Mittwoch, 24. April 2024

Min Modersprak


Der Dichter Klaus Groth war von Anfang an in diesem Blog. Er gehörte gewissermaßen zu meinem Heimatort, weil er in den Sommermonaten häufig in unserer Straße wohnte. Seine Schwiegereltern hatten dort eine Villa. Es ist auch viel Plattdeutsch in meinem Blog. Mein Opa sprach das Platt aus dem Osnabrücker Land, mein Vater sprach das Platt der Gegend, aus der Klaus Groth kam. Ich bin noch mit der Sprache aufgewachsen, und in weit über fünfzig Posts kommt das Plattdeutsche vor. Wenn das bisher an Ihnen vorbeigelaufen sein sollte, dann empfehle ich Ihnen die Lektüre des Posts Mandalay, in dem sich eine wunderbare plattdeutsche Übersetzung von Kiplings berühmten Gedicht findet. So sehr ich das Plattdeutsche mag, es ist nicht meine Muttersprache. Aber es war die Muttersprache von Klaus Groth, und der soll er heute an seinem Geburtstag mal wieder in den Blog kommen. Mit seinem Gedicht Min Modersprak:

Min Modersprak, wa klingst du schön!
Wa büst du mi vertrut!
Weer ok min Hart as Stahl un Steen,
du drevst den Stolt herut.

Du bögst min stiwe Nack so licht
as Moder mit ern Arm,
du fichelst mi umt Angesicht –
un still is alle Larm.

Ik föhl mi as en lüttjet Kind,
de ganze Welt is weg.
Du pust mi as en Vaerjahrswind
de kranke Boss torecht.

Min Obbe folt mi noch de Hann'
un seggt to mi: »Nu be!«
Un »Vaderunser« fang ik an,
as ik wul fröher de.

Un föhl so deep: dat ward verstan,
so sprickt dat Hart sik ut.
Un Rau vunn Himmel weiht mi an,
un allns is wedder gut!

Min Modersprak, so slicht un recht,
du ole frame Red!
Wenn blot en Mund »min Vader« seggt,
so klingt mi't as en Bed.

So herrli klingt mi keen Musik
un singt keen Nachdigal;
mi lopt je glik in Ogenblick
de hellen Thran hendal.

Ich suchte bei YouTube jemanden, der das Gedicht vorträgt, fand aber nur Leute, die das Gedicht sangen. Das ist erstaunlich. Hören Sie doch hier einmal hinein. Gibt es sogar als Chor, irgendwie ist das ziemlich komisch. Natürlich gibt es Lieder von Groth, zum Beispiel, die, die Johannes Brahms vertont hat, Aber Min Modersprak ist vom Dichter bestimmt nicht für einen gemischten Chor bestimmt gewesen. Und da ich bei Chören bin, möchte ich noch anmerken, dass die Geschichte Chorprobe, die ich am 7. März erwähnte, endlich fertig geworden ist. Die schöne Buchhändlerin wird hier irgendwann im Mai stehen.

Das Gedicht Min Modersprak findet sich in Klaus Groth: Quickborn: Volksleben in plattdeutschen Gedichten ditmarscher Mundart; mit einer wortgetreuen Übersetzung und einem Vorwort für hochdeutsche Leser. - unter Autorität des Verfassers herausgegebene 5. verm. u. verb. Aufl., 1. mit e. Übers. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1856. Aus dem Titel geht nicht hervor ob die wortgetreue Übersetzung von Klaus Groth stammt. Aber ich habe sie natürlich für Sie:

Meine Muttersprache

Meine Muttersprache, wie klingst du schön!
wie bist du mir vertraut!
Wär´ auch mein Herz aus Stahl und Stein,
du triebst den Stolz heraus.

Du beugst meinen starren Nacken so leicht,
wie Mutter mit ihrem Arm,
du kosest mir ums Angesicht
und still ist aller Lärm.

Ich fühle mich wie ein kleines Kind,
Die ganze Welt ist fort.
Du hauchst mir wie ein Frühlingswind
Die kranke Brust gesund.

Mein Opa faltet mir noch die Hände
Und sagt zu mir: Nun bete!
Und 'Vaterunser' fang ich an
Wie ichs wohl früher tat.

Und fühle tief: Das wird verstanden.
So spricht das Herz sich aus,
Und Ruhe vom Himmel weht mich an,
Und alles ist wieder gut.

O Muttersprache, schlicht und recht,
Du alte sanfte Rede! 
Wenn bloß ein Mund 'min Vader' ! sagt , 
So klingt mir's wie Gebet. 

So herrlich klingt mir keine Musik , 
Singt keine Nachtigall, 
Mir fließen ja sogleich  
Die hellen Tränen nieder.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen