Kaiser, König, Edelmann,
Bürger, Bauer, Bettelmann,
Schuster, Schneider, Leinenweber,
Köhler, Bettler, Totengräber
Ein alter Abzählreim, es gibt zahlreiche →Varianten davon. Jahrhundertelang wusste man, wer im gesellschaftlichen System oben und unten war, die Kleidung verriet die Stellung. Und das Tragen der Kleidung war geregelt, schon Karl der Große hatte im Jahre 806 ein Aufwandgesetz erlassen, in dem festgelegt war, wieviel jeder für Kleidung ausgeben dürfe. Und im Jahre 1530 konnte man in der Augsburger →Kleiderordnung lesen: Nachdem ehrlich, ziemlich und billich, daß sich ein jeder, weß Würden oder Herkommen der sey, nach seinem Stand, Ehren und Vermögen trage, damit in jeglichem Stand unterschiedlich Erkäntüß seyn mög, so haben Wir Uns mit Churfürsten, Fürsten und Ständen nachfolgender Ordnung der Kleidung vereiniget und verglichen, die Wir auch bey Straff und Pön, darauff gesetzt, gänzlich gehalten haben wöllen.
Kleiderordnungen gibt es immer noch, aber sie scheinen sich aufzulösen. Dieses →Bild aus England aus dem Jahr 1937 zeigt uns, dass Kleidung die Klasse definiert. Die beiden jungen Herren links besuchen die Public School Harrow, die drei auf der rechten Seite kommen aus der Working Class. Sie können über die beiden Harrow Schüler nur lachen. Seit dem Jahre 1769 bringt Debrett's in England Bücher heraus, in denen wir alles über die englische Aristokratie und die Etikette erfahren. Debrett's New Guide to Etiquette & Modern Manners ist immer noch erhältlich.
Die Tradition von Benimmbüchern, die uns Ratschläge geben, wie wir uns in der feinen Gesellschaft bewegen sollen, ist lang. Polonius gibt seinem Sohn im ersten Akt von Shakespeares Hamlet viele gute Ratschläge für die Reise nach Paris; ähnliche Dinge schreibt Lord Chesterfield seinem Sohn in den berühmt gewordenen →Briefen. Und als John Debrett im 18. Jahrhundert seinen Verlag mit den Adelsverzeichnissen und Büchern der Etikette aufmacht, da gibt es Baldassare Castigliones →Il Cortegiano schon seit Jahrhunderten. War schon 1561 von →Thomas Hoby ins Englische übersetzt worden, Shakespeare hat es gekannt. Seit 1593 gab es eine deutsche →Übersetzung.
In Deutschland gilt der Freiherr Adolph Knigge als der Erfinder der guten Manieren, aber da hat man den Schriftsteller der Aufklärung mit seinem Buch →Über den Umgang mit Menschen wohl gründlich missverstanden. Das Deutschland der Adenauer Zeit bezieht seine Richtlinien von der Protokollchefin von Konrad Adenauer, einer gewissen →Frau Pappritz. In deren Benimmratgeber wird geregelt, wie häufig man die Klospülung in Neubauwohnungen betätigen darf. Wir Deutschen sind schon gründlich. Heute haben wir gar keine Manieren mehr. Im August des letzten Jahres empfahl der Bundeskanzler seiner Koalition gutes Benehmen. Wir wissen, was dann geschah: Straff und Pön.
Die meisten Präsidenten Amerikas im 20. Jahrhundert waren ordentlich gekleidet, das können Sie in dem Post Made in America lesen. Kennedy kam noch mit Cutaway und Zylinder zu seiner Amtseinführung, Jimmy Carter nicht mehr. Das war ein politisches Zeichen, ich bin einer von euch, sollte das heißen. George Washington war der erste Präsident, der ein solches Zeichen gesetzt hatte. Er kam zu seiner Amtseinführung in einem schlichten braunen Anzug, dessen Stoff in Amerika gewebt worden war. Harry S. Truman, der auch gut Klavier spielen konnte, wusste alles über die Herrenmode, er hatte als haberdasher gearbeitet, wir können ihn hier in seinem Laden sehen.
Über Trump kann man kaum sagen, dass er gut und ordentlich gekleidet ist, der Guardian hatte da mal einen Artikel Donald Trump's weird clothes. Seine Anzüge passen ihm an keiner Stelle, die Schlipse sind zu lang, wahrscheinlich sollen die ein Penissymbol sein. Und das Jackett kann er offenbar nicht zuknöpfen, kriegt er nicht hin. Auch nicht, wenn er neben der →englischen Königin eine Parade abnimmt. Auch wenn er mal Brioni getragen haben soll und seine Anzüge jetzt von Martin Greenfield kommen sollen, er sieht furchtbar damit aus. Und niemand würde über ihn sagen, dass er diese Sprezzatura besitzt, die für Castiglione das Zeichen des Weltmannes ist.
Das bringt mich dahin, wohin ich eigentlich kommen wollte. Nämlich zu diesem Herrn, der immer erstklassig gekleidet ist. Nicht so outriert wie sein Verwandter, der Duke of Windsor, aber immer zurückhaltend vornehm. Heute ist er zwei Jahre König von England, und da stelle ich einmal ein Gedicht des Hofdichters Simon Armitage ein, das ich schon bei seiner Krönung hätte einstellen können. Die englischen Hofdichter, die schon alle in dem Post Hofdichter: Gott schütze die Königin erwähnt werden, haben ihren Job nicht immer ernstgenommen. Wordsworth hat kein einziges Gedicht für das Königshaus geschrieben. Aber Armitage nimmt die Berufung ernst, er war schon häufig in diesem Blog, zuletzt wohl mit seinem Gedicht für Queen Elizabeth. Das Gedicht für Charles An Unexpected Guest hat den Untertitel featuring Samuel Pepys. Den hat es, weil die dritte Strophe aus den Tagebüchern von Samuel Pepys stammt. Der war nämlich 1661 bei der →Krönung von Charles II dabei.
featuring Samuel Pepys
She’s treated herself to new shoes, a window seat
on the fast train, a hotel for a night.
She’s been to the capital twice before,
once to see Tutankhamun when she was nine
and once when it rained. Crossing The Mall
she’s just a person like everyone else
but her hand keeps checking the invitation,
her thumb strumming the gilded edge of the card,
her finger tracing the thread of embossed leaves.
In sight of the great porch she can’t believe
the police just step aside, that doors shaped
for God and giants should open to let her in.
*
She’s taken her place with ambulance drivers
and nurses and carers and charity workers,
a man who alchemised hand sanitiser
from gin, a woman who walked for sponsored miles,
the boy in the tent. The heads of heads of state
float down the aisle, she knows the names
of seven or eight. But the music’s the thing:
a choir transmuting psalms into sonorous light,
the cavernous sleepwalking dreams
of the organ making the air vibrate,
chords coming up through the soles of her feet.
Somewhere further along and deeper in
there are golden and sacred things going on:
glimpses of crimson, flashes of jewels
like flames, high priests in their best bling,
the solemn wording of incantations and spells,
till the part where promise and prayer become fused:
the moment is struck, a pact is sworn.
*
And got to the abby . . . raised in the middle . . .
Bishops in cloth-of-gold Copes . . .
nobility all in their parliament-robes . . .
The Crowne being put on his head
a great shout begun. And he came forth . . .
taking the oath . . . And Bishops . . . kneeled
. . . and proclaimed . . . if any could show
any reason why Ch. . . . should not be the King . . .
that now he should come and speak . . .
The ground covered with blue cloth . . .
And the King came in with his Crowne . . .
and mond . . . and his sceptre in hand . . .
*
She’ll watch it again on the ten o’clock news
from the armchair throne in her living room:
did the cameras notice her coral pink hat
or her best coat pinned with the hero’s medal she got
for being herself? The invitation is propped
on the mantelpiece by the carriage clock.
She adorned the day with ordinariness;
she is blessed to have brought the extraordinary home.
And now she’ll remember the house sparrow
she thought she’d seen in the abbey roof
arcing from eave to eave, beyond and above.
on the fast train, a hotel for a night.
She’s been to the capital twice before,
once to see Tutankhamun when she was nine
and once when it rained. Crossing The Mall
she’s just a person like everyone else
but her hand keeps checking the invitation,
her thumb strumming the gilded edge of the card,
her finger tracing the thread of embossed leaves.
In sight of the great porch she can’t believe
the police just step aside, that doors shaped
for God and giants should open to let her in.
*
She’s taken her place with ambulance drivers
and nurses and carers and charity workers,
a man who alchemised hand sanitiser
from gin, a woman who walked for sponsored miles,
the boy in the tent. The heads of heads of state
float down the aisle, she knows the names
of seven or eight. But the music’s the thing:
a choir transmuting psalms into sonorous light,
the cavernous sleepwalking dreams
of the organ making the air vibrate,
chords coming up through the soles of her feet.
Somewhere further along and deeper in
there are golden and sacred things going on:
glimpses of crimson, flashes of jewels
like flames, high priests in their best bling,
the solemn wording of incantations and spells,
till the part where promise and prayer become fused:
the moment is struck, a pact is sworn.
*
And got to the abby . . . raised in the middle . . .
Bishops in cloth-of-gold Copes . . .
nobility all in their parliament-robes . . .
The Crowne being put on his head
a great shout begun. And he came forth . . .
taking the oath . . . And Bishops . . . kneeled
. . . and proclaimed . . . if any could show
any reason why Ch. . . . should not be the King . . .
that now he should come and speak . . .
The ground covered with blue cloth . . .
And the King came in with his Crowne . . .
and mond . . . and his sceptre in hand . . .
*
She’ll watch it again on the ten o’clock news
from the armchair throne in her living room:
did the cameras notice her coral pink hat
or her best coat pinned with the hero’s medal she got
for being herself? The invitation is propped
on the mantelpiece by the carriage clock.
She adorned the day with ordinariness;
she is blessed to have brought the extraordinary home.
And now she’ll remember the house sparrow
she thought she’d seen in the abbey roof
arcing from eave to eave, beyond and above.
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