Montag, 13. April 2020

Ständchen


Er hat seine große Zeit gehabt, der Schriftststeller Ludwig Rellstab, der am 13. April 1799 geboren wurde, heute liest ihn wohl niemand mehr. Bestimmt nicht den Schinken 1812: Ein historischer Roman. Aber manche von seinen Gedichten haben überlebt, besonders die, die Franz Schubert vertont hat. Sieben dieser Gedichte finden sich in der Sammlung Schwanengesang, ein Titel, der nicht von Schubert ist, den hat sich der Verleger nach dem Tod von Schubert ausgedacht. Rellstabs Gedichte stehen da neben sechs Gedichten von Heinrich Heine, inhaltlich passt das alles nicht zusammen. Aber es ist ein Schwanengesang, weil es das letzte war, das der Komponist geschrieben hat. Das berühmteste Gedicht von Rellstab ist sicher das Ständchen:

Leise flehen meine Lieder
Durch die Nacht zu Dir;
In den stillen Hain hernieder,
Liebchen, komm’ zu mir!

Flüsternd schlanke Wipfel rauschen
In des Mondes Licht;
Des Verräters feindlich Lauschen
Fürchte, Holde, nicht.

Hörst die Nachtigallen schlagen?
Ach! sie flehen Dich,
Mit der Töne süssen Klagen
Flehen sie für mich.

Sie verstehn des Busens Sehnen,
Kennen Liebesschmerz,
Rühren mit den Silbertönen
Jedes weiche Herz.

Lass auch Dir die Brust bewegen,
Liebchen, höre mich!
Bebend harr’ ich Dir entgegen!
Komm’, beglücke mich!

Ein Sänger in der Nacht, der ein Ständchen darbringt, so wie das Don Giovanni in Mozarts Oper mit Feinsliebchen, komm ans Fenster; erhör mein Flehen! tut. Solche Ständchen scheinen in Rellstabs Zeit Konjunktur zu haben. Ich hätte da noch ein Ständchen von Rellstabs Zeitgenossen August von Kotzebue:

Komm Feinsliebchen komm ans Fenster
alles still und stumm
nur Verliebte und Gespenster
wandeln noch herum

Dein getreuer Knabe harret
komm in seinen Arm
Seine Finger sind erstarret
doch sein Herz ist warm

Zwar die Sternlein sich verdunkeln
Luna leuchtet nicht
doch wo Liebchens Augen funkeln
da ist helles Licht

Drum Feinsliebchen komm ans Fenster
alles still und stumm
nur Verliebte und Gespenster
wandeln noch herum


Große Lyrik ist das sicher nicht, aber Rellstab gewinnt durch die Vertonung. Das Ständchen gibt es in unzähligen Versionen. Rudolf Schock kann ich nicht unbedingt empfehlen, aber die Aufnahme von Hans Hotter finde ich sehr schön. Er hat auch mit Gerald Moore einen wunderbaren Begleiter. Den hätte man auch Fritz Wunderlich gewünscht, der wieder Hubert Giesen an seiner Seite hat, und den finde ich immer fürchterlich. Die Aufnahme, die mir am besten gefällt, ist die von Julian Prégardien, der hier mit Nacht und Träume schon einen Post hat. Keine Klavierbegleitung, stattdessen Flöte, Gitarre und Baryton, das zu Schuberts Zeit ein beliebtes Streichinstrument war.

Einen Film, der den ersten Vers von Rellstabs Ständchen als Titel hat, kann ich auch noch anbieten.

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