Dienstag, 23. Juni 2020

heute hier, morgen dort


Zu seinem siebzigsten Geburtstag habe ich ihm hier gratuliert. Das war ein kurzer Post, weil ich genau zwei Jahre zuvor mit Volkssänger einen langen Hannes Wader Post geschrieben hatte. Damals war ich ein halbes Jahr im Internet, hatte meine Statistikseite noch nicht gefunden und wusste nicht, wie viele Leute mich lasen. Oder ob mich überhaupt jemand las. Heute gucke ich jeden Morgen auf die Statistikseite. Der Post hat damals 803 Leser gehabt, kein Vergleich mit dem Post Somewhere West of Laramie vom 5. Juni 2010, der über 12.000 mal angeklickt wurde. Der kleine Wader Post im Jahre 2012 hatte nur 426 Leser gehabt, während ein Post wie Notting Hill in der Woche auf über 3.000 Leser kam. Ist zugegeben auch ein interessanter Post. Meine Leser scheinen Hannes Wader nicht so sehr zu mögen, aber einen Geburtstagsgruß gibt es heute trotzdem für ihn.

Vor drei Jahren hat er sein Abschiedskonzert gegeben, da war er fünfzig Jahre lang on the road. Neununddreißig Alben gibt es. 2013 hat den ✺Echo Preis für sein Lebenswerk bekommen, und er hat die Gitarre ergriffen und das Lied gesungen, mit dem er alle Konzerte eröffnet hat: Heute hier, morgen dort. Er singt das, weil er es im Schlaf singen kann, um reinzukommen in das Konzert. Weil er Angst hat vor dem öffentlichen Auftritt. Das hat er 2012 im Interview bei 3nach9 gestanden.

Im letzten Jahr hat er seine Autobiographie veröffentlicht. Einige Sätze daraus habe ich in dem Post Tagebücher zitiert. Mehr kann ich daraus jetzt auch nicht zitieren, weil ich das Buch der Ingrid geschenkt habe. Die liebt Hannes Wader, nicht nur, weil er schöne Lieder singt. Er war für sie ein richtiger Mann. Sie war immer neidisch auf mich, weil ich mal mit ihm in einer Konzertpause zehn Minuten geschnackt habe. Da war übrigens nichts vom Lampenfieber bei ihm zu merken.

Die Karte von dem Konzert liegt immer noch in meiner Schreibtischschublade. Hannes Wader hat mein Leben seit den 68er Tagen begleitet. Als ich das erste Mal bei einem Hannes Wader Konzert war, waren da nur Leute aus meiner Generation, ich weiß nicht, wie das heute ist. Aber Leute wie mich gibt es hunderttausendfach, Kriegsgeneration, irgendwie 68er, grauer Bart. Lauter Hannes Wader Klone. Ich weiß nicht, ob inzwischen auch Teenies zu seinen Konzerten kommen, damit sich Zahnspangengeneration und Kukidentfraktion treffen können, habe ich vor zehn Jahren geschrieben.

Auf seiner Homepage schreibt Wader: je älter ich werde, desto klarer wird mir, dass ich zeit meines Lebens fast nichts anderes getan habe, als zu versuchen meine Jugendträume zu realisieren, dafür einiges auf mich zu nehmen und anderen zuzumuten. Bin ich meist erfolgreich in der Umsetzung banaler Vorhaben, scheitere ich an ehrgeizigeren Traumzielen (wie z.B. die Welt zu retten). Mehr als nur einen Bruchteil seiner Träume zu verwirklichen ist ohnehin unmöglich. Niemand kann das. Es kommt nur darauf an, seine Träume auch im Scheitern nicht zu entwerten, geringzuschätzen und sich ihrer nicht als Hirngespinste zu schämen. Der Browser Safari sagt bei der Adresse nicht sicher. Das hat nichts mit der kommunistischen Vergangenheit des Sängers zu tun, Safari kann bei vielen Seiten, vor allem im Kunstbereich, die Sicherheit nicht garantieren. Die Seite des englischen Photographen Roger Mayne ist auch nicht sicher. Und da ich dabei bin: Catalina läuft nicht mehr auf diesen Mac, dafür läuft der Mac wieder.

Wenn man diese Seite anklickt, bekommt man einen Überblick über alle Alben, alle Lieder. Und man ertappt sich dabei, Ich bin unterwegs nach Süden oder Jepestinja Stepanowas Garten mitzusingen. Es ist eine gefährliche Sache, eine Hannes Wader CD einzulegen, da beginnt zu den ersten Gitarrenklängen ein Nostalgietrip, und der zieht einen zurück in die siebziger und achtziger Jahre. Ich stelle die CDs jetzt mal wieder alle ins Regal zurück, das Geburtstagskind wird mir das verzeihen. Er wird mir auch verzeihen, wenn ich nicht alles von ihm gut finde. So frankophil er ist, er hätte lieber die Finger von Les feuilles mortes gelassen, das Chanson ist bei Cora VaucaireYves Montand und anderen besser aufgehoben.

Wenn Sie nichts von Hannes Wader kennen, aber einen Überblick über sein Werk haben wollen, empfehle ich die CD Trotz alledem; die 37 Titel auf dieser Doppel CD hat Wader selbst ausgesucht. Meine Lieblings CDs sind die, auf denen er Lieder singt. Wie zum Beispiel die Carl Michael Bellman Lieder, die Liebeslieder oder die Schubert Lieder, Des Baches Wiegenlied finde ich sehr schön. In der 3nach9 Talkshow hat er Ende Dass wir so lang leben dürfen gesungen, und das stelle ich hier auch zum Schluss noch einmal hin.

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