Dieses Bild war hier schon einmal in dem Post ↝Georg Friedrich Kersting zu sehen. Das Bild aus der Kunsthalle Kiel ist eines von mehreren Versionen des Themas. Das Bild von Kersting, das die Malerin Louise Seidler zeigt, ist in den Räumen des Malers ↝Gerhard von Kügelgen gemalt worden. Kügelgen besaß ein schönes Haus in Dresden, das heute das Kügelgenhaus heißt, aber er wollte sich in Loschwitz ein neues Haus bauen lassen. Mit Ausblick auf die Elbe und die böhmische Schweiz. Dies Häuschen soll uns ein Feenpalast werden, bis die Zeit, da wir durch ein noch kleineres, engeres Haus die Tür finden zu dem großen Hause des himmlischen Vaters, in dem viele Wohnungen sind, und in dem sich einmal wieder die ganze Familie zusammenfinden wird. Sollte es Gott gefallen, mich bald nach Hause zu rufen, so hat Lilla einen Witwensitz, von wo sie die Erziehung der Kinder leicht vollenden kann, da die Stadt nur eine Stunde Wegs entfernt liegt, schreibt er seinem Bruder im Herbst 1819.
Der Maler Gerhard von Kügelgen hat ↝hier schon einen Post. Und bei dem Blogger ↝Martin in Broda findet sich ein interessanter Post zu von Kügelgen.
Er wird den Feenpalast nie bewohnen, weil er am 27. März 1820 auf dem Rückweg von seiner Baustelle zu seiner Stadtwohnung von einem Raubmörder erschlagen wird. Der ↝Pitaval kennt die ganze grausige Geschichte: Am 27. März, am Tage nach der Einsegnung, ging er wie gewöhnlich nach seinem Weinberge hinaus, um nach dem Bau zu sehen. Er fragte einen seiner Schüler, ob er ihn begleiten wolle, dieser aber war durch Geschäfte behindert und mußte es ablehnen. So ging Kügelgen allein. Er kam gegen fünf Uhr an, ordnete an, was nötig war, zahlte die Arbeiter aus, bestellte junge Birken für den Weinberg und ging zwischen sechs und sieben Uhr fort, um nach Dresden zurückzukehren. Die Landstraße von Dresden nach Bautzen führt nun zwar über den sogenannten Mordgrund, eine tiefe Felsschlucht, die nach der Elbe zu die Höhe durchschneidet, war aber schon damals von schönen Villen und Erholungsstätten wie dem Linkeschen Bade, Findlaters und anderen eingesäumt und deshalb einer der begangensten und sichersten Spaziergänge. Auch dort, wo sie über freies Gelände führt, ist sie fast nie menschenleer, und da sie sich ohne tiefe Einschnitte immer auf der Höhe hinzieht, kann man sie fast überall übersehen, und dazu war es ein mondheller Abend.
Kügelgens Sohn Wilhelm, der auch Maler werden wird und eines Tages seine berühmten ↝Jugenderinnerungen eines alten Mannes schreibt, hat seinen Vater am nächsten Tag zusammen mit der Polizei gefunden: Am anderen Morgen in aller Frühe meldete ich den Fall auf der Polizei an. Man gab mir Polizeidiener und Hunde mit, die Gegend abzusuchen. Dräger, den ich auf der Straße fand, schloß sich uns an. Am Linkeschen Bade verteilten wir uns zu beiden Seiten der Chaussee; die Hunde revidierten vor und zwischen uns. Auf halbem Wege zum Waldschlößchen stand plötzlich der mir zunächst laufende Hund. Ich sprang herzu: da lag mein Vater mit dem Gesicht auf nackter Erde, erschlagen und entkleidet in einer Ackerfurche. Über mich aber und die Meinigen »ging der Grimm des Höchsten, und seine Schrecken drückten uns, sie umgaben uns wie Wasser und umringten uns miteinander«. Und hiermit mag ein Schleier auf mein weiteres Ergehen fallen. Damit enden Kügelgens ↝Jugenderinnerungen.
Man findet schnell einen Verdächtigen, einen Unterkanonier der sächsischen Artillerie, der natürlich niemals so elegant aussieht wie dieser junge Adlige, den Gerhard von Kügelgen gemalt hat. Der erste Verdächtige ist grenzdebil, aber für die sächsische Artillerie reicht das. Er ist nicht der Täter, aber seine Gefangennahme führt die Polizei zu dem Unterkanonier Johann Gottfried Kaltofen, einem Offiziersburschen, der außerhalb der Kaserne wohnen darf. Die Ermittlungen werden akribisch genau geführt, dabei kommt heraus, dass Kaltofen wenige Monate zuvor einen Tischlergesellen in der gleichen Gegend mit einem Beil erschlagen hat. Wenn man die Geschichte der Ermittlungen im Pitaval liest, fühlt man sich an die Langsamkeit und Genauigkeit der ersten ↝Stahlnetz Sendungen erinnert.
Friedrich Schiller (hier von Kügelgen gemalt) hatte schon 1792 eine Auswahl des französischen Pitaval herausgegeben (↝Merkwürdige Rechtsfälle als ein Beitrag zur Geschichte der Menschheit). Aber das Ganze soll natürlich kein Sensationsjournalismus à la Bild Zeitung sein: das bloß Abscheuliche hat nichts Unterrichtendes für den Leser. Auch der Neue Pitaval hat eine ständig moralisierende Tendenz: Kaltofens Hinrichtung war für das Volk in Dresden ein Fest gewesen, wie es nicht sein soll. Der junge, hübsche Mensch war auf so vornehme Weise wie ein großer Herr mit allem möglichen Gepränge vom Leben zum Tode gebracht worden. Alle Welt hatte sich um ihn gedreht, seiner Eitelkeit war auf alle Art geschmeichelt worden, und da ein Geistlicher ihn begleitet hatte, war er obendrein fromm gestorben und gewissermaßen vom Schafott durch leichte, rasche Todesart geradeswegs in den Himmel gekommen. Unter die Tränen, die dabei vergossen wurden, stahl sich mancher Seufzer, auch so rasch unter solchen Festlichkeiten und an der Hand eines ehrwürdigen Priesters öffentlich zu sterben; das alles erschien als ein Glück, ein Vorzug, der dem Verbrecher vor dem Unschuldigen wurde, der vielleicht langsam, qualvoll, in dunkler Hütte und auf faulem Strohlager, von keinem Teilnehmenden besucht, der Erlösung entgegenschmachtete.
Die Hinrichtung des Mörders des Dresdner Malers hat noch ein Nachspiel, das so schrill ist wie Kügelgens Ariadne auf Naxos: Auf die Phantasie eines unglückseligen, sittlich verderbten Weibes hatte die Hinrichtung einen unauslöschlich bezaubernden Eindruck gemacht. Sie wollte auch so gottselig sterben. Vier Wochen nach Kaltofens Hinrichtung lud sie ein verlobtes Mädchen zu sich ein und bewirtete es. Als das Mädchen bald darauf einschlief, ermordete sie es im Schlafe. Sie reinigte den Leichnam und die Mordwerkzeuge und gab sich nach wenigen Stunden bei der Polizei selbst als Mörderin an. Freimütig bekannte sie als Motiv, daß schon früher bei zwei anderen Hinrichtungen, im Jahre und 1809, der Gedanke in ihr rege geworden sei, auch einen Mord zu begehen, um auch so sterben zu können; nach Kaltofens herzerhebender Hinrichtung aber habe sie dem Wunsche nicht mehr widerstehen können. An ihrer Stubentür hatte sie das Datum der Exekution verzeichnet, um immer an die Vorgänge dieses Tages erinnert zu weiden. Öffentlich zu sterben als Mordmotiv, das ist etwas Neues. Die ↝schwarze Romantik, die uns Mario Praz in Liebe, Tod und Teufel beschrieben hat, ist noch nicht zu Ende.
Kügelgens Sohn Wilhelm, der auch Maler werden wird und eines Tages seine berühmten ↝Jugenderinnerungen eines alten Mannes schreibt, hat seinen Vater am nächsten Tag zusammen mit der Polizei gefunden: Am anderen Morgen in aller Frühe meldete ich den Fall auf der Polizei an. Man gab mir Polizeidiener und Hunde mit, die Gegend abzusuchen. Dräger, den ich auf der Straße fand, schloß sich uns an. Am Linkeschen Bade verteilten wir uns zu beiden Seiten der Chaussee; die Hunde revidierten vor und zwischen uns. Auf halbem Wege zum Waldschlößchen stand plötzlich der mir zunächst laufende Hund. Ich sprang herzu: da lag mein Vater mit dem Gesicht auf nackter Erde, erschlagen und entkleidet in einer Ackerfurche. Über mich aber und die Meinigen »ging der Grimm des Höchsten, und seine Schrecken drückten uns, sie umgaben uns wie Wasser und umringten uns miteinander«. Und hiermit mag ein Schleier auf mein weiteres Ergehen fallen. Damit enden Kügelgens ↝Jugenderinnerungen.
Man findet schnell einen Verdächtigen, einen Unterkanonier der sächsischen Artillerie, der natürlich niemals so elegant aussieht wie dieser junge Adlige, den Gerhard von Kügelgen gemalt hat. Der erste Verdächtige ist grenzdebil, aber für die sächsische Artillerie reicht das. Er ist nicht der Täter, aber seine Gefangennahme führt die Polizei zu dem Unterkanonier Johann Gottfried Kaltofen, einem Offiziersburschen, der außerhalb der Kaserne wohnen darf. Die Ermittlungen werden akribisch genau geführt, dabei kommt heraus, dass Kaltofen wenige Monate zuvor einen Tischlergesellen in der gleichen Gegend mit einem Beil erschlagen hat. Wenn man die Geschichte der Ermittlungen im Pitaval liest, fühlt man sich an die Langsamkeit und Genauigkeit der ersten ↝Stahlnetz Sendungen erinnert.
Friedrich Schiller (hier von Kügelgen gemalt) hatte schon 1792 eine Auswahl des französischen Pitaval herausgegeben (↝Merkwürdige Rechtsfälle als ein Beitrag zur Geschichte der Menschheit). Aber das Ganze soll natürlich kein Sensationsjournalismus à la Bild Zeitung sein: das bloß Abscheuliche hat nichts Unterrichtendes für den Leser. Auch der Neue Pitaval hat eine ständig moralisierende Tendenz: Kaltofens Hinrichtung war für das Volk in Dresden ein Fest gewesen, wie es nicht sein soll. Der junge, hübsche Mensch war auf so vornehme Weise wie ein großer Herr mit allem möglichen Gepränge vom Leben zum Tode gebracht worden. Alle Welt hatte sich um ihn gedreht, seiner Eitelkeit war auf alle Art geschmeichelt worden, und da ein Geistlicher ihn begleitet hatte, war er obendrein fromm gestorben und gewissermaßen vom Schafott durch leichte, rasche Todesart geradeswegs in den Himmel gekommen. Unter die Tränen, die dabei vergossen wurden, stahl sich mancher Seufzer, auch so rasch unter solchen Festlichkeiten und an der Hand eines ehrwürdigen Priesters öffentlich zu sterben; das alles erschien als ein Glück, ein Vorzug, der dem Verbrecher vor dem Unschuldigen wurde, der vielleicht langsam, qualvoll, in dunkler Hütte und auf faulem Strohlager, von keinem Teilnehmenden besucht, der Erlösung entgegenschmachtete.
Die Hinrichtung des Mörders des Dresdner Malers hat noch ein Nachspiel, das so schrill ist wie Kügelgens Ariadne auf Naxos: Auf die Phantasie eines unglückseligen, sittlich verderbten Weibes hatte die Hinrichtung einen unauslöschlich bezaubernden Eindruck gemacht. Sie wollte auch so gottselig sterben. Vier Wochen nach Kaltofens Hinrichtung lud sie ein verlobtes Mädchen zu sich ein und bewirtete es. Als das Mädchen bald darauf einschlief, ermordete sie es im Schlafe. Sie reinigte den Leichnam und die Mordwerkzeuge und gab sich nach wenigen Stunden bei der Polizei selbst als Mörderin an. Freimütig bekannte sie als Motiv, daß schon früher bei zwei anderen Hinrichtungen, im Jahre und 1809, der Gedanke in ihr rege geworden sei, auch einen Mord zu begehen, um auch so sterben zu können; nach Kaltofens herzerhebender Hinrichtung aber habe sie dem Wunsche nicht mehr widerstehen können. An ihrer Stubentür hatte sie das Datum der Exekution verzeichnet, um immer an die Vorgänge dieses Tages erinnert zu weiden. Öffentlich zu sterben als Mordmotiv, das ist etwas Neues. Die ↝schwarze Romantik, die uns Mario Praz in Liebe, Tod und Teufel beschrieben hat, ist noch nicht zu Ende.
Der Maler Gerhard von Kügelgen hat ↝hier schon einen Post. Und bei dem Blogger ↝Martin in Broda findet sich ein interessanter Post zu von Kügelgen.
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