At all times in his career, though more particularly at the last, Napoleon I was a man of letters. He liked to believe that historical studies had given him the first clear vision of his destiny, so beginnt George Libaire seine Einleitung zu Caulaincourts With Napoleon in Russia. Napoleon als man of letters mag auf den ersten Blick etwas erstaunlich er scheinen, aber vor vier Jahren vertrat die Pariser Ausstellung L’Aigle et la Plume genau den gleichen Gedanken. Die Geschichte, dass er sich auf der Schiffsreise nach Ägypten sein Lieblingsbuch ➱Ossian hat vorlesen lassen, mag ja eine kalkulierte Inszenierung gewesen sein. Aber es ist nicht zu leugnen, dass er viel geschrieben und viel gelesen hat. Auf St Helena hatte er ja auch viel Zeit dazu.
Caulaincourts With Napoleon in Russia hat er nicht mehr zu lesen bekommen. Ich weiß auch nicht, ob er mit all dem glücklich gewesen wäre, was nach seinem Tod über ihn geschrieben wurde. Also mal abgesehen von dem Napoleon Verehrer Heinrich Heine und diesem grauenhaften Oberlehrer Dr. ➱Holzhausen. Den englischen Militäthistoriker Sir John Keegan, der vor vierzehn Tagen gestorben ist, hätte er bestimmt nicht gemocht. Denn der hatte 1996, als A.G. Macdonells hervoragendes Buch Napoleon and his Marshals wieder aufgelegt wurde, geschrieben: Even a Napoleon hater, which I am, will love this book. Still after 60 years, a thrilling gallop through the Napoleonic Wars.
John Keegan hatte zu seinen Lebzeiten einen Status, den man nur mit einem Gott im Olymp der Militärhistoriker beschreiben kann. Er verdankt das einem seiner ersten Bücher, das The Face of Battle heißt. Er hat den wirklichen Krieg glücklicherweise nie kennenlernen müssen. Bei Captain Basil Liddell Hart war das anders, der hat als Militärhistoriker Lehren aus dem Ersten Weltkrieg gezogen. An Militärhistorikern haben die Engländer ja nie einen Mangel gehabt. Neuerdings kann man das Fach Military History sogar in Potsdam studieren. Man kann nur hoffen, dass Guido Knopp da nicht unterrichtet. Man sollte aber auch bedenken, dass die Militärgeschichte - wie zwei Verfasser eines Buches über Militärgeschichte unumwunden zugeben - is not the most respected branch of historical inquiry in academic circles.
The Face of Battle: A Study of Agincourt, Waterloo, and the Somme behandelt englische Schlachten die um Jahrhunderte von einander getrennt sind, deren Schlachtfelder aber nahe nebeneinander liegen. The most brilliant evocation of military experience in our time. The book sets out to show what battles have really looked like. The result is utterly authentic, hat C. P. Snow beim Erscheinen des Buches geschrieben. Und ähnlich äußerte sich J.H. Plumb: In this book, which is so creative, so original, one learns as much about the nature of man as of battle... Mr Keegan's description of the frightful conditions at Warerloo is masterly, its realism utterly convincing. Das erste Kapitel ist Old, Unhappy, Far-off Things überschrieben, und wir bekommen als Leser mitgeteilt, dass dies aus Wordsworth' The Solitary Reaper stammt, wo es heißt Will no one tell me what she sings? Perhaps the plaintive numbers flow for old, unhappy, far-off things, and Battles long ago. Und nach diesem etwas gesuchten Bildunsgbeweis beginnt Keegan sein Buch ein wenig überraschend mit:
I have not been in a battle; not near one, nor heard one, nor heard one from afar, nor seen the aftermath. I have questioned people who have been in battle; have walked over battlefields... I have read about battles, have talked about battles, have been lectured about battles and have watched battles in progress, or apparently in progress, on the television screen... But I have never been in a battle. And I grow increasingly convinced that I have very little idea of what a battle can be like... Very, very few Europeans of my generation — I was born in 1934 — have learned at first hand that knowledge of battle which marked the lives of their fathers and grandfathers.
Wenige Militärhistoriker würden ein Ich weiß, dass ich nichts weiß an den Anfang eines Buches stellen. Keegan ist sich bei seiner neuen Sicht ständig bewusst, worüber er schreibt, dies ist nicht mehr die konventionelle Militärgeschichte aus der Sicht der Generäle mit einigen Anekdoten über einfache Soldaten als Beigabe: Historians, traditionally and rightly, are expected to ride their feelings on a tighter rein than the man of letters can allow himself. One school of historians, the compilers of the 'British Official History of the First World War', have achieved the remarkable feat of writing an exhaustive account of one of the world's greatest tragedies without the display of any emotion at all. Der Mensch John Keegan verschwindet nie aus seinem Text, so wie auch Harold Nicolson ständig in seinem Text The Congress of Vienna präsent ist. Keegan gelingt der Spagat zwischen seriöser Geschichte und dem, womit der man of letters seine Leser fasziniert. Denn auch ein Romanautor kann Schlachtfelder lebendig werden lassen, Stendhal beweist das mit Waterloo in der ➱Kartause von Parma, Sigrid Combüchen in ➱Byron. Und Leo Tolstois ➱Krieg und Frieden will ich gar nicht erst erwähnen.
Aber so brillant The Face of Battle ist, es geht leider mit der Qualität der Bücher von John Keegan nicht so weiter. Es wäre jetzt übertrieben mit Gibbon von Decline and Fall zu reden, aber seine Rolle als Militärhistoriker war eines Tages nicht mehr so großartig wie sie angefangen hatte. Nachdem er 1986 die Militärakademie Sandhurst verlassen hatte und als Korrespondent für den Daily Telegraph arbeitete, hat er sich zu einer Vielzahl von Fehlurteilen - die Kriege im Irak und in Afghanistan betreffend - hinreißen lassen. Und das lobende Portrait von Donald Rumsfeld in Vanity Fair hätte er auch besser nicht geschrieben, aber wahrscheinlich gab es viel Geld dafür. Einen Satz wie I will never oppose the Vietnam War. Americans were right to do it. I think they fought it in the wrong way. I don't think it's a war like fighting Hitler, but I think it was a right war, a correct war verstehe ich von einem Mann, der sich als 95-prozentigen Pazifisten bezeichnet hat, überhaupt nicht.
Er hat erstaunlicherweise immer wieder unqualifizierte Bemerkungen über Clausewitz gemacht, die seine Fachkollegen vermuten ließen, dass er dessen ➱Hauptwerk nie gelesen habe. Wenn es auch nicht nach Deutschland gedrungen ist, so hat es doch in den letzten Jahrzehnten immer häufiger Kritik von seinen Fachkollegen an seinen Büchern gegeben. Zu schnell geschrieben, zu fehlerhaft, war der Tenor. Und man muss natürlich sagen, dass es in England eine Vielzahl von Militärhistorikern (manche sogar mit einer Karriere in der Army) gab, deren Bücher denen von Keegan in nichts nachstanden. Ich denke da nur an Sir Michael Howard, Richard Holmes, Geoffrey Parker, David Stone und Anthony Beevor (und wahrscheinlich gibt es noch mehr).
Keegans letztes Buch ist ein Buch über den amerikanischen Bürgerkrieg gewesen. Als Student hatte er ein postgraduate Stipendium für Amerika erhalten, um sich mit dem Civil War zu beschäftigen. Vielleicht wollte er ein halbes Jahrhundert später zeigen, dass das kein rausgeworfenes Geld gewesen war. Es gibt genügend Geschichten des amerikanischen Bürgerkriegs, sie sind fast immer von amerikanischen Autoren geschrieben. Von daher gesehen konnte es nur interessant sein, wenn sich ein europäischer Historiker des Themas annimmt. Aber man muss leider sagen, dass dies Buch einfach nur schlecht ist. Nur ganz selten blitzt in diesem Buch das auf, was The Face of Battle ausgezeichnet hatte.
The American Civil War: A Military History hat in Amerika, wo man von diesem Krieg ja immer noch besessen ist, sehr schlechte Kritiken erhalten. Und es fehlte nicht an Foren, in denen genüsslich ein sachlicher Fehler des Autors nach dem anderen publiziert wurde. Das waren nicht einfache Tippfehler, sondern das waren Sätze wie Lincoln never learnt the importance of visiting armies in the field, from which he might have discovered a great deal, die einfach sachlich falsch waren. Er hat offensichtlich auch (wie manche Generäle) Schwierigkeiten damit, eine Landkarte zu lesen: The Ohio and its big tributaries, the Cumberland and the Tennessee form a line of moats protecting the central Upper South, while the Mississippi, with which they connect, denies the Union any hope of penetration. Ach wirklich? Es gibt sogar einen Wikipedia Artikel zur Mississippi River Campaign. Seiten später behauptet Keegan das genaue Gegenteil über die Flüsse, wenn er über sie sagt: offered points of penetration to the Union into Confederate territory. Wäre dies dies eine Doktorarbeit gewesen, der Kandidat wäre damit durchgefallen (außer er hätte von und zu Guttenberg geheißen). Und ein Satz wie Southern women are a distinctive breed even today, admired for their femininity and outward-going personality ist ein Satz, der geht nun gar nicht. Wenn ein Leser schreibt: The number of errors was so great that I stopped counting at two dozen. I was ready to stop reading but the book became a page turner just looking for the next error, dann beschreibt das ein Erlebnis, das viele Leser hatten.
Keegan’s lifelong study of war and engagement with American history from his earliest years endow his prose with a majesty of judgment….it is hard to see how Keegan’s masterful and thought-provoking book could be beaten, schrieb der pensionierte Brigadier Allan Mallinson in der Londoner Times. Die ➱New York Times war nicht so nett, hier vernichtete Amerikas bester Kenner des Bürgerkriegs James M. McPherson das Buch seines englischen Kollegen. Höflich, aber bestimmt. Keegans amerikanischer Verlag Random House hat aus der Kritik offensichtlich gelernt und hat dann für die Vintage Paperbackausgabe einige der schlimmsten Fehler stillschweigend korrigiert (wie man den Prozess der Emendation so schön nennt). Was mich wirklich wundert ist, dass Shelby Footes dreibändige Geschichte des Civil War (an der Foote sechzehn Jahre gearbeitet hat) überhaupt nicht erwähnt wird. Footes Roman Shiloh natürlich auch nicht. Keegans Literaturliste ist sehr kurz, und ich fürchte beinahe: mehr als er hier nennt, hat er wirklich nicht gelesen. Leider merkt man dem Buch auch an, dass es am Computer entstanden ist, ohne dass es eine kritische Endredaktion gegeben hätte, die Vielzahl der Redundanzen ist ein wenig irritierend. Das ist jetzt das Schicksal vieler Bücher im Computerzeitalter, wo beinahe alle Verlage die Lektoren abgeschafft haben.
Wenn man sich im Thema auskennt und schon alle Geschichtswerke über den Bürgerkrieg gelesen hat, dann kann man auch dieses lesen. Braucht man aber nicht. Wenn man sich aber dem Thema ganz neu nähert, dann sollte man doch zuerst James M. Macpersons Battle Cry of Freedom (das dem Autor den Pulitzer Prize einbrachte) lesen. Oder sich die Fernsehserie von Ken Burns anschauen und das Begleitbuch von Geoffrey Ward und den Brüdern Burns kaufen. Für mich ist, neben der Trilogie von Shelby Foote, auch immer noch der gute alte Bruce Catton (Pulitzer Prize für A Stillness at Appomattox) das Standardwerk, das ich bevorzugen würde.
Keegans Kritiker, und die wurden im Laufe der Jahre immer zahlreicher, haben ihm immer wieder eine völlige politische Naivität vorgeworfen. Aus dem soliden Historiker ist durch den Erfolg von The Face of Battle und später durch seine Tätigkeit als Journalist eine öffentliche Person geworden, die sich zu jeder internationalen Krise äußerte. Vielleicht sonnte er sich auch in dem Gefühl, dass er jetzt einen Guru-Status bekommen hatte, ich weiß es nicht. Aber warum musste er, alt und krank wie er war, The American Civil War schreiben? Geldsorgen? Wollte er es seinen Kritikern noch einmal zeigen? Er schrieb für den Telegraph eine wöchentliche Kolumne, die um sein Leben im ländlichen Wiltshire kreiste, und in der seine Katze Edgar immer eine Rolle spielte. Vielleicht hätte er dabei bleiben sollen.
Da John Keegan im ersten Kapitel von The Face of Battle William Wordsworth bemüht hat, möchte ich auch einige Zeilen aus einem Gedicht zitieren:
Confess: it’s my profession
that alarms you.
This is why few people ask me to dinner,
though Lord knows I don’t go out of my way to be scary.
Caulaincourts With Napoleon in Russia hat er nicht mehr zu lesen bekommen. Ich weiß auch nicht, ob er mit all dem glücklich gewesen wäre, was nach seinem Tod über ihn geschrieben wurde. Also mal abgesehen von dem Napoleon Verehrer Heinrich Heine und diesem grauenhaften Oberlehrer Dr. ➱Holzhausen. Den englischen Militäthistoriker Sir John Keegan, der vor vierzehn Tagen gestorben ist, hätte er bestimmt nicht gemocht. Denn der hatte 1996, als A.G. Macdonells hervoragendes Buch Napoleon and his Marshals wieder aufgelegt wurde, geschrieben: Even a Napoleon hater, which I am, will love this book. Still after 60 years, a thrilling gallop through the Napoleonic Wars.
John Keegan hatte zu seinen Lebzeiten einen Status, den man nur mit einem Gott im Olymp der Militärhistoriker beschreiben kann. Er verdankt das einem seiner ersten Bücher, das The Face of Battle heißt. Er hat den wirklichen Krieg glücklicherweise nie kennenlernen müssen. Bei Captain Basil Liddell Hart war das anders, der hat als Militärhistoriker Lehren aus dem Ersten Weltkrieg gezogen. An Militärhistorikern haben die Engländer ja nie einen Mangel gehabt. Neuerdings kann man das Fach Military History sogar in Potsdam studieren. Man kann nur hoffen, dass Guido Knopp da nicht unterrichtet. Man sollte aber auch bedenken, dass die Militärgeschichte - wie zwei Verfasser eines Buches über Militärgeschichte unumwunden zugeben - is not the most respected branch of historical inquiry in academic circles.
The Face of Battle: A Study of Agincourt, Waterloo, and the Somme behandelt englische Schlachten die um Jahrhunderte von einander getrennt sind, deren Schlachtfelder aber nahe nebeneinander liegen. The most brilliant evocation of military experience in our time. The book sets out to show what battles have really looked like. The result is utterly authentic, hat C. P. Snow beim Erscheinen des Buches geschrieben. Und ähnlich äußerte sich J.H. Plumb: In this book, which is so creative, so original, one learns as much about the nature of man as of battle... Mr Keegan's description of the frightful conditions at Warerloo is masterly, its realism utterly convincing. Das erste Kapitel ist Old, Unhappy, Far-off Things überschrieben, und wir bekommen als Leser mitgeteilt, dass dies aus Wordsworth' The Solitary Reaper stammt, wo es heißt Will no one tell me what she sings? Perhaps the plaintive numbers flow for old, unhappy, far-off things, and Battles long ago. Und nach diesem etwas gesuchten Bildunsgbeweis beginnt Keegan sein Buch ein wenig überraschend mit:
I have not been in a battle; not near one, nor heard one, nor heard one from afar, nor seen the aftermath. I have questioned people who have been in battle; have walked over battlefields... I have read about battles, have talked about battles, have been lectured about battles and have watched battles in progress, or apparently in progress, on the television screen... But I have never been in a battle. And I grow increasingly convinced that I have very little idea of what a battle can be like... Very, very few Europeans of my generation — I was born in 1934 — have learned at first hand that knowledge of battle which marked the lives of their fathers and grandfathers.
Wenige Militärhistoriker würden ein Ich weiß, dass ich nichts weiß an den Anfang eines Buches stellen. Keegan ist sich bei seiner neuen Sicht ständig bewusst, worüber er schreibt, dies ist nicht mehr die konventionelle Militärgeschichte aus der Sicht der Generäle mit einigen Anekdoten über einfache Soldaten als Beigabe: Historians, traditionally and rightly, are expected to ride their feelings on a tighter rein than the man of letters can allow himself. One school of historians, the compilers of the 'British Official History of the First World War', have achieved the remarkable feat of writing an exhaustive account of one of the world's greatest tragedies without the display of any emotion at all. Der Mensch John Keegan verschwindet nie aus seinem Text, so wie auch Harold Nicolson ständig in seinem Text The Congress of Vienna präsent ist. Keegan gelingt der Spagat zwischen seriöser Geschichte und dem, womit der man of letters seine Leser fasziniert. Denn auch ein Romanautor kann Schlachtfelder lebendig werden lassen, Stendhal beweist das mit Waterloo in der ➱Kartause von Parma, Sigrid Combüchen in ➱Byron. Und Leo Tolstois ➱Krieg und Frieden will ich gar nicht erst erwähnen.
Aber so brillant The Face of Battle ist, es geht leider mit der Qualität der Bücher von John Keegan nicht so weiter. Es wäre jetzt übertrieben mit Gibbon von Decline and Fall zu reden, aber seine Rolle als Militärhistoriker war eines Tages nicht mehr so großartig wie sie angefangen hatte. Nachdem er 1986 die Militärakademie Sandhurst verlassen hatte und als Korrespondent für den Daily Telegraph arbeitete, hat er sich zu einer Vielzahl von Fehlurteilen - die Kriege im Irak und in Afghanistan betreffend - hinreißen lassen. Und das lobende Portrait von Donald Rumsfeld in Vanity Fair hätte er auch besser nicht geschrieben, aber wahrscheinlich gab es viel Geld dafür. Einen Satz wie I will never oppose the Vietnam War. Americans were right to do it. I think they fought it in the wrong way. I don't think it's a war like fighting Hitler, but I think it was a right war, a correct war verstehe ich von einem Mann, der sich als 95-prozentigen Pazifisten bezeichnet hat, überhaupt nicht.
Er hat erstaunlicherweise immer wieder unqualifizierte Bemerkungen über Clausewitz gemacht, die seine Fachkollegen vermuten ließen, dass er dessen ➱Hauptwerk nie gelesen habe. Wenn es auch nicht nach Deutschland gedrungen ist, so hat es doch in den letzten Jahrzehnten immer häufiger Kritik von seinen Fachkollegen an seinen Büchern gegeben. Zu schnell geschrieben, zu fehlerhaft, war der Tenor. Und man muss natürlich sagen, dass es in England eine Vielzahl von Militärhistorikern (manche sogar mit einer Karriere in der Army) gab, deren Bücher denen von Keegan in nichts nachstanden. Ich denke da nur an Sir Michael Howard, Richard Holmes, Geoffrey Parker, David Stone und Anthony Beevor (und wahrscheinlich gibt es noch mehr).
Keegans letztes Buch ist ein Buch über den amerikanischen Bürgerkrieg gewesen. Als Student hatte er ein postgraduate Stipendium für Amerika erhalten, um sich mit dem Civil War zu beschäftigen. Vielleicht wollte er ein halbes Jahrhundert später zeigen, dass das kein rausgeworfenes Geld gewesen war. Es gibt genügend Geschichten des amerikanischen Bürgerkriegs, sie sind fast immer von amerikanischen Autoren geschrieben. Von daher gesehen konnte es nur interessant sein, wenn sich ein europäischer Historiker des Themas annimmt. Aber man muss leider sagen, dass dies Buch einfach nur schlecht ist. Nur ganz selten blitzt in diesem Buch das auf, was The Face of Battle ausgezeichnet hatte.
The American Civil War: A Military History hat in Amerika, wo man von diesem Krieg ja immer noch besessen ist, sehr schlechte Kritiken erhalten. Und es fehlte nicht an Foren, in denen genüsslich ein sachlicher Fehler des Autors nach dem anderen publiziert wurde. Das waren nicht einfache Tippfehler, sondern das waren Sätze wie Lincoln never learnt the importance of visiting armies in the field, from which he might have discovered a great deal, die einfach sachlich falsch waren. Er hat offensichtlich auch (wie manche Generäle) Schwierigkeiten damit, eine Landkarte zu lesen: The Ohio and its big tributaries, the Cumberland and the Tennessee form a line of moats protecting the central Upper South, while the Mississippi, with which they connect, denies the Union any hope of penetration. Ach wirklich? Es gibt sogar einen Wikipedia Artikel zur Mississippi River Campaign. Seiten später behauptet Keegan das genaue Gegenteil über die Flüsse, wenn er über sie sagt: offered points of penetration to the Union into Confederate territory. Wäre dies dies eine Doktorarbeit gewesen, der Kandidat wäre damit durchgefallen (außer er hätte von und zu Guttenberg geheißen). Und ein Satz wie Southern women are a distinctive breed even today, admired for their femininity and outward-going personality ist ein Satz, der geht nun gar nicht. Wenn ein Leser schreibt: The number of errors was so great that I stopped counting at two dozen. I was ready to stop reading but the book became a page turner just looking for the next error, dann beschreibt das ein Erlebnis, das viele Leser hatten.
Keegan’s lifelong study of war and engagement with American history from his earliest years endow his prose with a majesty of judgment….it is hard to see how Keegan’s masterful and thought-provoking book could be beaten, schrieb der pensionierte Brigadier Allan Mallinson in der Londoner Times. Die ➱New York Times war nicht so nett, hier vernichtete Amerikas bester Kenner des Bürgerkriegs James M. McPherson das Buch seines englischen Kollegen. Höflich, aber bestimmt. Keegans amerikanischer Verlag Random House hat aus der Kritik offensichtlich gelernt und hat dann für die Vintage Paperbackausgabe einige der schlimmsten Fehler stillschweigend korrigiert (wie man den Prozess der Emendation so schön nennt). Was mich wirklich wundert ist, dass Shelby Footes dreibändige Geschichte des Civil War (an der Foote sechzehn Jahre gearbeitet hat) überhaupt nicht erwähnt wird. Footes Roman Shiloh natürlich auch nicht. Keegans Literaturliste ist sehr kurz, und ich fürchte beinahe: mehr als er hier nennt, hat er wirklich nicht gelesen. Leider merkt man dem Buch auch an, dass es am Computer entstanden ist, ohne dass es eine kritische Endredaktion gegeben hätte, die Vielzahl der Redundanzen ist ein wenig irritierend. Das ist jetzt das Schicksal vieler Bücher im Computerzeitalter, wo beinahe alle Verlage die Lektoren abgeschafft haben.
Wenn man sich im Thema auskennt und schon alle Geschichtswerke über den Bürgerkrieg gelesen hat, dann kann man auch dieses lesen. Braucht man aber nicht. Wenn man sich aber dem Thema ganz neu nähert, dann sollte man doch zuerst James M. Macpersons Battle Cry of Freedom (das dem Autor den Pulitzer Prize einbrachte) lesen. Oder sich die Fernsehserie von Ken Burns anschauen und das Begleitbuch von Geoffrey Ward und den Brüdern Burns kaufen. Für mich ist, neben der Trilogie von Shelby Foote, auch immer noch der gute alte Bruce Catton (Pulitzer Prize für A Stillness at Appomattox) das Standardwerk, das ich bevorzugen würde.
Keegans Kritiker, und die wurden im Laufe der Jahre immer zahlreicher, haben ihm immer wieder eine völlige politische Naivität vorgeworfen. Aus dem soliden Historiker ist durch den Erfolg von The Face of Battle und später durch seine Tätigkeit als Journalist eine öffentliche Person geworden, die sich zu jeder internationalen Krise äußerte. Vielleicht sonnte er sich auch in dem Gefühl, dass er jetzt einen Guru-Status bekommen hatte, ich weiß es nicht. Aber warum musste er, alt und krank wie er war, The American Civil War schreiben? Geldsorgen? Wollte er es seinen Kritikern noch einmal zeigen? Er schrieb für den Telegraph eine wöchentliche Kolumne, die um sein Leben im ländlichen Wiltshire kreiste, und in der seine Katze Edgar immer eine Rolle spielte. Vielleicht hätte er dabei bleiben sollen.
Da John Keegan im ersten Kapitel von The Face of Battle William Wordsworth bemüht hat, möchte ich auch einige Zeilen aus einem Gedicht zitieren:
Confess: it’s my profession
that alarms you.
This is why few people ask me to dinner,
though Lord knows I don’t go out of my way to be scary.
Das Gedicht heißt The Loneliness of the Military Historian, es lohnt sich ➱hier hineinzuschauen. Für dieses kleine Gedicht bin ich Margaret Atwood richtig dankbar. My trade is courage and atrocities. / I look at them and do not condemn. / I write things down the way they happened.
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