Diesen Namen, der allezeit glückliche Bülow, haben ihm die Berliner gegeben, weil er 1813 in dem Gefecht von Luckau, der Schlacht von Großbeeren und der Schlacht von Dennewitz die Franzosen unter den Marschällen Oudinot und Ney besiegte und verhinderte, dass Napoleon in Berlin einmarschieren konnte. Nach der Schlacht von Dennewitz hat der preußische König dem Freihern von Bülow das Eichenlaub zum Pour le Mérite Orden und das Großkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen. Bülow ist einer von fünf Trägern des neugeschaffenn Ordens. In der Völkerschlacht von Leipzig spielt Bülow auch eine wichtige Rolle, aber nur, weil er den Befehlen von Bernadotte nicht gehorcht. Das hatte er schon in Großbeeren nicht getan, als Bernadotte Berlin den Franzosen übergeben wollte. Bülow hatte immer Schwierigkeiten mit seinen Vorgesetzten. Auch mit Blücher, aber mit dem kommt er irgendwie zurecht. Bernadotte und Gneisenau konnte er nicht ausstehen, er gehorchte ihren Befehlen nie. Aber seinem König war er ergeben, und Friedrich Wilhelm III wusste, was er an dem Querkopf hatte. Er wird ihm alle Orden verleihen, die Preußen hat und ihn zum Grafen von Dennewitz ernennen.
Bülow erobert in Paris den Montmartre und bringt Blücher mit der Bemerkung, es habe keinen Sinn, den Hass der Franzosen herauszufordern, von dem Plan ab, den Pont d’Iena in die Luft zu sprengen. Bülows erklärter Feind war Napoleon, nicht die Franzosen. Er sorgt auch dafür, dass seine Soldaten die Besiegten respektvoll behandeln. In einem Tagesbefehl droht er jedem Plünderer die unverzügliche standrechtliche Erschießung an. Blücher hatte nichts dagegen, seine Soldaten plündern und brandschatzen zu lassen. Als er 1814 zum ersten Mal London sieht, äußert er den Satz, dass dies eine schöne Stadt zum Plündern wäre. Er hat diese dunklen Seiten: seine Spielsucht am Kartentisch, seine Bereitschaft, Soldaten plündern zu lassen, seine vielen (psychosomatischen) Krankheiten, seine psychotischen Schübe (um deretwillen er die ganze Schlacht von Laon verpasst hat). Bülow hat nichts davon.
Er besitzt diese preußischen Werte, von denen wir immer reden. Im Gegensatz zu Blücher sitzt er nicht betrunken am Spieltisch, er bewegt sich in den Berliner Salons, wo man Tee trinkt und geistvolle Gespräche führt. Er wird auch der Gouverneur (das heißt der Hauslehrer) des Prinzen Louis Ferdinand, und er schreibt Kirchenmusik: Namentlich beschäftigten ihn Geschichte und Kriegswissenschaften, weniger die fremden Sprachen, wenngleich ihm die französische seit seiner Kindheit sehr geläufig war. Mit besonderer Vorliebe trieb er Musik und fand in dem Kammermusikus Fasch, dem Gründer der Berliner Singakademie, einen gründlichen Lehrer. Er blies die Flöte und war ein guter Klavierspieler, leistete aber auch als Komponist ernster Musik Bedeutendes; unter seinen Tonwerken sollen eine Messe, eine Motette und die Kompositionen des 51 und 100. Psalms sich besonders auszeichen, schreibt Adolf von Bülow im Bülowschen Familienbuch.
In Ligny war er zu spät auf dem Schlachtfeld, die Befehle des Oberkommandos hatten ihn zu spät erreicht. Wenn es überhaupt Befehle waren, man befiehlt dem Mann, der zum Jähzorn neigt, nicht gerne. Man stellt anheim: Das Hauptquartier Ew. Exzellenz dürfte sich wohl am zweckmäßigsten in Hannut befinden. Aber er ist nicht in Hannut, er ist in Lüttich. Er will seinem Korps auch einen Tag Ruhe geben, den haben sie verdient. Der verspätete Marsch nach Ligny hat etwas Kriegsentscheidendes: Gneisenau kann nach der verlorenen Schlacht von Ligny nicht nach Osten ausweichen, weil da Bülow aufmarschiert, er muss nach Norden gehen. Richtung Wavre und Waterloo. Und Bülow wird mit ausgeruhten Truppen als erster in Waterloo sein.
Hier in Plancenoit wird er die Schlacht entscheiden. Napoleon schickt Truppen über Truppen in das kleine Dorf, das zum Wendepunkt der Schlacht wird. Napoleon weiß, dass er, wenn er Plancenoit verliert, den Feind im Rücken hat. Das ist das Ende der Schlacht. Das erkennt auch Wellington an, der in einer Depesche schreiben wird: I should not do justice to my own feelings, or to Marshal Blücher and the Prussian army, if I did not attribute the successful result of this arduous day to the cordial and timely assistance I received from them. The operation of General Bülow upon the enemy’s flank was a most decisive one; and, even if I had not found myself in a situation to make the attack which produced the final result, it would have forced the enemy to retire if his attacks should have failed, and would have prevented him from taking advantage of them if they should unfortunately have succeeded. Wir heben aus diesem Text einmal die Worte a most decisive one hervor, Wellington tut sich schwer anzuerkennen, dass er ohne die Preußen die Schlacht verloren hätte. Das Dictionary of Military Biography bezeichnet Bülow als Blücher's ablest lieutenant.
Der preußische König schenkt dem General Bülow von Dennewitz ein Schloss, aber viel hat der nicht davon. Er zieht sich auf der Jagd eine Erkältung zu, an der er sterben wird. Wenn man ihn auch heute beinahe vergessen hat, damals vergisst man ihn nicht. Der König beauftragt Christian Daniel Rauch, eine Statue zu schaffen. Und Hugo von Hasenkamp schreibt das Buch General Graf Bülow von Dennewitz in den Feldzügen von 1813 und 1814; und August Varnhagen von Ense, der Ehemann von Rahel, verfasst eine Biographie des Feldherrn.
Der eindruckvolle Marmorsockel von Bülows Standbild war von Karl Friedrich Schinkel entworfen worden (dies ist die Nordseite). Das Denkmal stand zusammen mit dem Denkmal von Scharnhorst vor der Neuen Wache. Von 1822 bis zum Jahre 1951, da ließ Ulbricht die Helden des Freiheitskriegs wegräumen (lesen Sie hier mehr dazu). Die Neue Wache war ein Mahnmal für die Opfer des Faschismus und Militarismus geworden, da passten preußische Generäle schlecht ins Bild. Nach dem Mauerfall wurden Bülow und Scharnhorst wieder aufgestellt, allerdings auf der anderen Straßenseite. Es sind auch nicht mehr die Originale, da der Marmor aus dem Jahre 1822 ein wenig unter den Autoabgasen gelitten hat.
Dieser junge Oberleutnant mit dem Eisernen Kreuz ist auch ein Freiherr von Bülow. Als man ihn Jahre nach dem Krieg fragte, ob er ein guter Soldat gewesen sei, antwortete er: Nicht gut genug, sonst hätte ich am 20. Juli 1944 zum Widerstand gehört. Aber für den schauerlichen deutschen Beitrag zur Weltgeschichte werde ich mich schämen bis an mein Lebensende. Sie kennen diesen Vicco von Bülow unter einem anderen Namen, da nennt er sich Loriot.
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