From the Halls of Montezuma
To the shores of Tripoli;
We fight our country's battles
In the air, on land, and sea;
First to fight for right and freedom
And to keep our honor clean;
We are proud to claim the title
Of United States Marines.
Ich weiß nicht, ob das Lied der ➱US Marines das Lieblingslied von Donald Trump ist, aber auf die ersten beiden Zeilen müssen wir mal eben eingehen. Halls of Montezuma? Tripoli? Also, Tripolis hat hier schon einen Post, der ➱Stephen Decatur heißt. Das ist der Marineheld, der Our Country! In her intercourse with foreign nations may she always be in the right; but right or wrong, our country! gesagt hat. Was immer verkürzt wird zu: Right or wrong, my country! Das wäre auch ein Satz für Donald Trump. Bleiben wir noch einen Augenblick bei ihm.
Denn heute vor 170 Jahren gewannen die Amerikaner in Mexiko die Schlacht von Chapultepec, und damit sind wir bei den Halls of Montezuma. Kann das nicht ein Vorbild sein? Warum einen Zaun bauen? Warum nicht einen Krieg führen? Der Mexikanisch-Amerikanische Krieg war nicht das einzige Mal, dass die Mexikaner amerikanische Truppen im Land hatten. Die kamen bei der sogenannten Mexikanischen Expedition, die man auch die Pancho Villa Expedition nennt, wieder. General Pershing hatte hinterher mehr Sterne auf der Schulter als jeder andere amerikanische General. General Winfield Scott nach dem mexikanischen Abenteuer im 19. Jahrhundert übrigens auch, er bekam den gleichen Dienstgrad wie George Washington. Das Bild zeigt uns die US Marines beim Sturm auf Chapultepec. Was nichts anderes als Heuschreckenhügel heißt.
Winfield Scott ist einundsechzig Jahre alt, er war schon General, da hatte Wellington noch nicht Napoleon (dessen Bücher Scott übersetzen wird) besiegt. Nun schickt ihn die Regierung von Präsident James K. Polk nach Mexiko. Präsident Polk (ein Sklavenhalter) glaubt an die Manifest Destiny, die wir hier als ➱Allegorie sehen. Gott hat es gewollt, dass Amerika immer größer wird. Kein Präsident hat Amerika größer gemacht als James K. Polk. Nach Quadratmetern berechnet. Kulturell ist da nicht so viel los. ➱James Quincy Adams hat über Polk gesagt: [Polk] has no wit, no literature, no point of argument, no gracefulness of delivery, no elegance of language, no philosophy, no pathos, no felicitous impromptus; nothing that constitutes an orator but confidence, fluency, and labor. Ich lasse jetzt mal den Vergleich mit Trump aus, der wird in Amerika schon häufig genug bemüht.
Als ➱Winfield Scott fünfundsiebzig ist, bricht der ➱Bürgerkrieg aus. Er ist immer noch Oberkommandierender der US Army. Er glaubt nicht an einen schnellen Sieg des Nordens, er präsentiert seinen Anaconda Plan, man lacht ihn aus. Nach ersten Jahren voller verlustreicher Schlachten, die häufig taktisch und strategisch außer vielen Toten nichts bringen, wird man einsehen, dass der Anaconda Plan doch die bessere Strategie für den Bürgerkrieg war.
Ein junger Leutnant, der in West Point eine Malklasse belegt hatte (hier eins seiner Bilder), möchte am liebsten nicht in den Mexikanischen Krieg ziehen. Er wird den Krieg in seinen Memoiren als of the most unjust ever waged by a stronger against a weaker nation bezeichnen und (in leichter Variation) sagen: I do not think there was ever a more wicked war than that waged by the United States on Mexico. Er heißt ➱Ulysses S. Grant, und er wird eines Tages genau so viel Sterne auf der Schulter haben wie Winfield Scott und George Washington.
Es sind junge Offiziere, die sich in diesem wicked war auszeichnen, manche kommen direkt von der Militätakademie West Point. Beinahe alle von ihnen werden Generäle im Bürgerkrieg sein: ➱Robert E. Lee, Grant, ➱Stonewall Jackson, McClellan, Beauregard, Longstreet, Albert Sidney Johnston, Joseph E. Johnston, Winfield Scott Hancock, George Gordon Meade, Edmund Kirby Smith, George H. Thomas, Braxton Bragg, ➱Joseph Hooker. ➱Pickett nicht zu vergessen, der nach ➱Gettysburg nie wieder ein Wort mit Lee wechseln wird. Winfield Scott (Bild) schätzt ➱Lee ganz besonders, wenn er 1861 zurücktritt, wird er ihm den Oberbefehl der US Army anbieten.
Robert E. Lee lehnt mit einem ➱Brief höflich ab: During the whole of that time, more than a quarter of a century, I have experienced nothing but kindness from my superiors & the most Cordial friendships from any Comrades. To no one Genl have I been as much indebted as to yourself for kindness & Consideration & it has always been my ardent desire to merit your approbation. I shall carry with me, to the grave the most grateful recollections of your kind Consideration, & your name & fame will always be dear to me. Er übernimmt den Oberbefehl der Armee der Südstaaten. Eine Generalsuniform wird er nie tragen, die eines Colonels der Armee von Virginia ist ihm genug. Die Schlacht von Chapultepec ist eine Katastrophe für die mexikanische Armee, die Verteidiger des Schlosses von Chapultepec sind am Ende alle tot. Kein Wunder, da die Amerikaner zehnfach überlegen sind. Die größten amerikanischen Verluste werden, dank der mexikanischen Scharfschützen, die Marines haben. Seitdem tragen sie rote Biesen (blood stripes) an ihren Hosen.
Im Schloss von Chapultepec, in dem eines Tages ➱Maximilian residieren wird, ist eine Militärakademie untergebracht. Die jungen Kadetten und ihre Ausbilder nehmen den Kampf gegen die amerikanische Übermacht auf. Wofür? Für einen korrupten Generalissimus und Präsidenten namens ➱Santa Anna? Von den Kadetten sind sechs als die Heldenkinder von Chapultepec (Niños Héroes) berühmt geworden. Man verehrt sie heute noch. Dieses Wandgemälde von Gabriel Flores zeigt den jungen Juan Escutia, der sich in eine Fahne gehüllt in den Tod stürzt.
Wer ist schuld an Amerikas Großmachtdenken? Immer wieder wird der Bischof George Berkeley zitiert, weil er in einem Gedicht die Zeile Westward the course of empire takes its way geschrieben hat. Was von den Anhängern der Manifest Destiny begierig aufgegriffen wurde. Berkeley hat das allerdings nicht so gemeint, für ihn war Amerika ein neues Paradies, die alte Welt hatte abgewirtschaftet. Sein Experiment, in Amerika die neue Welt zu gründen, war nach zwei Jahren zuende. Aber diese wunderbare ➱palladianische Tür in seinem Landsitz Whitehall, die hat er da gelassen. Ein wenig Kultur kann nie schaden.
1947, wenige Monate vor dem hundertsten Jahrestag der Schlacht von Chapultepec, hat der amerikanische Präsident Harry S. Truman Mexiko besucht. Er brachte einige mexikanische Fahnen mit, die Winfield Scotts Armee erbeutet hatte. Und er hat, was damals als Sensation empfunden wurde, am Denkmal der jungen ➱Helden einen Kranz niedergelegt. Er wollte damit würdigen, dass Mexiko den USA im Zweiten Weltkrieg beistand. Von solchen symbolischen Handlungen sind wir heute weit entfernt. Sehr weit.
Denn heute vor 170 Jahren gewannen die Amerikaner in Mexiko die Schlacht von Chapultepec, und damit sind wir bei den Halls of Montezuma. Kann das nicht ein Vorbild sein? Warum einen Zaun bauen? Warum nicht einen Krieg führen? Der Mexikanisch-Amerikanische Krieg war nicht das einzige Mal, dass die Mexikaner amerikanische Truppen im Land hatten. Die kamen bei der sogenannten Mexikanischen Expedition, die man auch die Pancho Villa Expedition nennt, wieder. General Pershing hatte hinterher mehr Sterne auf der Schulter als jeder andere amerikanische General. General Winfield Scott nach dem mexikanischen Abenteuer im 19. Jahrhundert übrigens auch, er bekam den gleichen Dienstgrad wie George Washington. Das Bild zeigt uns die US Marines beim Sturm auf Chapultepec. Was nichts anderes als Heuschreckenhügel heißt.
Winfield Scott ist einundsechzig Jahre alt, er war schon General, da hatte Wellington noch nicht Napoleon (dessen Bücher Scott übersetzen wird) besiegt. Nun schickt ihn die Regierung von Präsident James K. Polk nach Mexiko. Präsident Polk (ein Sklavenhalter) glaubt an die Manifest Destiny, die wir hier als ➱Allegorie sehen. Gott hat es gewollt, dass Amerika immer größer wird. Kein Präsident hat Amerika größer gemacht als James K. Polk. Nach Quadratmetern berechnet. Kulturell ist da nicht so viel los. ➱James Quincy Adams hat über Polk gesagt: [Polk] has no wit, no literature, no point of argument, no gracefulness of delivery, no elegance of language, no philosophy, no pathos, no felicitous impromptus; nothing that constitutes an orator but confidence, fluency, and labor. Ich lasse jetzt mal den Vergleich mit Trump aus, der wird in Amerika schon häufig genug bemüht.
Als ➱Winfield Scott fünfundsiebzig ist, bricht der ➱Bürgerkrieg aus. Er ist immer noch Oberkommandierender der US Army. Er glaubt nicht an einen schnellen Sieg des Nordens, er präsentiert seinen Anaconda Plan, man lacht ihn aus. Nach ersten Jahren voller verlustreicher Schlachten, die häufig taktisch und strategisch außer vielen Toten nichts bringen, wird man einsehen, dass der Anaconda Plan doch die bessere Strategie für den Bürgerkrieg war.
Ein junger Leutnant, der in West Point eine Malklasse belegt hatte (hier eins seiner Bilder), möchte am liebsten nicht in den Mexikanischen Krieg ziehen. Er wird den Krieg in seinen Memoiren als of the most unjust ever waged by a stronger against a weaker nation bezeichnen und (in leichter Variation) sagen: I do not think there was ever a more wicked war than that waged by the United States on Mexico. Er heißt ➱Ulysses S. Grant, und er wird eines Tages genau so viel Sterne auf der Schulter haben wie Winfield Scott und George Washington.
Es sind junge Offiziere, die sich in diesem wicked war auszeichnen, manche kommen direkt von der Militätakademie West Point. Beinahe alle von ihnen werden Generäle im Bürgerkrieg sein: ➱Robert E. Lee, Grant, ➱Stonewall Jackson, McClellan, Beauregard, Longstreet, Albert Sidney Johnston, Joseph E. Johnston, Winfield Scott Hancock, George Gordon Meade, Edmund Kirby Smith, George H. Thomas, Braxton Bragg, ➱Joseph Hooker. ➱Pickett nicht zu vergessen, der nach ➱Gettysburg nie wieder ein Wort mit Lee wechseln wird. Winfield Scott (Bild) schätzt ➱Lee ganz besonders, wenn er 1861 zurücktritt, wird er ihm den Oberbefehl der US Army anbieten.
Robert E. Lee lehnt mit einem ➱Brief höflich ab: During the whole of that time, more than a quarter of a century, I have experienced nothing but kindness from my superiors & the most Cordial friendships from any Comrades. To no one Genl have I been as much indebted as to yourself for kindness & Consideration & it has always been my ardent desire to merit your approbation. I shall carry with me, to the grave the most grateful recollections of your kind Consideration, & your name & fame will always be dear to me. Er übernimmt den Oberbefehl der Armee der Südstaaten. Eine Generalsuniform wird er nie tragen, die eines Colonels der Armee von Virginia ist ihm genug. Die Schlacht von Chapultepec ist eine Katastrophe für die mexikanische Armee, die Verteidiger des Schlosses von Chapultepec sind am Ende alle tot. Kein Wunder, da die Amerikaner zehnfach überlegen sind. Die größten amerikanischen Verluste werden, dank der mexikanischen Scharfschützen, die Marines haben. Seitdem tragen sie rote Biesen (blood stripes) an ihren Hosen.
Im Schloss von Chapultepec, in dem eines Tages ➱Maximilian residieren wird, ist eine Militärakademie untergebracht. Die jungen Kadetten und ihre Ausbilder nehmen den Kampf gegen die amerikanische Übermacht auf. Wofür? Für einen korrupten Generalissimus und Präsidenten namens ➱Santa Anna? Von den Kadetten sind sechs als die Heldenkinder von Chapultepec (Niños Héroes) berühmt geworden. Man verehrt sie heute noch. Dieses Wandgemälde von Gabriel Flores zeigt den jungen Juan Escutia, der sich in eine Fahne gehüllt in den Tod stürzt.
Wer ist schuld an Amerikas Großmachtdenken? Immer wieder wird der Bischof George Berkeley zitiert, weil er in einem Gedicht die Zeile Westward the course of empire takes its way geschrieben hat. Was von den Anhängern der Manifest Destiny begierig aufgegriffen wurde. Berkeley hat das allerdings nicht so gemeint, für ihn war Amerika ein neues Paradies, die alte Welt hatte abgewirtschaftet. Sein Experiment, in Amerika die neue Welt zu gründen, war nach zwei Jahren zuende. Aber diese wunderbare ➱palladianische Tür in seinem Landsitz Whitehall, die hat er da gelassen. Ein wenig Kultur kann nie schaden.
1947, wenige Monate vor dem hundertsten Jahrestag der Schlacht von Chapultepec, hat der amerikanische Präsident Harry S. Truman Mexiko besucht. Er brachte einige mexikanische Fahnen mit, die Winfield Scotts Armee erbeutet hatte. Und er hat, was damals als Sensation empfunden wurde, am Denkmal der jungen ➱Helden einen Kranz niedergelegt. Er wollte damit würdigen, dass Mexiko den USA im Zweiten Weltkrieg beistand. Von solchen symbolischen Handlungen sind wir heute weit entfernt. Sehr weit.
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