecke, ich rief da an und erkundigte mich nach dem billigsten Iphone. Wenn schon, denn schon. Warum nicht gleich ein Statussymbol? Dieser Arne Herbst ist riesig nett und brachte mir wenige Tage später ein schmales schwarzes Apple Produkt ins Haus, ein Jahr Garantie. Mit Sim Card und Vertrag. Ein Billigvertrag: 100 Minuten im Monat für zwei Euro. Mehr brauche nicht. Die schwarze Schönheit erwies sich kapazitätsmässig als etwa schwach auf der Brust, Arne Herbst brachte mir ein anderes, ein verbessertes Modell.

Mit dem kam ich gut zurecht, ein Kapazitätswunder ist das Ding aber auch nicht. Herr Herbst kommt nächste Woche vorbei und guckt sich das mal an. Tauscht den Akku aus oder so etwas. Service wird bei ihm groß geschrieben. Ich wäre wahrscheinlich mit einem alten Nokia oder einem Rentnertelephon auch glücklich gewesen, aber jetzt habe ich dieses kleine schwarze Teil, das nach Statistiken das Auto als Statussymbol längst überholt hat. Es ist ja eigentlich kein Telephon, es ist ein Computer, mit dem man zufälligerweise auch telephonieren kann. Und das seine Besitzer abhängig macht, dass sie nichts mehr von der wirklichen Welt sehen, sondern immer auf das Display glotzen müssen. Und wischen und tippen, wischen und tippen.

Mehrere Stunden am Tag verbringt ein Smartphone Nutzer vor seinem Handy. Man hat für die neue Gattung Mensch schon ein neues Wort erfunden: Smombies. Das ist ein sogenanntes Portmanteau Wort (so wie Wort Brexit, das aus Britain und Exit zusammengesetzt wird.) Das Sm kommt vom Smartphone, das ombies von den Zombies. Das ist es, dahin wird die Menschheit kommen, Smartphone Zombies.

Das Telephon kann süchtig machen: Please, God, let him telephone me now. Dear God, let him call me now. I won't ask anything else of You, truly I won't. It isn't very much to ask. It would be so little to You, God, such a little, little thing. Only let him telephone now. Please, God. Please, please, please. Das ist der Anfang von Dorothy Parkers klassischer Geschichte A Telephone Call. Ich habe die deshalb zitiert, damit dieser Post auf ein etwas höheres Niveau kommt. Literatur und Telephone wären auch ein schönes Thema. In Japan hat man schon den Telephonromane erfunden, dem Unsinn sind keine Grenzen gesetzt.

Natürlich kann man auch positive Dinge über Telephone sagen, ich hätte da zum Schluß eine kleine lyrische Lobeshymne auf das Telephon von Edward Field:

My happiness depends on an electric appliance
And I do not mind giving it so much credit
With life in this city being what it is
Each person separated from friends
By a tangle of subways and buses
Yes my telephone is my joy
It tells me that I am in the world and wanted
It rings and I am alerted to love or gossip
I go comb my hair which begins to sparkle
Without it I was like a bear in a cave
Drowsing through a shadowy winter
It rings and spring has come
I stretch and amble out into the sunshine
Hungry again as I pick up the receiver
For the human voice and the good news of friends

1 Kommentar:

  1. Dieser Beitrag ist ja schon etwas älter, aber, das sind wir ja alle. Auch David Hockney, der ja mit dem iPhone gezeichnet hat (später dann mit dem iPad). Hockney wird folgendes nachgesagt: “People from the village come up and tease me: ‘We hear you’ve started drawing on your telephone’” [...] “And I tell them, ‘Well, no, actually, it’s just that occasionally I speak on my sketch pad.’”

    AntwortenLöschen