Ich guckte das Photo dieses Jacketts bei ebay scharf an und fragte mich, wer wohl der Hersteller sei. Es stand da, dass das Jackett von Patrick Hellmann sei, aber Hellmann macht natürlich keine Jacketts. Am Anfang hatte er in seiner Patrick Hellmann Collection viel von ▹Kiton und Attolini, danach gab es vieles, was in Polen genäht wurde. Das muss nichts Schlechtes sein, auch ▹Regent ließ da mal jahrelang fertigen. Heute kommt beinahe alles, was den Namen Patrick Hellmann trägt, aus Portugal von der Firma ▹Diniz + Cruz. Das habe ich schon in dem Post ▹Berliner Mode gesagt, mehrere Leser haben mir das nach einem Blick auf das Etikett in der Innentasche bestätigt.
Das Jackett hatte bei ebay nur zwei Photos, von vorn und von hinten. Ich kopierte mir die auf den Schreibtisch und vergrößerte sie. Brachte bei der Qualität des Originals wenig. Doch es war mir ziemlich klar, dass das Jackett von Attolini stammte, die barchetta Brusttasche, das opulente Revers und die Schultern wiesen alle auf Attolini hin. Aber man guckt da doch noch mal genau hin, bevor man bei einem Preis von 49 € (portofrei) für ein Kaschmirjackett dieses magische sofort kaufen anklickt. Ich hatte natürlich mit meiner Annahme recht, auch mein Jackett hat dieses Etikett. Aber wo hier der Name des Hamburger ▹Herrenausstatters Braun steht, steht auf meinem Etikett Sartoria Attolini cuce a mano per Patrick Hellmann.
Es gibt in Neapel noch einen anderen Attolini, der auch Anzüge näht. Lange nicht so teuer wie Caesare Attolini, aber gar nicht schlecht. Der Firmengründer heißt Luciano Attolini, und die Firma ist älter als die von Caesare Attolini. Die beiden Familien sollen sogar entfernt miteinander verwandt sein, haben geschäftlich nichts miteinander zu tun. Ich habe seit vielen Jahren einen Anzug von Luciano Attolini, erstklassiger Schnitt, erstklassiger Stoff (Loro Piana), und das Ganze für einen Hunni. Noch D-Mark. Ich kann nichts Böses über Luciano Attolini sagen.
Über Caesare Attolini (hier ein Bild des Firmengründers Vincenzo) natürlich auch nicht. Er ist dafür berühmt geworden, dass er das neapolitanische Jackett erfunden hat. Fließende Linien, kaum Schulterpolster und kaum Einlagen. Das macht man in Neapel noch heute. Attolini arbeitete damals für ▹Gennaro Rubinacci, und diesen Schneider gibt es heute immer noch. Wenn wir ganz genau sind, dann hat wohl Caesare Attolini nicht das neapolitanische Jackett erfunden, sondern ▹Domenico Caraceni. Bei dem der Herzog von Windsor sich auch mal Anzüge machen ließ.
Der ansonsten auf den Holländer ▹Frederick Scholte vertraute, der etwas kreierte, was man den ▹drape look nannte. Natürliche Schultern, viel Platz in der Brust und eine schmale Taille. Das ähnelte dem Schnitt der Uniform der Gardeoffiziere. Auch Anthony Sinclair, der aus Sean Connery James Bond machte, orientierte sich an diesem Stil (lesen Sie mehr dazu in ▹Agentenmode und ▹Scotland Forever), schließlich war der Regisseur Terence Young Offizier in einem Garderegiment gewesen. Da lag es nahe, dass er Connery zu seinem Schneider schleppte.
Der Herzog von Windsor sagte über seinen ▹Schneider: From 1919 until 1959 –- a space of forty years -– my principal tailor in London was Scholte. It is a firm which, alas, no longer exists… [Scholte] once told me that as a young man he had had to serve ten years of arduous apprenticeship before he was allowed to cut a suit for a client. He had the strictest ideas as to how a gentleman should and should not be dressed…he disapproved strongly of any form of exaggeration in the style of the coat …As befitted an artist and craftsman, Scholte had rigid standards concerning the perfect balance of proportions between shoulders and waist in the cut of a coat to clothe the masculine torso. Fruity [Metcalfe] who, for all his discretion of costume was always ready for some experiment, had sinned by demanding wider shoulders and a narrower waist. Thus, for some time, he was excluded from Scholte’s sacred precints. These peculiar proportions were Scholte’s secret formula.
Der Unterschied zu Attolini und Caraceni war allerdings, dass die Savile Row in den dreißiger Jahren bei ihrem ▹natural look Stoffe verwendete, die zwischen 13 und 20 Unzen wogen. Die kann man auch zur Moorhuhnjagd anziehen, garantiert thornproof. Die einmal geschneiderte Form blieb immer erhalten, der Anzug veränderte sich nicht; formtreu, wie es bei C&A in den fünfziger Jahren hieß. Noel Coward pflegte seine Anzüge gegen die Wand zu werfen, damit sie weicher wurden. Ich glaube, das war vergebene Liebesmühe. Fred Astaire bat das Personal bei Anderson & Sheppard, wenn er seinen neuesten Anzug anprobierte, die Teppiche wegzuräumen. Und tanzte dann durch den Laden. Er brauchte Bewegungsfreiheit in seinen Anzügen.
Frederick Scholte hielt nicht viel von den Größen des Showgeschäfts, sie mochten Millionäre sein und durch den Laden tanzen, aber sie waren keine Gentlemen. Scholte hatte den jungen Schweden Per Anderson ausgebildet, der später Sidney Sheppard als Kompagnon in seine Firma aufnahm. ▹Anderson & Sheppard ist heute immer noch der berühmteste Name der Savile Row. Genau genommen sitzen sie in der Old Burlington Street, aber das zählt zur Savile Row sozusagen dazu. Das ▹neapolitanische Jackett von Caesare Attolini wird nicht auf der Stelle ein Renner sein, die italienische Oberschicht bevorzugt noch lange den englischen Stil und englische Kleidung. Deshalb werden Firmen wie Chester Barrie und ▹Simon Ackerman in Italien auch noch lange Erfolg haben. Richard Froomberg, der die Boutique Grey Flannel in London besitzt, hat dazu gesagt: The English wear Italian because they think it's chic. And the Italians wear English because they think it's chic.
Wenn man die fließenden Linien des natural style der Engländer mit Stoffen erreichen will, die weniger als 13 Unzen wiegen, dann ist das nicht so einfach. Mein Versuch, meine Oma Ende der fünfziger Jahre zu überreden, die Schulterpolster und den ▹Brustplack aus meinem Tweedjackett zu nehmen, scheiterte. Das geht nicht, Dschunge, sagte sie und erklärte mir, warum das an meinem Jackett nicht ging. Aber ein Oberhemd mit blau-weißen Streifen hat sie mir genäht, ich war der einzige im Ort, der so etwas besaß. Die Modezeichnungen wie diese hier verhießen dem Konsumenten etwas, was an den neapolitanischen Stil und den drape look heranreichte, die Wirklichkeit des Alltags der fifties sah anders aus. Ganz anders.
Der englische Schneider ▹Steven Hitchcock hat zu dem Thema der natürlichen Linie gesagt: You’ve got to have the techniques and the cutting skills and the tailors. The craftsmen have got to be even better than they were thirty or forty years ago. When you look at [one of our suits], hopefully it will look the same as Cary Grant, Fred Astaire and the Duke of Windsor, but the tailoring is actually much better. With more lightweight cloths, the tailoring is much more luxurious now, but it’s very difficult to achieve – we can only make 150 suits a year. You have to be a much better craftsman today. Das Bild hier zeigt ein Sakko von Attolini mit der neapolitanischen Schulter, die das Gegenteil einer Cifonelli Schulter ist, bei der Giacca a Mappina ist sie locker eingesetzt wie ein Hemdärmel.
Als Vincenzo Attolini den berühmten Gennaro Rubinacci verlässt, macht er sich kurz vor dem Zweiten Weltkrieg in der Via Vetriera in Neapel mit einem Atelier selbstständig. Das hat noch nichts von der Fabrik seines Sohnes Caesare in Casalnuovo di Napoli (die liegt zwischen IKEA Napoli und dem Fiat Werk) an sich. Hier arbeiten heute 130 Schneider und Schneiderinnen, ich nehme mal an, dass die Mädels hier die Knopflöcher nähen. Attolini macht gute Knopflöcher, aber die von Kiton sind viel eindrucksvoller.
Und ich möchte an dieser Stelle einmal anfügen, dass ich letztens ein zwei Jahre altes, aber nie getragenes Regent Jackett gekauft habe (5 € bei ebay), das so erstklassige Knopflöcher hat, wie ich sie in den letzten Jahrzehnten noch nie an einem Regent Jackett gesehen habe. Knopflochfetischischten lesen an dieser Stelle bitte einmal die Posts ▹Ärmelknöpfe und ▹Ärmelfutter. In letzterem findet sich das schöne Zitat von Tom Wolfe über die Cypriot seamstresses who made buttonholes and can't speak any English findet. Wer wunderbare Knopflöcher kann, verdient nie so viel wie ein Schneider, das wird bei Attolini nicht anders sein.
Das Atelier von Vincenzo ist etwas mehr als fünfzig Quadratmeter groß. Eine Art Wohnzimmer für die Bourgeoisie von Neapel. Die Wände sind voller Gemälde, viele Kunden von Attolini bezahlen ihren Anzug mit Kunstwerken, weil sie wissen, dass der Meister das mag. Attolini liebte auch die Oper, über die er mit Kunden und Freunden gerne diskutierte. Zu seinen Freunden zählte auch der Schauspieler Totò (der Mann mit den längsten Adelstiteln Italiens). Attolini hatte im Gegensatz zu Frederick Scholte nichts gegen Schauspieler. Diese beiden Herren tragen Attolini, ob der Bikini von der jungen Dame auch von Attolini ist, das weiß ich nicht.
Der Film ▹It Started in Naples, in dem Clark Gable und Vittoria de Sica in Anzügen von Attolini zu sehen sind, war eine gute Reklame für Attolini. Heute ist es ein Film wie La Grande Bellezza (Filmbild), aber heute braucht die Firma Werbung wahrscheinlich nicht mehr. Der Schnitt der Jacketts ist dergleiche geblieben, aber das Bild der Frau hat sich in einem halben Jahrhundert doch verändert. War es 1960 noch ein halbwegs züchtiger blauer Bikini, räkeln sich jetzt nackte Schlampen auf dem Fauteuil.
Film und Mode gehen in Italien nach dem Zweiten Weltkrieg Hand in Hand, Sie könnten jetzt mal eben den Post ▹Cinecittà und die Mode lesen, dann wissen Sie mehr. Und ich brauche das nicht zu wiederholen, dieser Post hier wird eh zu lang. Vittoria de Sica war Kunde bei Rubinacci gewesen, aber als Attolini Rubinacci verließ, folgte de Sica dem Meisterschneider in die Via Vetriera. Er wusste, dass er bei ihm richtig war, um das oberste Ziel des italienischen Mannes zu erreichen: fare una bella figura
Das wusste auch Marcello Mastroianni, der auch Kunde bei Attolini war, obgleich es ihm nicht klar war, dass er plötzlich ein Star war, den jeder imitieren wollte: Jemand sagte zu mir viele Jahre später: 'Als wir dich in 'Das süße Leben' in so bestimmten gestreiften Hemden, in diesem weißen Anzug und mit dieser Sonnenbrille gesehen haben, wollten wir wissen, wo wir diese Sache kaufen könnten'.
Oder das Auto, das ich fuhr, diesen Triumph Spider, der wieder Mode wurde. Denn es stimmt,dass jener Marcello aus 'Das süße Leben', der den Antihelden darstellte, fast schon die Rolle des Helden übernommen hatte. Damals habe ich das nicht begriffen, weil noch nie ein Fan-girl auf mich am Hoteleingang oder vor einem Filmsaal gewartet hatte. Meine Oma hat nie einen Film mit Mastroianni gesehen, deshalb wusste sie auch nicht, weshalb ihr Enkel ein Hemd mit Streifen brauchte, kaum dass er ▹Das süße Leben gesehen hatte.
Neapel ist ein Paradies, jedermann lebt in einer Art von trunkner Selbstvergessenheit. Mit geht es ebenso, ich erkenne mich kaum, ich scheine mir ein ganz anderer Mensch. Gestern dacht' ich: 'Entweder du warst sonst toll, oder du bist es jetzt', schreibt Goethe in seiner Italienischen Reise. Man glaubt in Neapel, nicht erst seit den Tagen von Goethe oder des Schneiders Vincenzo Attolini, dass dies die eleganteste Stadt Italiens ist. Dass hier die besten Schneider sitzen und hier die bestangezogenen Herren auf den Straßen flanieren. Nicht in Rom oder Mailand. Nein, in Neapel, wo der Müll und die Mafia zu Hause sind. Es wird die Neapolitaner geschmerzt haben, dass ihre Stadt in Alan Flussers Style and the Man überhaupt nicht erwähnt wird. Rom und Mailand schon.
In den neunziger Jahren kam Kiton nach Deutschland, niemand redete damals on Attolini. ▹Hans Carl Capelle nahm in seinem Laden ▹Kelly's einige Stücke ins Angebot und sicherte sich selbst einen grauen Zweireiher. Den er immer trug, wenn er zur Industrie- und Handelkammer musste. Aber er konnte sich nicht wirklich entschließen und vertraute lieber auf ▹Zegna, die damals noch Qualität lieferten, und ▹Caruso.
Es waren eher die Händler in Süddeutschland, die die Marke Kiton propagierten. W.J. Stamm in Nürnberg (der sich 2002 zum vierzigjährigen Jubiläum sogar eine Festschrift gönnte), Rudolf Böll (der ▹hier schon einen Post hat) oder Max Dietl. Für Fritz Unützer gab es neben Kiton nur noch ▹Caruso, er sagte in einem Interview, Caruso sei das einzige Produkt in dieser Preislage, das in der Anmutung in die Nähe eines Kiton-Sakkos kommt. Warum redet niemand von Attolini? Die Antwort ist ganz simpel: die sind noch gar nicht im Geschäft.
In der Selbstdarstellung der Firma Attolini wird uns vorgegaukelt, dass es eine direkte Linie von Vincenzos neapolitanischem Jackett zur heutigen Firma gibt. Hier ist eins, das Attolini in den dreißiger Jahre in seiner Zeit bei Rubinacci gemacht hat, man kann sehr schön die barchetta Form der Brusttasche sehen. Aber es gibt diese ungebrochene Tradition nicht. Vincenzo Attolinis Sohn Cesare arbeitet in den fünfziger und sechziger Jahren für alle möglichen Firmen. In den neunziger Jahren gründet er eine eigene Firma, die er Sartorio nennt, er verkauft sie 2002 an ▹Kiton. Kiton bringt dann die Marke Sartorio 2009 auf den amerikanischen Markt, preislich etwas günstiger als ihr Kiton Label.
Zu Kiton hat Cesare Attolini, der immer noch in der Firma ist, ein besonderes Verhältnis. Denn als Ciro Paone und Antonio Carola die Firma gründen, sind zwei Spezialisten für die Kollektion verantwortlich. Der eine heißt Enrico Isaia, er ist für das Design von Kiton zuständig. Ganz nebenbei hat er mit seinen Brüdern schon seit 1957 eine eigene ▹Firma. Die noch ein etwas preiswerteren Zweitlabel namens Michelangelo hat (für den amerikanischen Markt hat Isaia noch eine Zweitmarke namens Eidos). Der zweite Spezialist, dem die ganze Schneiderei untersteht, ist niemand anderer als Cesare Attolini. Wenn man so will, könnte man sagen, dass aus Kiton nichts geworden wäre, wenn sie nicht Cesare Attolini gehabt hätten. Das wird allerdings auf den Seiten von Attolini niemals erwähnt.
Heute sitzen keine Schneider mehr im Schneidersitz auf dem Tisch, die Fabrik von Attolini sieht aus wie jede andere Fabrik, die ▹Maßkonfektion herstellt. Es gibt 130 Schneider, und man produziert ungefähr 35 Anzüge am Tag. Für einen Anzug braucht man 25 bis 30 Stunden. Was Attolini am Tag herstellt, wird in einer der vielen Fabriken von Boss wahrscheinlich in der Stunde fertiggestellt werden. Trotz einer großen Nachfrage werden die Produktionszahlen nicht erhöht. Der jüngste Sohn von Cesare Attolini hat auch noch eine eigene kleine Fabrik, in der dreißig Schneider arbeiten.
Seine Marke heißt ▹Stile Latino und die Klamotten sehen ziemlich wild aus. Das ist nicht jedermanns Geschmack. In einem Blog namens Seestrasse7 kann man diesen wunderbaren Schmäh lesen: das Preis-Leistungsverhältnis einen Anzuges aus dem Hause Partenopea sucht in der sartorialen Welt ihresgleichen. Kiton ist, abgesehen von absurder Preisgestaltung, heute nur noch in Gebrauchtwagenhändler-Kreisen ein Muß. Attolini hat auch ordentlich Glanz verloren, die neue Linie „Stile Latino“ überzeugt uns nicht und Brioni ist der textile Seniorenteller.
Seniorenteller? Das hier ist ein neues ▹Brioni Modell. Bestimmt nicht vom Seniorenteller, aber ein Ausdruck der reinen Verzweiflung. Als die Marke von dem französischen Pinault Konzern übernommen wurde, feuerte man den Chef ▹Umberto Angeloni, den man einmal Mr Brioni nannte. Und das war saudumm. Angeloni kaufte sich bei Caruso ein, und Brioni ist ▹finanziell im freien Fall nach unten. Und versucht sich mit solchen Scheußlichkeiten an ein jugendliches Publikum ranzuschmeißen. Italiens Problem ist, dass sie zuviele Sartoria Firmen besitzen, die sich gegenseitig Konkurrenz machen. Das Problem haben wir in Deutschland nicht. Da haben wir niemanden, der in der Liga von Kiton, Attolini, Partenopea, Brioni, d'Avenza, Isaia, Belvest, Caruso, Luciano Barbera, Cantarelli, Santandrea, Antonio Fusco, Canali und Pal Zileri (um nur mal einige Namen zu nennen) mitspielen kann. Auch Regent nicht. Ein Schneider wie Heinz-Josef Radermacher in Düsseldorf schon, aber der produziert keine Massenware.
Mein erstes Attolini Jackett hat mich 19 Euro gekostet, es hatte dieses Label. Denn Attolini hat mal eine Zeit lang für ▹Luciano Barbera die collezione sartoriale hand made in Italy gemacht. Luciano Barbera hatte für seine Luxuslinie auch andere Lieferanten als Attolini, aber mein Jackett ist einwandfrei von Cesare Attolini. Vielleicht hätte ▹Luciano Barbera lieber die Finger von der ▹Konfektion lassen und sich auf die von seinem Vater Carlo geerbte Weberei konzentrieren sollen. Denn die ist vor Jahren in finanzielle Schwierigkeiten geraten, 2010 hat sich Kiton die Aktienmehrheit gesichert. Was natürlich irgendwie passend ist, denn bei der Geburtsstunde der Firma Kiton war Luciano Barbera im Hintergrund auch dabei. Die neue Luxusfirma brauchte ja gute Stoffe, und die kommen immer noch von ▹Carlo Barbera. Heute kann man Luciano Barbera (aber nicht die Luxuslinie) bei ▹Amazon kaufen, da möchte Attolini nie hin.
Attolini-Menschen lieben Qualität, aber sie haben nicht nötig, das zu zeigen. Unser Stil ist es, natürlich zu sein, einfach natürlich, hat Massimiliano Attolini (im Bild rechts neben seinem Bruder Giuseppe) gesagt. Wunderbare Sprüche können sie, die Italiener. Wunderbare Jacketts auch. Konfektionsgrößen können sie überhaupt nicht, das ist bei Kiton, Brioni und Isaia nicht anders. Da hilft nur anprobieren, anprobieren.
Und wenn Sie ein Attolini Jackett bei ebay ersteigern wollen, lassen Sie sich vom Händler die genauen Maße für Schulter, Brust, Bauch und Ärmel geben. Alle Größen, die die Italiener auf die in den Taschen verborgenen Etiketten schreiben, sind erlogen. Mein Attolini Jackett war mir eine Spur zu lang, ich brachte es zum Schneidermeister ▹Yesilyurt, damit er es zwei Finger kürzer machte. Was er wirklich perfekt gemacht hat, man kann nicht sehen, wo Attolini aufhört und wo Yesilyurt anfängt. Er könnte bestimmt bei Attolini einen Job kriegen, aber ich bin froh, dass er hier bei mir um die Ecke ist.
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