Der Herr hier hatte es am 29. Juli 1981 sehr eilig, um noch rechtzeitig in die St Paul's Cathedral zu kommen. Er war gerade aus seinem Rolls-Royce gestiegen, da fielen die Fans über ihn her. Er ist eine Berühmtheit. Aber nicht so berühmt wie der Bräutigam, der ihn eingeladen hat. Dass er hier vorgibt, ganz schnell zu laufen, ist natürlich nur eine Showeinlage. Der Mann ist in dem Geschäft, in dem man komisch sein muss. Er heißt Spike Milligan. Er trägt zwar einen ↝Morning Coat, aber der ist nicht so ganz comme il faut: Denn diese Version des Morning Coat ganz in grau darf eigentlich, so eine alte englische Benimmregel, nur der Bräutigam (und der Brautvater) oder ein Viscount tragen.
Die Hochzeit, zu der der Mann im grauen Morning Coat eilt, ist das große Ereignis in England. In ihrem wunderbaren Buch The Secret Diary of Adrian Mole. Aged 13 3/4 läßt Sue Townsend den kleinen Adrian Mole am Tag vor der Hochzeit des Prinzen von Wales in sein geheimes Tagebuch schreiben: I hope the Prince remembers to remove the price ticket off the bottom of his shoes, my father didn't at his wedding. Everyone in the church read the ticket: '9 1/2 reject, 10 shillings". Stand auf den Schuhen von Charles bestimmt nicht drauf (reject erst recht nicht), egal ob er nun Schuhe von ↝Tricker's (die von ihm einen Royal Warrant bekommen haben) trug oder John Lobb wie sein Vater.
Sie ahnen schon, dass hier nicht die Rede von irgendeiner Hochzeit ist, sondern dass es um die Hochzeit dieser beiden jungen Leute geht. Zur Verlobung hatte sie ihm eine Flasche Penhaligon Blenheim Bouquet (lesen Sie mehr in ↝Aftershave) geschenkt. Ich glaube, sowas bringt Unglück. Ist eh viel zu teuer. Angeblich benutzt Charles jetzt Creed (das schon die Königin Victoria benutzte), aber das weiß ich nicht so genau. Ich bin sowieso von den englischen Rasierwassern weg, die mich durch das Leben begleitet haben. Ich habe im Bad noch größere Mengen Aramis entdeckt. Nicht das neue Zeuch, das man bei Douglas kaufen kann, sondern das alte, so ungefähr aus der Zeit des Royal Wedding 1981. Ich stelle heute hier noch etwas ein, was hier schon vor neun Jahren stand. Ist aber, wie das alte Aramis, immer noch gut.
Heute vor dreißig Jahren saßen 750 Millionen Menschen weltweit vor dem ✺Fernsehgerät. Mehr als eine halbe Million Leute waren in London unterwegs. Jeder wollte es sehen. Ich hatte sogar aus England einen Charles & Diana Teebecher. Weiß aber nicht, wo der abgeblieben ist. [... Hier folgt jetzt eine 15-minütige Schreibpause] Habe ihn gefunden, war nicht bei den Teebechern in der Küche, war umfunktioniert zum Behälter für alle Sorten Pfeifenstopfer. The Marriage of The Prince of Wales and Lady Diana Spencer Wednesday, 29th July, 1981 steht drauf. Plus Bilder der Brautleute. Unten drunter steht Made in England. Das wäre jetzt fies gewesen, wenn da Made in China drunter gestanden hätte.
Zur Hochzeit von Charles und Diana hatte der englische poet laureate John Betjeman pflichtgemäß ein Gedicht abgeliefert, das aber wohl nicht zu seinen größten Schöpfungen gehört:
Blackbirds in City churchyards hail the dawn,
Charles and Diana, on your wedding morn.
Come College youths, release your twelve-voiced power
Concealed within the graceful belfry tower.
Till loud as breakers plunging up the shore
The land is drowned in one melodious roar.
Seit die Engländer im 17. Jahrhundert die Position des ↝poet laureate erfunden haben, dichten die Hofdichter gegen eine geringe Bezahlung, die immer ein Fässchen Wein einschließt (a butt of sack), zu offiziellen Gelegenheiten. Oder sie dichten dann überhaupt nicht. William Wordsworth nahm die Position nur an, weil ihm der Premierminister Robert Peel versicherte, dass er keinerlei Gelegenheitsgedichte schreiben müsste, you shall have nothing required of you. Hat er dann auch nicht getan. Er ist der einzige poet laureate gewesen, der keinerlei Gedichte für offizielle Gelegenheiten verfasst hat. Die Königin Victoria mochte seinen Nachfolger Alfred Tennyson sowieso lieber, dessen Gedichte hatte sie immer auf dem Nachttisch liegen.
Die Bezahlung ist heute für die Gelegenheitsbeschäftigung der poetry on demand gar nicht schlecht, immerhin 5.750 Pfund Sterling im Jahr. In vornehmeren Zeiten als unseren hätte man diese Summe in guineas bekommen. Dafür bekommt man den Posten jetzt nicht mehr auf Lebenszeit. Seit Andrew Motion beschloss, der Krone nur zehn Jahre zu dienen (das wäre Lord Tennyson nicht in den Sinn gekommen), gibt es alle zehn Jahre einen neuen Hofdichter. John Betjeman war gerade frisch im Amt, da musste er auch schon ein Gedicht für die Hochzeit von Anne und Mark Phillips schreiben:
Hundreds of birds in the air
And millions of leaves on the pavement,
Then the bells pealing on
Over palace and people outside,
All for the words "I will"
To love's most holy enslavement -
What can we do but rejoice
With a triumphing bridegroom and bride?
Ist auch nicht so toll. the lines were composed last night on the Pullman from Manchester to London after four double Scotches slowly consumed, hat er in einem Brief gesagt. Und so klingt das auch. Er hat das Gedicht für seine Collected Poems noch überarbeitet (nachdem er die Hochzeit im Fernsehen gesehen hatte), aber das hat nicht viel genützt.
Ja, die englischen Hofdichter haben es nicht leicht. Als Andrew Motion sich überlegte, ob er ein Gedicht für die Hochzeit von Charles und Camilla schreiben sollte (vielleicht Ode to a Mistress?) offerierte ihm sein Dichterkollege Attila the Stockbroker ein kleines Gelegenheitsgedicht mit dem Titel In Sympathy with the Poet Laureate. Das war nur zwei Verse lang:
It really doesn’t matter who is sitting on the throne
They are all as dull as dishwater and should be left alone.
Andrew Motion hat dann aber mit Spring Wedding doch ein richtiges Gedicht geschrieben.
I took your news outdoors, and strolled a while
In silence on my square of garden-ground
Where I could dim the roar of arguments,
Ignore the scandal-flywheel whirring round,
And hear instead the green fuse in the flower
Ignite, the breeze stretch out a shadow-hand
To ruffle blossom on its sticking points,
The blackbirds sing, and singing take their stand.
I took your news outdoors, and found the Spring
Had honored all its promises to start
Disclosing how the principles of earth
Can make a common purpose with the heart.
The heart which slips and sidles like a stream
Weighed down by winter-wreckage near its source --
But given time, and come the clearing rain,
Breaks loose to revel in its proper course.
Es gibt von dem Gedicht leichte Varianten, aber ich glaube nicht, dass die Zeilen
I took the news outdoors
that you had married Parker Bowles
I couldn’t imagine why until it struck me–
she’s built like one of your bloody horses.
jemals in dem Gedicht gewesen sind.
Als der englische Schriftsteller Francis Wheen im Guardian die Dichtung des poet laureate Ted Hughes kritisierte, sandte ihm Andrew Motion (der damals noch nicht im Traum daran dachte, eines Tages poet laureate zu sein) zur Verteidigung seines Dichterkollegen ein kleines Gedicht. Es hat den Titel Lines Composed by Her Majesty Queen Elizabeth In Sympathy With Her Poet Laureate. Das finde ich das hübscheste von all den Gedichten, die für das englische Königshaus geschrieben wurden:
My family are a trial to Ted Hughes:
No sooner do they marry than divorce
His burdens would be lighter if he chose
To write about a corgi or a horse.
Charles and Diana, on your wedding morn.
Come College youths, release your twelve-voiced power
Concealed within the graceful belfry tower.
Till loud as breakers plunging up the shore
The land is drowned in one melodious roar.
Seit die Engländer im 17. Jahrhundert die Position des ↝poet laureate erfunden haben, dichten die Hofdichter gegen eine geringe Bezahlung, die immer ein Fässchen Wein einschließt (a butt of sack), zu offiziellen Gelegenheiten. Oder sie dichten dann überhaupt nicht. William Wordsworth nahm die Position nur an, weil ihm der Premierminister Robert Peel versicherte, dass er keinerlei Gelegenheitsgedichte schreiben müsste, you shall have nothing required of you. Hat er dann auch nicht getan. Er ist der einzige poet laureate gewesen, der keinerlei Gedichte für offizielle Gelegenheiten verfasst hat. Die Königin Victoria mochte seinen Nachfolger Alfred Tennyson sowieso lieber, dessen Gedichte hatte sie immer auf dem Nachttisch liegen.
Die Bezahlung ist heute für die Gelegenheitsbeschäftigung der poetry on demand gar nicht schlecht, immerhin 5.750 Pfund Sterling im Jahr. In vornehmeren Zeiten als unseren hätte man diese Summe in guineas bekommen. Dafür bekommt man den Posten jetzt nicht mehr auf Lebenszeit. Seit Andrew Motion beschloss, der Krone nur zehn Jahre zu dienen (das wäre Lord Tennyson nicht in den Sinn gekommen), gibt es alle zehn Jahre einen neuen Hofdichter. John Betjeman war gerade frisch im Amt, da musste er auch schon ein Gedicht für die Hochzeit von Anne und Mark Phillips schreiben:
Hundreds of birds in the air
And millions of leaves on the pavement,
Then the bells pealing on
Over palace and people outside,
All for the words "I will"
To love's most holy enslavement -
What can we do but rejoice
With a triumphing bridegroom and bride?
Ist auch nicht so toll. the lines were composed last night on the Pullman from Manchester to London after four double Scotches slowly consumed, hat er in einem Brief gesagt. Und so klingt das auch. Er hat das Gedicht für seine Collected Poems noch überarbeitet (nachdem er die Hochzeit im Fernsehen gesehen hatte), aber das hat nicht viel genützt.
Ja, die englischen Hofdichter haben es nicht leicht. Als Andrew Motion sich überlegte, ob er ein Gedicht für die Hochzeit von Charles und Camilla schreiben sollte (vielleicht Ode to a Mistress?) offerierte ihm sein Dichterkollege Attila the Stockbroker ein kleines Gelegenheitsgedicht mit dem Titel In Sympathy with the Poet Laureate. Das war nur zwei Verse lang:
It really doesn’t matter who is sitting on the throne
They are all as dull as dishwater and should be left alone.
Andrew Motion hat dann aber mit Spring Wedding doch ein richtiges Gedicht geschrieben.
I took your news outdoors, and strolled a while
In silence on my square of garden-ground
Where I could dim the roar of arguments,
Ignore the scandal-flywheel whirring round,
And hear instead the green fuse in the flower
Ignite, the breeze stretch out a shadow-hand
To ruffle blossom on its sticking points,
The blackbirds sing, and singing take their stand.
I took your news outdoors, and found the Spring
Had honored all its promises to start
Disclosing how the principles of earth
Can make a common purpose with the heart.
The heart which slips and sidles like a stream
Weighed down by winter-wreckage near its source --
But given time, and come the clearing rain,
Breaks loose to revel in its proper course.
Es gibt von dem Gedicht leichte Varianten, aber ich glaube nicht, dass die Zeilen
I took the news outdoors
that you had married Parker Bowles
I couldn’t imagine why until it struck me–
she’s built like one of your bloody horses.
jemals in dem Gedicht gewesen sind.
Als der englische Schriftsteller Francis Wheen im Guardian die Dichtung des poet laureate Ted Hughes kritisierte, sandte ihm Andrew Motion (der damals noch nicht im Traum daran dachte, eines Tages poet laureate zu sein) zur Verteidigung seines Dichterkollegen ein kleines Gedicht. Es hat den Titel Lines Composed by Her Majesty Queen Elizabeth In Sympathy With Her Poet Laureate. Das finde ich das hübscheste von all den Gedichten, die für das englische Königshaus geschrieben wurden:
My family are a trial to Ted Hughes:
No sooner do they marry than divorce
His burdens would be lighter if he chose
To write about a corgi or a horse.
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