Sonntag, 14. April 2024

Mayence


Am 14. April 1793 hat die Belagerung von Mainz durch die Armee der Ersten Koalition begonnen. Die Koalitionstruppen waren in der Überzahl, am 23. Juli mussten sich die Franzosen ergeben. Sie durften mit ihren Waffen und Ehrenzeichen die Festung verlassen, mussten sich aber verpflichten, in den nächsten zwölf Monaten nicht gegen die Koalitionsarmee zu kämpfen. Der General Jean-Baptiste Kléber führt sie nach Paris zurück, wo sie auf den Straßen als die Feiglinge von Mainz (les lâches de Mayence) verhöhnt werden. Kléber hat Napoleon nicht so richtig gemocht. Da geht er hin, der kleine Schurke. Er reicht mir nicht mal bis zu den Stiefelstulpen, soll er gesagt haben, als sich Napoleon nach der Niederlage von St. Jean d'Acre (dem heutigen Akkon) davonmachte.

Als die Belagerer kommen, ist der Weltumsegler Georg Forster (im Bild oben von Tischbein gemalt), der im Jahr zuvor mit dem Mainzer Jakobinerklub die Mainzer Republik gegründet hatte, nicht mehr in Mainz. Er ist jetzt als Abgeordneter des Nationalkonvents in Paris und soll die Angliederung der Mainzer Republik an Frankreich im Nationalkonvent beantragen. Der Antrag wird angenommen, ist aber durch die Eroberung von Mainz im nächsten Jahr nicht mehr das Papier wert, auf dem er steht. Forster kann nicht mehr nach Mainz zurück, er war als Vaterlandsverräter der Reichsacht verfallen. Völlig mittellos verstirbt er mit vierzig Jahren in der Dachkammer des Maison des Patriotes Hollandais in der Rue des Moulins in Paris. Er braucht die Schreckensherrschaft nicht mehr zu erleben. In seinem letzten Brief an seine Frau schreibt er: Die Revolution ist ein Orkan, wer kann ihn hemmen? Ein Mensch, durch sie in Tätigkeit gesetzt, kann Dinge tun, die man in der Nachwelt nicht vor Entsetzlichkeit begreift. Aber der Gesichtspunkt der Gerechtigkeit ist hier für Sterbliche zu hoch. Was geschieht, muß geschehen. Ist der Sturm vorbei, so mögen sich die Überlebenden erholen und der Stille freuen, die darauf folgt.

Mein Gedicht heute ist die Grabschrift auf Georg Forster von Friederike Brun, die in Sophienholm einen Salon unterhielt und die man die Madame de Staël des Nordens genannt hat.

Weltumseegler! du suchtest auf pfadlosem Ozean Zonen,
Wo die Unschuld der Ruh’ böte vertraulich die Hand!
Edler Forscher, was fandest du dort? Die Kinder der Erde
All’ an Schwachheit sich gleich, alle dem Tode geweiht.
Sohn der Freiheit! du öffnetest ihr die männliche Seele,
Ihr, die vom Himmel herab sandte der Vater zum Heil.
Ach! es wandte die Göttinn sich schnell von der blutigen Erde;
Forster! du schwebtest mit ihr hin, wo dein Glaube sich lohnt.

Die Mainzer Republik, das erste demokratische Staatswesen auf deutschem Boden, hatte ein kurzes Leben. Sie wird in diesem Blog schon in den Posts Georg ForsterMainz und Johann Adam Ackermann erwähnt. Der letzte Post hat den Mainzer Landschaftsmaler Ackermann zum Thema, der in Paris bei Jacques-Louis David studiert hat. Vielen tausend Lesern hat dieser Post gefallen. Das gefällt mir auch. 

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