Donnerstag, 24. März 2016

Klavierkonzert No 24


In seinem Gedicht Minority Report schreibt John Updike:

My beloved land
here I sit in London,
overlooking Regent's Park       
                                                          ⎬  both green
overlooking my new Citroen
exiled by success of sorts.
I listen to Mozart
in my English suit and weep.
remembering a Swedish film.


Der Film, der ➱Updike 1969 zum Weinen bringt, ist Elvira Madigandas Klavierkonzert ist Mozarts Nummer 21, das auch den Soundtrack zu dem Film lieferte. Hieß daraufhin in Amerika nur noch das Elvira Madigan Konzert, als hätte Mozart das für die dänische Seiltänzerin geschrieben (die mit ➱Elvira Madigan und ➱Liebestod hier schon zwei Posts hat). Die Deutsche Grammophon brauchte damals nur eine neue Plattenhülle. Pia Degermark und der Zusatz Elvira Madigan reichten aus, um die gute alte Aufnahme mit Géza Anda zu einem Bestseller zu machen.

Ich mag die Filme von Bo Widerberg, das habe ich schon in dem Post ➱Elvira Madigan gesagt. Er kann wunderbare Liebesfilme drehen, Filme in denen die Liebe die Alltagsrealität verzaubert. Wie in Elvira Madigan oder in Lust och fägring stor. Und natürlich gibt es bei ihm schöne Frauen wie Pia Degermark oder Marika Lagercrantz (Bild). Und natürlich die Musik. Das beherrscht Widerberg wie kein zweiter, einen Film mit Musik zu instrumentieren. Schauen Sie sich doch einmal diese Szene aus dem bittersüßen Film ➱Lust och fägring stor (1995) an. Händels Lascia ch'io pianga aus der Oper Rinaldo verzaubert jede Filmszene. Wird natürlich heute zu oft verwendet, aber hier gehört es hin. Ob Mozarts ➱Klarinettenkonzert in den Film Out of Africa gehört, ist eine andere Frage, es rettet auf jeden Fall den Film.

Heute vor 230 Jahren hat Wolfgang Amadeus Mozart sein 24. Klavierkonzert vollendet. Es ist in c-Moll geschrieben, das ist ungewöhnlich, nur zwei der 27 Klavierkonzerte haben eine Molltonart. Das zweite ist das Klavierkonzert Nummer 20. Das kennen wir alle, weil es diese unheimlich singbare Melodie hat, die zu Recht in den Noten mit Romance betitelt ist. Auf Platz 1 der YouTube Ergebnisse, finden wir diese ➱Aufnahme hier, optisch wegen der Pianistin im grünen Kleid ein Genuss. Wonderful, dressed only in her nighty! war einer der Kommentare zu einem ihrer Videos. Einen Namen hat die Frau hier nicht.

Braucht sie auch nicht, weil sie ein YouTube Star ist und durch YouTube berühmt geworden ist (ihr größter Erfolg ist Beethovens ➱Mondscheinsonate, sieben Millionen mal angeklickt). Die Pianistin heißt übrigens Valentina Lisitsa und kommt aus der Ukraine (lesen Sie ➱hier in der Zeit alles über sie). Ist aber pro-russsisch, das Symphonie Orchester von Toronto hat deshalb im letzten Jahr eine Tour mit ihr abgesagt (in den Fliegern von KLM und Lufthansa ist sie auch nicht mehr zu sehen). Wenn Sie die Frau aus der Ukraine näher kennenlernen wollen, dann habe ich hier ein ➱Video für Sie, das allerdings einige Stunden lang ist. Falls Sie auch ein YouTube Star werden wollen, auf dieser ➱Seite gibt Valentina Lisitsa zehn gute Ratschläge zu diesem Thema. Eine wirklich großartige Pianistin ist Valentina Lisitsa vielleicht nicht, aber sie präsentiert sich so, wie man sich heute wohl präsentieren muss.

Neuerdings gerieren sich ja viele Musikerinnen als Sexsymbole. Wenn sie dann noch so gut Klavier spielen können wie ➱Klára Würtz, dann nehmen wir das hin. Interessant sind die Kommentare zu ihren Musikvideos, die zum Teil auf sehr niedrigem Niveau sind. Manchmal aber auch treffend: Wie Sie spielt zwar gut aber ich kann dieses affektierte Gehampel nicht ab, hat Mozart nicht verdient! Glenn Gould hat beim Spielen auch seltsame Bewegungen gemacht, aber Valentina Lisitsa übertrifft alles. Kommt schon an Lang Lang heran.

Valentina Lisitsa nennt als eins ihrer Vorbilder den deutschen Pianisten Wilhelm Backhaus, aber das kann nicht sein. Der zappelte nicht mit den Armen, der spielte die schwierigsten Passagen knochentrocken aus dem Handgelenk. Man ertappt sich bei diesen YouTube Videos (wie zum Beispiel dieser Bach ➱Partita), dass man nur noch auf ihre Bewegungen achtet und nicht mehr auf die Musik hört, man hat beinahe das Gefühl (und die Kameras inszenieren das auch so), dass dies eine Art Sexualakt mit dem Piano sei.

Das 24. Klavierkonzert von Mozart ist eins der Konzerte, die man als sinfonische Konzerte Mozarts bezeichnet. Eins der wenigen Konzerte, in denen Klarinetten vorgeschrieben sind, eine Art Symphonie mit Klavier. Die ersten drei Minuten kann sich der Pianist langweilen. Viele Interpreten haben es gespielt, Glenn Gould auch. Ich weiß nicht, welche Aufnahme man empfehlen soll. Wenn es um die Gesamteinspielung der Klavierkonzerte geht, dann habe ich zwei Favoriten: Annerose Schmidt und Murray Perahia. Das habe ich schon in dem Post ➱CD Player (und vielleicht auch in ➱Mozarts Klaviersonaten) gesagt, aber ich wiederhole es gerne.

Mozart schreibt in dem Jahr 1786 noch viel, viel mehr, fünf Wochen nach Vollendung des Klavierkonzerts No 24 wird die Oper Le nozze di Figaro aufgeführt. Eine Oper, die hier immer wieder besprochen wird. Wie in den Posts ➱Hochzeitsvorbereitungen, ➱Opernhaus Hannover, ➱Flimm ist schlimm und ➱The marriage of Figaro. Die englische Aufführung, die man in ➱The marriage of Figaro anklicken kann, kann ich besonders empfehlen.

Eine Aufnahme des 24. Klavierkonzerts soll es heute hier auch geben, ich nehme dazu einmal Michail Pletnjow. Bitte nehmen Sie sich eine halbe Stunde Zeit und klicken Sie ➱hier. Dass ich Pletnjow gewählt habe, hat einen Grund. Und damit komme ich mal eben zu Mozarts Klaviersonate 17, einer Sonate, über die Alfred Einstein sagte: eins der seligsten Werke Mozarts, die 'Kleine Sonate' in B-dur K. Nr. 570 vom Februar 1789, vielleicht der ausgeglichenste Typus, das Ideal seiner Klaviersonate. Es ist eine Sonate, die ein wenig mit dem 24. Klavierkonzert zu tun hat. Denn Fachleute versichern uns: Die c-Moll-Episode dieses Satzes, der in Rondoform (oder fünfteiliger Liedform) gebaut ist, ist eng mit der c-Moll-Stelle des Mittelsatzes aus dem Klavierkonzert KV 491 verwandt; Takt 14 ist ein fast wörtliches Zitat daraus. Wir hören uns das Adagio mal eben ➱hier an. Niemand spielt das so wunderbar wie Pletnjow. Ich glaube, Sie werden sich ein Lesezeichen machen.

Und da ich das Thema Filmmusik angesprochen habe, habe ich hier noch eine kleine Liste von Posts, in denen Filmmusik vorkommt: Nero singt, The Go-Between, Elvira Madigan, Liebestod, Jugendkultur, Aimez-vous Brahms?, Ma Nuit Chez Maud, Sempé, Bertrand Tavernier, Alain Resnais, Dexter Gordon, Dokumentarfilm, I hear America Singing, Glenn Gould, Alan Parker, Uschi Glas. Michel Legrand, Mundharmonika, Hanns Eisler

1 Kommentar:

  1. Wenn man grauenhafte Klangqualität akzeptiert,wäre Clara Haskil die spannendere Alternative: http://www.amazon.de/Wolfgang-Amadeus-Mozart-Concerto-Concert/dp/B019GLNQ1S/ref=sr_1_6?ie=UTF8&qid=1459407546&sr=8-6&keywords

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