Er ist nicht mehr so furchtbar berühmt, dieser Lucas van Uden, der heute vor 420 Jahren in Antwerpen geboren wurde. Er malt Landschaften. Für die Bilder anderer Maler, so sagt man. Hier für Jan Brueghel, er hat aber auch Landschaften für David Teniers und wohl auch andere gemalt. Der deutsche Wikipedia Artikel sagt uns: Er ist vorzugsweise dadurch bekannt geworden, dass er für Rubens und David Teniers dem Jüngeren Landschaften malte, die jene mit Figuren versahen. Dem widerspricht der Kunsthistoriker Hans Devisscher energisch, und ich nehme an, dass er mehr davon versteht, als der Verfasser des deutschen Wikipedia Artikels. Der wahrscheinlich derjenige ist, der 1888 den Artikel für Meyers Konversations Lexikon geschrieben hat.
Devisscher weist darauf hin, dass Lucas van Udens Malerkollege Jan Wildens (von dem dieses schöne Bild stammt, das in Dresden hängt) sehr häufig mit Rubens zusammengearbeitet hat. Aber nicht unser Lucas van Uden. Der bleibt im Hintergrund. Und es sind andere Maler, die ihm die Figuren in die Landschaft malen. Wie oben Jan Breughel bei der Flusslandschaft mit Reisenden und Tänzern. Wurde vor zwei Jahren beim Auktionshaus Dorotheum für 45.375 € verkauft, der Schätzwert lag weit darüber.
Die in den Niederlanden beliebten Winterlandschaften kann der Flame Lucas van Uden auch malen. Wir lassen die Frage jetzt einmal weg, ob die Figuren der Jäger und der ➱Schlittschuhläufer von David Teniers oder Joos de Momper gemalt sind. Nehmen wir das Bild nur als Landschaftsbild. Es ist ganz anders als Brueghels bekanntes Winterbild mit den heimkehrenden Jägern (das schon in dem Post ➱Winter zu sehen ist). Es ist ein geheimnisvolles Licht. Kann es noch die Sonne sein? Wo die Wolken aufreißen, haben wir einen blauen Himmel. Oder ist es doch das Mondlicht? Es ist ein Licht, das keinen Schatten wirft.
Die Flamen und Holländer verblüffen uns ja immer wieder mit dem Licht auf ihren Bildern. Licht en lucht, dat is de kunst, hat Jan Hendrik Weissenbruch gesagt, das steht schon in dem Post ➱Holländer. In dem es natürlich um licht en lucht geht. Das Bild von Ruisdael war auch schon einmal hier zu sehen, in dem Post zu ➱Richard Oelze (in dem es auch um dieses seltsame Licht geht). Goethe, der in seinem Essay Ruisdael als Dichter enthusiastisch über Ruisdael geschrieben hat, ist an dem geheimnisvollen Licht kaum interessiert. Erst am Schluss seines Essays erwähnt er es: Ein Lichtblick, den Regenschauer überwindend, beleuchtet ein Paar aufgerichtete, schon beschädigte Grabestafeln, einen ergrauten Baumstamm und Stock, vor allem aber die heranfluthende Wassermasse, ihre stürzenden Strahlen und den sich entwickelnden Schaum.
Das mit der heranfluthenden Wassermasse ist natürlich eine gewaltige Übertreibung. Wir sollten bei dem Mini-Wasserfall aber mal eben erwähnen, dass Ruisdael die Wasserfälle in die holländische Malerei gebracht hat. Obwohl es in Holland gar keine Wasserfälle gibt. Ich habe hier noch ein Winterbild von Lucas van Uden. Es hat wieder diese leicht erhöhte Perspektive, die man Kavalierperpektive nennt. Und es ist da wieder dieses Licht von oben, das keine Schatten wirft. Diese Winterlandschaften mit dem geradezu metaphysischen Licht fallen aus den ➱Landschaften von van Uden heraus.
Dem Kunsthistoriker Eduard Plietzsch gefallen die Winterbilder in seinem Buch Holländische und flämische Maler des XVII. Jahrhunderts überhaupt nicht: Ermangeln die lieblichen Sommerlandschaften van Udens der Wärme und Leuchtkraft, so atmen seine seltenen Winterbilder . . . auch keinen eisigen Hauch von Frost und Kälte aus. Das kleine Gehölz, das hügelige Gelände, die Teiche mit sich tummelnden Schlittschuhläufern sind nur mit einer dünnen Schneeschicht überkrustet und wirken, als seien sie mit Staubzucker bestreut. Eduard Plietzsch ist Experte. Er hat im Zweiten Weltkrieg in Holland die beschlagnahmte Kunst für die Sammlungen von Adolf Hitler und Hermann Göring sortiert.
Angeblich gibt es gar keine ➱Winterbilder im Werk von van Uden. Sagt auf jeden Fall Walter Bernt in seinem dreibändigen Werk Die niederländischen Maler des 17. Jahrhunderts. Ein Buch, das sich vornehmlich an Sammler und Kunsthändler richtete. Walter Bernt ist auch Experte. In der Dissertation von Wolfgang Adler über Jan Wildens, der Landschaftsmitarbeiter des Rubens sagt Adler allerdings, dass ihm fünfzehn Winterbilder von van Uden bekannt seien. Es ist mit dem Expertentum von Bernt (der eine der größten ➱Photosammlungen zur holländischen Malerei besaß) nicht so furchtbar weit her. Wenn Sie dieses amüsante ➱Interview mit Thomas Rusche (dem Besitzer der Modekette Sör) lesen, werden Sie dem Experten Walter Bernt kein Wort mehr glauben. Sein dreibändiges Werk steht auch bei mir im Regal, aber ich habe es vor Jahrzehnten sehr billig beim New Yorker ➱Strand Book Store bekommen.
Der Maler aus Antwerpen, dessen Vater auch schon Maler war, ist immer wieder mit Rubens in ➱Verbindung gebracht worden. Im 19. Jahrhundert nahm man noch an (so zum Beispiel Jacob Burckhardt), dass er ein Schüler von Rubens gewesen sei. Oder in seinem Studio gearbeitet hat. Da ist man heute vorsichtiger geworden. Was Hermann Arthur Lier 1895 in der Allgemeinen Deutschen Biographie schreibt, hat heute wohl keinen Bestand mehr: Er verdankte seine Ausbildung dem Studium der Natur und dem Selbstunterricht und erzielte dabei so schöne Erfolge, daß er, erst zwei und dreißig Jahre alt, im J. 1627, als Meister in die Sanct Lucasgilde von Antwerpen aufgenommen wurde. Von diesem Zeitpunkt an nahm ihn Rubens, der seine Landschaften bewunderte, in seine Schule auf und beschäftigte ihn vielfach in seinen Diensten, namentlich zum Ausmalen der Hintergründe in seinen Bildern. Unter der Anleitung von Rubens lernte U. eine leichtere und malerische Pinselführung und gab seitdem seinen Bildern einen wärmeren Ton und überhaupt eine reichere, kräftigere Färbung. Was van Uden mit Rubens verbindet, sind die Kupferstiche. Weil er viele Gemälde von Rubens nachgestochen hat.
Er war zu seiner Zeit durchaus berühmt, hier hat ihn sein Kollege van Dyck gezeichnet. Der kommt wie van Uden auch aus Antwerpen, war wie dieser (und Peter Paul Rubens) in der Antwerpener Lukasgilde. Lucas van Uden zählt aber kaum wie diese beiden Malerkollegen zu den ganz großen Malern. Auktionshäuser sehen es gerne, wenn ein Experte schreibt: Uden ist einer der qualitätvollsten flämischen Landschaftsmaler des 17. Jahrhunderts. Sein Werk setzt das Rubens’sche Vorbild am reinsten und auf malerisch höchstem Niveau fort. Das steigert den Preis.
Es steigert natürlich auch den Preis, wenn ein berühmterer Maler die Staffage der Figuren in das Bild gemalt hat, wie bei der Landschaft mit den Reisenden und den tanzenden Bauern. Dann kann man das schon als Brueghel verkaufen. Es ist aber auch schön, wenn die National Gallery bei dieser Zusammenarbeit von Lucas van Uden und David Teniers, den Namen van Uden als ersten nennt. Dass er nur ein Maler des Hintergrunds bleibt, das können wir wohl vergessen.
Devisscher weist darauf hin, dass Lucas van Udens Malerkollege Jan Wildens (von dem dieses schöne Bild stammt, das in Dresden hängt) sehr häufig mit Rubens zusammengearbeitet hat. Aber nicht unser Lucas van Uden. Der bleibt im Hintergrund. Und es sind andere Maler, die ihm die Figuren in die Landschaft malen. Wie oben Jan Breughel bei der Flusslandschaft mit Reisenden und Tänzern. Wurde vor zwei Jahren beim Auktionshaus Dorotheum für 45.375 € verkauft, der Schätzwert lag weit darüber.
Die in den Niederlanden beliebten Winterlandschaften kann der Flame Lucas van Uden auch malen. Wir lassen die Frage jetzt einmal weg, ob die Figuren der Jäger und der ➱Schlittschuhläufer von David Teniers oder Joos de Momper gemalt sind. Nehmen wir das Bild nur als Landschaftsbild. Es ist ganz anders als Brueghels bekanntes Winterbild mit den heimkehrenden Jägern (das schon in dem Post ➱Winter zu sehen ist). Es ist ein geheimnisvolles Licht. Kann es noch die Sonne sein? Wo die Wolken aufreißen, haben wir einen blauen Himmel. Oder ist es doch das Mondlicht? Es ist ein Licht, das keinen Schatten wirft.
Die Flamen und Holländer verblüffen uns ja immer wieder mit dem Licht auf ihren Bildern. Licht en lucht, dat is de kunst, hat Jan Hendrik Weissenbruch gesagt, das steht schon in dem Post ➱Holländer. In dem es natürlich um licht en lucht geht. Das Bild von Ruisdael war auch schon einmal hier zu sehen, in dem Post zu ➱Richard Oelze (in dem es auch um dieses seltsame Licht geht). Goethe, der in seinem Essay Ruisdael als Dichter enthusiastisch über Ruisdael geschrieben hat, ist an dem geheimnisvollen Licht kaum interessiert. Erst am Schluss seines Essays erwähnt er es: Ein Lichtblick, den Regenschauer überwindend, beleuchtet ein Paar aufgerichtete, schon beschädigte Grabestafeln, einen ergrauten Baumstamm und Stock, vor allem aber die heranfluthende Wassermasse, ihre stürzenden Strahlen und den sich entwickelnden Schaum.
Das mit der heranfluthenden Wassermasse ist natürlich eine gewaltige Übertreibung. Wir sollten bei dem Mini-Wasserfall aber mal eben erwähnen, dass Ruisdael die Wasserfälle in die holländische Malerei gebracht hat. Obwohl es in Holland gar keine Wasserfälle gibt. Ich habe hier noch ein Winterbild von Lucas van Uden. Es hat wieder diese leicht erhöhte Perspektive, die man Kavalierperpektive nennt. Und es ist da wieder dieses Licht von oben, das keine Schatten wirft. Diese Winterlandschaften mit dem geradezu metaphysischen Licht fallen aus den ➱Landschaften von van Uden heraus.
Dem Kunsthistoriker Eduard Plietzsch gefallen die Winterbilder in seinem Buch Holländische und flämische Maler des XVII. Jahrhunderts überhaupt nicht: Ermangeln die lieblichen Sommerlandschaften van Udens der Wärme und Leuchtkraft, so atmen seine seltenen Winterbilder . . . auch keinen eisigen Hauch von Frost und Kälte aus. Das kleine Gehölz, das hügelige Gelände, die Teiche mit sich tummelnden Schlittschuhläufern sind nur mit einer dünnen Schneeschicht überkrustet und wirken, als seien sie mit Staubzucker bestreut. Eduard Plietzsch ist Experte. Er hat im Zweiten Weltkrieg in Holland die beschlagnahmte Kunst für die Sammlungen von Adolf Hitler und Hermann Göring sortiert.
Angeblich gibt es gar keine ➱Winterbilder im Werk von van Uden. Sagt auf jeden Fall Walter Bernt in seinem dreibändigen Werk Die niederländischen Maler des 17. Jahrhunderts. Ein Buch, das sich vornehmlich an Sammler und Kunsthändler richtete. Walter Bernt ist auch Experte. In der Dissertation von Wolfgang Adler über Jan Wildens, der Landschaftsmitarbeiter des Rubens sagt Adler allerdings, dass ihm fünfzehn Winterbilder von van Uden bekannt seien. Es ist mit dem Expertentum von Bernt (der eine der größten ➱Photosammlungen zur holländischen Malerei besaß) nicht so furchtbar weit her. Wenn Sie dieses amüsante ➱Interview mit Thomas Rusche (dem Besitzer der Modekette Sör) lesen, werden Sie dem Experten Walter Bernt kein Wort mehr glauben. Sein dreibändiges Werk steht auch bei mir im Regal, aber ich habe es vor Jahrzehnten sehr billig beim New Yorker ➱Strand Book Store bekommen.
Der Maler aus Antwerpen, dessen Vater auch schon Maler war, ist immer wieder mit Rubens in ➱Verbindung gebracht worden. Im 19. Jahrhundert nahm man noch an (so zum Beispiel Jacob Burckhardt), dass er ein Schüler von Rubens gewesen sei. Oder in seinem Studio gearbeitet hat. Da ist man heute vorsichtiger geworden. Was Hermann Arthur Lier 1895 in der Allgemeinen Deutschen Biographie schreibt, hat heute wohl keinen Bestand mehr: Er verdankte seine Ausbildung dem Studium der Natur und dem Selbstunterricht und erzielte dabei so schöne Erfolge, daß er, erst zwei und dreißig Jahre alt, im J. 1627, als Meister in die Sanct Lucasgilde von Antwerpen aufgenommen wurde. Von diesem Zeitpunkt an nahm ihn Rubens, der seine Landschaften bewunderte, in seine Schule auf und beschäftigte ihn vielfach in seinen Diensten, namentlich zum Ausmalen der Hintergründe in seinen Bildern. Unter der Anleitung von Rubens lernte U. eine leichtere und malerische Pinselführung und gab seitdem seinen Bildern einen wärmeren Ton und überhaupt eine reichere, kräftigere Färbung. Was van Uden mit Rubens verbindet, sind die Kupferstiche. Weil er viele Gemälde von Rubens nachgestochen hat.
Er war zu seiner Zeit durchaus berühmt, hier hat ihn sein Kollege van Dyck gezeichnet. Der kommt wie van Uden auch aus Antwerpen, war wie dieser (und Peter Paul Rubens) in der Antwerpener Lukasgilde. Lucas van Uden zählt aber kaum wie diese beiden Malerkollegen zu den ganz großen Malern. Auktionshäuser sehen es gerne, wenn ein Experte schreibt: Uden ist einer der qualitätvollsten flämischen Landschaftsmaler des 17. Jahrhunderts. Sein Werk setzt das Rubens’sche Vorbild am reinsten und auf malerisch höchstem Niveau fort. Das steigert den Preis.
Es steigert natürlich auch den Preis, wenn ein berühmterer Maler die Staffage der Figuren in das Bild gemalt hat, wie bei der Landschaft mit den Reisenden und den tanzenden Bauern. Dann kann man das schon als Brueghel verkaufen. Es ist aber auch schön, wenn die National Gallery bei dieser Zusammenarbeit von Lucas van Uden und David Teniers, den Namen van Uden als ersten nennt. Dass er nur ein Maler des Hintergrunds bleibt, das können wir wohl vergessen.
Es gibt jetzt viel Zusammenarbeit bei den Malern in Flandern und Holland. Wenn einer ganz berühmt wird, dann hat er eine Werkstatt. Wo andere ihm zuarbeiten. Unsere Ideen vom Originalgenie funktionieren nicht mehr so ganz. Als das Buch Rembrandt als Unternehmer: Sein Atelier und der Markt von Svetlana Alpers erschien, waren viele Kunstfreunde etwas verstört. Die Wörter Unternehmer, Atelier und Markt waren nicht das erste, was man mit ➱Rembrandt verband. Vor hundert Jahren war das Werk von Rembrandt überwältigend groß, es ist heute überschaubarer geworden. Viele Rembrandts haben inzwischen einen anderen Namen bekommen, weil man sie als Arbeiten von Schülern und Kollegen identifiziert hat.
Ich habe hier zum Schluss noch ein Beispiel dafür, dass der Maler des Hintergrunds wieder in den Hintergrund tritt. Dieses schöne Bild hängt im Nationalmuseum Warschau, wird dort natürlich als David Teniers geführt. Der allerdings nichts anderes getan hat, als die Figuren in das Landschaftsbild von Lucas van Uden zu malen. Aber auch als Maler des Hintergrunds hat der Antwerpener Meister (der Jan Baptist Bonnecroy, Philips Augustijn Immenraet und Gillis Neyts als Schüler hatte) nicht schlecht verdient. Hermann Arthur Lier hat allerdings im Jahre 1895 einiges an ihm auszusetzen: U., der sich am 14. Februar 1627 mit Anna van Woelput vermählt hatte, lebte in Wohlstand, huldigte aber in sittlicher Beziehung ziemlich leichten Grundsätzen, da wir sowol vor als nach seiner Verheirathung von seinen unehelichen Kindern hören. In seinem Ansehen als Künstler scheint ihm diese leichte Lebensanschauung nichts geschadet zu haben. Wir lassen ihm das mit der leichten Lebensanschauung an seinem 420. Geburtstag mal durchgehen.
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