Am achten April 1945, als die Rote Armee Wien eroberte, hat der österreichische Dichter Josef Weinheber Selbstmord begangen. Er war als Dichter ein berühmter Mann in Österreich, man nannte ihn wegen seines Alkoholkonsums auch den Heurigen-Hölderlin. Neben aller Berühmtheit und Beliebtheit war er aber auch ein Antisemit und Nazi. 1944 hatte ihn Hitler in die Gottbegnadeten Liste aufgenommen. Wie umgehen mit einem solchen Dichter? Kann man das Werk beurteilen und den Autor vernachlässigen? Wahrscheinlich gilt für Weinheber vieles von dem, was schon über Louis-Ferdinand Céline gesagt wurde. Weinheber, der sich hier selbst portraitiert hat, hat 1935 das Gedicht Dem Führer geschrieben:
Deutschlands Genius, Deutschlands Herz und Haupt,
Ehre Deutschlands, ihm so lang ' geraubt,
Macht des Schwertes, daran die Erde glaubt.
Fünfzig Jahr und ein Werk aus Erz.
Übergroß, gewachsen an dem Schmerz.
Hell und heilig, stürmend himmelwärts.
Retter, Löser, der die Macht bezwang.
Ernte Du auch, dulde Kranz und Sang:
Ruh' in unsrer Liebe, lebe lang!
Weinheber kam von ganz unten, er wollte nach ganz oben. 1926 hatte er gesagt: Ich will nicht ein Lyriker sein, ich will ‚der‘ Lyriker sein. Wenn Lyrik gesagt wird, soll es Weinheber heißen, Weinheber und Lyrik ein und dasselbe. Und in dem Jahr schrieb er auch in seiner Sammlung in hora mortis:
Weinheber kam von ganz unten, er wollte nach ganz oben. 1926 hatte er gesagt: Ich will nicht ein Lyriker sein, ich will ‚der‘ Lyriker sein. Wenn Lyrik gesagt wird, soll es Weinheber heißen, Weinheber und Lyrik ein und dasselbe. Und in dem Jahr schrieb er auch in seiner Sammlung in hora mortis:
Selbst hab ich mich zum strengen Werk berufen.
Nicht diese öde Zeit ists, der ich diene.
Um Gnade werbe ich mit trotziger Miene
verlassen, sterbe ich an Altars Stufen.
Ich kann vom Weg nicht weichen. Wenn die Gnade
mir Gott nicht schenkt, das Opfer anzuschauen,
so muß ich seinem Fluche mich vertrauen,
der ich mein Herz mit hoher Pflicht belade.
Doch keinem Lebenden sei Recht gegeben,
mit seichtem Spruch und leichtem Überheben
an meinem Werk zu biegen und zu beugen.
In einem hoffnungslosen Kampfe falle
ich weit voran, kein Mann der Ruhmeshalle, -
Jedoch der Ehre wert, daß Jene schweigen.
Nicht diese öde Zeit ists, der ich diene.
Um Gnade werbe ich mit trotziger Miene
verlassen, sterbe ich an Altars Stufen.
Ich kann vom Weg nicht weichen. Wenn die Gnade
mir Gott nicht schenkt, das Opfer anzuschauen,
so muß ich seinem Fluche mich vertrauen,
der ich mein Herz mit hoher Pflicht belade.
Doch keinem Lebenden sei Recht gegeben,
mit seichtem Spruch und leichtem Überheben
an meinem Werk zu biegen und zu beugen.
In einem hoffnungslosen Kampfe falle
ich weit voran, kein Mann der Ruhmeshalle, -
Jedoch der Ehre wert, daß Jene schweigen.
Das Gedicht erschien 1934 in dem Band Adel und Untergang des Adolf Luser Verlags. Im selben Verlag, der den Nazis sehr nahe stand, erschien ein Jahr später seine Sammlung Wien wörtlich. Die beiden Bücher machten ihn schlagartig zu einer nationalen Berühmtheit. Und das sind nicht nur seine volkstümlichen Verse, nicht seine Ode an die Straßen Adolf Hitlers oder die pathetischen Selbstbeweihräucherungen. Da gibt es plötzlich auch richtig gute Gedichte, wie zum Beispiel Platz am Hof von 1935:
So ist er am schönsten: Wenn mit blauern
Lasuren winters der Abend beginnt,
wenn zwischen Himmel und grauen Mauern
weiße Dächer die Grenzen sind.
Wenn sanft im Zwielicht die nebligen Sonnen
der hohen Bogenlampen aufgehn
und aus den Fenstern, gelb und verronnen
zögernde Lichter herübersehn.
Wenn aus der Härte der Welt entglitten,
mit Formen, himmlisch und ungenau,
die schlanke Mariensäule inmitten
aufragt, ein schwarzes Zepter im Grau:
Dann wird der Platz ganz Traum, und am Ende
verschwimmt er in seltsam gestrigem Licht,
indes überm Düster der Buden und Stände
Schnee fällt - weiß und leise und dicht..
Lasuren winters der Abend beginnt,
wenn zwischen Himmel und grauen Mauern
weiße Dächer die Grenzen sind.
Wenn sanft im Zwielicht die nebligen Sonnen
der hohen Bogenlampen aufgehn
und aus den Fenstern, gelb und verronnen
zögernde Lichter herübersehn.
Wenn aus der Härte der Welt entglitten,
mit Formen, himmlisch und ungenau,
die schlanke Mariensäule inmitten
aufragt, ein schwarzes Zepter im Grau:
Dann wird der Platz ganz Traum, und am Ende
verschwimmt er in seltsam gestrigem Licht,
indes überm Düster der Buden und Stände
Schnee fällt - weiß und leise und dicht..
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