Donnerstag, 1. September 2022

nullkommanix

Grafik der Blogger-Seitenaufrufe


Die neue Benutzeroberfläche, die Google seinen Bloggern oktroyiert hat (Neben einigen anderen Google-Produkten hat auch Blogger ein völlig neues Design erhalten. Die neue, klare Benutzeroberfläche soll für eine einfachere Bedienerführung in Ihrem Blog sorgen), hat auch, wie ich jetzt zähneknirschend zugeben muss, einige Vorteile. Vor allem für die Freunde der Statistik. Ich bin zwar überzeugt, dass alle diese Zahlen nicht stimmen, aber jetzt kann man auch sehen, wie häufig ein bestimmter Post vor zwei Jahren gelesen wurde. Und da gibt es etwas Erstaunliches zu vermelden. Wenn ich über James Bond oder Mode schreibe, dann wird das tausendfach gelesen, das ist mir klar gewesen. Aber jetzt kann ich zum ersten Mal sehen, dass Posts zu Malern, Dichtern und Philosophen noch viel, viel  häufiger gelesen wurden. Das gefällt mir natürlich. Ich hätte im November niemals damit gerechnet, dass Gerhard Neumann und Temps retrouvé so viele Leser finden würden. Hier können Sie die Monatsstatistik des Monats November sehen: ein einziger Tag, an dem es nicht mindestens 1.000 Leser gab (wo waren Sie eigentlich am 17.11.?). Damit ist dieser Blogger zufrieden. Denn wie Stendhal schreibe ich für die happy few.

Das stand vor zehn Jahren in dem Post Unterm Strich, und diese Monatsstatistik war jahrelang typisch für meinen Blog. Aber jetzt ist alles anders, der Leserschwund, den ich schon häufig beklagte, nimmt dramatische Formen an. Ich glaube nicht wirklich, dass die Leser verschwunden sind, ich glaube, dass Google die Zahlen fälscht. Gestern hatte ich drei Leser. Der erste klickte mich um sieben Uhr an, die beiden anderen kam um sechzehn und siebzehn Uhr. Dazu fällt mir jetzt nix ein. Außer dem Gedicht von Günter Eich, das ich schon vor drei Jahren in dem Post verschwindende Leser zitierte:

In Saloniki weiß ich einen
der mich liest
Und in Bad Nauheim.
Das sind schon zwei

Ich hatte damals Stendhal bewusst zitiert, er wusste, dass er wenig Leser hatte. Es war kein Zufall, dass er den Roman La Chartreuse de Parme mit dem in Versalien gesetzten to the happy few beendete (Thackeray wird das Zitat seinem Roman Vanity Fair voranstellen). Stendhals Buch De l'amour verkaufte sich überhaupt nicht. Im Vorwort zu der zweiten Auflage wandte er sich an seine wenigen Leser:

Je n'écris que pour cent lecteurs, et de ces êtres malheureux, aimables, charmants, point hypocrites, point moraux, auxquels je voudrais plaire; j'en connais à peine un ou deux. De tout ce qui ment pour avoir de la considération comme écrivain, je n'en fais aucun cas. Ces belles dames là doivent lire le compte de leur cuisinière et le sermonnaire à la mode, qu'il s'appelle Massillon ou Mme Necker, pour pouvoir en parler avec les femmes graves qui dispensent la considération. Et qu'on le remarque bien, ce beau grade s'obtient toujours, en France, en se faisant le grand prêtre de quelque sottise.

Avez-vous été dans votre vie six mois malheureux par amour? dirais-je à quelqu'un qui voudrait lire ce livre.

Ou, si votre âme n'a senti dans la vie d'autre malheur que celui de penser à un procès, ou de n'être pas nommé député à la dernière élection, ou de passer pour avoir moins d'esprit qu'à l'ordinaire à la dernière saison des eaux d'Aix,—je continuerai mes questions indiscrètes, et vous demanderai si vous avez lu dans l'année quelqu'un de ces ouvrages insolents qui forcent le lecteur à penser? Par exemple, l'Émile de J.-J. Rousseau, ou les six volumes de Montaigne? Que si vous n'avez jamais été malheureux par cette faiblesse des âmes fortes, que si vous n'avez pas l'habitude, contre nature, de penser en lisant, ce livre-ci vous donnera de l'humeur contre l'auteur, car il vous fera soupçonner qu'il existe un certain bonheur que vous ne connaissez pas, et que connaissait Mlle de Lespinasse. 

Falls Ihnen der Name Mlle de Lespinasse nichts sagt, lesen Sie doch mal ihre Briefe. Und lesen Sie nicht diesen Blog, den niemand mehr liest. Le Rouge et le Noir gibt es übrigens seit 2004 in einer sehr schönen neuen Übersetzung von Elisabeth Edl. Dazu vielleicht ein anderes Mal mehr.

1 Kommentar:

  1. Ich bin jedenfalls jeden Tag hier, meine erste Lektüre nach dem Frühstück! Ich bin allerdings auch aus Bielefeld.

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