Dies war die erste Mühle, die ich kannte. Sie steht in Bad Essen, wo ich als Kind nach dem Krieg wunderschöne Sommer bei Tante Margret verbrachte. Die Mühle ist oben am Berg, unterhalb des Waldhotels (das ich ➱hier schon einmal erwähnt habe). Es war ein langer Weg von Tante Margrets Haus, das das letzte Haus im Ort auf der Straße nach Rabber war, bis zu der Wassermühle. Vor allem, wenn man fünf ist. Sind das jetzt frühkindliche Schädigungen, die einen dazu bringen, über Schuberts Schöne Müllerin zu schreiben? Ich weiß es nicht. Die Mühle im Wald und das Waldhotel tauchen manchmal noch in meinen Träumen auf. Je älter man wird, desto mehr träumt man von der Welt der Jugend. Die Mühle aus der Welt von Wilhelm Müller ist nie in meinen Träumen.
Wie Müllers (und Schuberts) Mühle aussehen könnte, darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht. Die Romantik erschafft sich ihre eigene Wirklichkeit, Mimesis ist nicht unbedingt ihre starke Seite. Bei Wilhelm Müller heißt es über die Mühle, sie blicke aus den Erlen heraus, das Haus sei so traulich. Und die Fenster, wie blank! Sie ist ein Bausatz aus dem Wörterbaukasten der Romantik, so wie der Bausatz der Oehler Mühle, wie ihn heute die Firma Faller anbietet. Die Mühlen in der Literatur, von ➱Eichendorffs Taugenichts bis ➱Wilhelm Raabes Pfisters Mühle haben nichts mit dem sprudelnden Wasser auf dem Mühlrad da oben am Berg in Bad Essen zu tun. Die Mühlen der Literatur, der Musik und der Träume finden sich eh nicht in der Wirklichkeit. Wenn es Das Rad an meines Vaters Mühle brauste und rauschte schon wieder recht lustig heißt, dann wissen wir, in welcher Welt wir sind.
Allzu häufig habe ich in diesem Blog angekündigt, dass ich mal über ein bestimmtes Thema schreiben wollte. Bis der in Aussicht gestellte Post über den ➱Luminismus zum Beispiel erschien, war lange Zeit vergangen. Doch jetzt habe ich beschlossen, dass ich den in dem Post ➱Peter Schreier avisierten (und in dem ➱Hans Peter Blochwitz Post bekräftigten) Vorsatz, etwas Ausführliches über Die schöne Müllerin zu schreiben, etwas schneller in die Tat umsetzen will. Ich werde das auch nicht in einem Stück schreiben, sondern werde es in kleinen Häppchen servieren. Vieles ist in meinem Kopf schon geschrieben (da ist es immer gut aufgehoben), es muss nur noch in die Tasten getippt werden. Das sagt sich so leicht.
Ich mache heute schon mal einige Fingerübungen und interpretiere einmal Wilhelm Müllers Gedicht Tränenregen. Auf seiner Internetseite sagt ein Komponist namens Hans-Udo Kreuels über Schuberts Winterreise: Es hat sich jedoch, durch 170 Jahre "Winterreise"-Rezeption hindurch, ein uneingestandenes Ambivalenzdenken in der Wertigkeit von Musik und Dichtung herausgebildet, welches - in Anbetracht eines bekannten und häufig auftretenden "Splitting"-Vorgangs dieser Art, und zwar in Richtung polarer Bewertungsstandpunkte - das musikalisch Geniale durch eine Herabsetzung der dichterischen Vorlage zu heben und zu apostrophieren sucht. Das ist die Art und Weise, wie ich nicht schreiben will. Man kann das einfacher sagen: wir achten zuwenig auf den Text des Gedichtzyklus. Das ist heute hier anders.
Wilhelm Müllers Gedichtzyklus (es gibt hier einen interessanten Einführungsartikel von ➱Malaika Eschbaumer) hat seine Keimzelle im Salon des preußischen Diplomaten Friedrich August von Staegemann. Da wurde nämlich 1816 ein ➱Singspiel namens Rose, die Müllerin aufgeführt. Die Musik dazu hatte der Komponist Ludwig Berger geschrieben, Texte steuerten Wilhelm Müller und andere bei. Im Mittelpunkt des Spiels steht natürlich eine untreue Müllerin (gespielt von Hedwig von Staegemann), die dem Müller, dem Gärtnerburschen und dem Jäger schöne Augen macht. Und am Ende mit dem Jäger (gespielt Wilhelm Hensel, dessen Schwester Luise den Gärtnerburschen spielte) davon zieht. Wilhelm Müller spielte natürlich den Müllerburschen. Das Ganze wurde 1818 unter dem Titel Gesänge aus einem gesellschaftlichen Liederspiele 'Die schöne Müllerin' gedruckt. Zu dem Zeitpunkt hatte Wilhelm Müller schon eine erste Version der Schönen Müllerin fertig, die aus fünfzehn Gedicht bestand.
Ungetreue Müllerinnen sind damals in der Literatur ja schon ein ausgelutschtes Thema. Als Eichendorff sein In einem kühlen Grunde schreibt (lange vor Müllers Schöner Müllerin), ist das Thema nicht mehr neu. Schon 1793 wurde in Berlin ein Singspiel mit dem Titel Die schöne Müllerin (nach der italienischen ➱Oper La Molinara von Giovanni Païsiello) aufgeführt. Schöne Müllerinnen sind in der Romantik offensichtlich wohlfeil zu haben (dies ist natürlich Sophia Loren in dem italienischen Film La Bella Mugnaia). So berichtet Bettina von Arnim von Ludwig dem Schönen, Herzog in Bayern, dessen sonderliche Lust war, in Nebel und Abenddämmerung herumzuschweifen, da war er einstmals abwärts gegangen und hatte ihn die Dunkelheit heimlich noch an eine Mühle geführt, das Wasser hörte er brausen und das Mühlenrad gehen, sonst war alles still, er rief, ob ihn niemand höre, die Müllerin, die gar schön war, wachte auf, zündete ein Kienholz an und kam vor die Tür gegangen, da war der Herzog gleich verliebt, da er sie beim Schein der Flamme sehen konnte, und ging mit ihr ein, blieb auch bis am frühen Morgen. Die Romantiker können nicht anders, da muss das Wasser brausen und das Mühlenrad gehen und sonst war alles still. Und die Müllerin muss natürlich gar schön sein.
Goethe wollen wir in dieser Motivreihe gar nicht erst erwähnen, bei dem die Müllerin den Edelknaben abweist (Denn wer die artige Müllerin küßt, Auf der Stelle verraten ist) und sich lieber an den Müllerburschen hält.
Gleich und gleich! so allein ist's recht!
Darauf will ich leben und sterben.
Ich liebe mir den Müllerknecht;
An dem ist nichts zu verderben.
Solche Meinungsäußerungen der Müllerin finden wir bei bei Wilhelm Müller nicht, denn der ganze Zyklus ist aus der Perspektive des Müllerburschen geschrieben. Ihm müssen wir glauben, mit ihm müssen wir die Welt sehen, mit ihm müssen wir leiden. Tränenregen folgt auf ein Gedicht, das Des Müllers Blumen heißt. Da ist der junge Müller in seinem Liebeswahn schon ziemlich in seine Träume abgedriftet, aber jetzt in Tränenregen, da sitzt er endlich neben seiner Liebsten:
Wir saßen so traulich beisammen
Im kühlen Erlendach,
Wir schauten so traulich zusammen
Hinab in den rieselnden Bach.
Traulich zusammensitzen ist immer gut, vor allem, wenn das Wort traulich zweimal vorkommt (traulich war ja im vierten Lied auch das Haus). Beisammen, zusammen, Nähe, die heraufbeschworen wird. Ist sie, die Namenlose auch glücklich mit dieser Nähe? Wir erfahren nichts über ihre Gefühle. Es muss Sommer sein (Wilhelm Müller hatte übrigens seinen Zyklus mit dem Untertitel Im Winter zu lesen versehen), man kann in der beginnenden Nacht noch draußen sitzen, unter dem kühlen Erlendach. Die Hervorhebung der Kühle finden wir in der Romantik immer wieder, so in Eichendorffs Taugenichts, wo es heißt: und alles in der Luft und auf der weiten Fläche so leer und schwül und still wurde über den leise wogenden Kornfeldern, da fiel mir erst wieder mein Dorf ein und mein Vater und unsere Mühle, wie es da so heimlich kühl war an dem schattigen Weiher, und dass nun alles so weit, weit hinter mir lag. Mir war dabei so kurios zumute, als müsst ich wieder umkehren; ich steckte meine Geige zwischen Rock und Weste, setzte mich voller Gedanken auf den Wagentritt hin und schlief ein. Und in einem Gedicht Eichendorffs geht das Mühlenrad auch in einem kühlen Grunde. Der an ein kühles Grab erinnert. wenn es in der letzten Strophe heißt Hör ich das Mühlrad gehen, Ich weiß nicht, was ich will, Ich möcht am liebsten sterben, Da wär's auf einmal still.
Die Erwähnung der Erle sollte uns in diesem Scheinidyll schon eine erste Warnung sein, denn die Erle wird in einer Vielzahl von ➱Sagen und Legenden (der Link führt zu einem hervorragenden Aufsatz) assoziiert mit Tod und Trennung, mit Trauer und dem Trügerischen. Das geht jetzt schon eher in diese Richtung der Romantik, die in ➱Meerjungfrauen + Waldnixen vorkommt. Der deutsche Wald beherbergt in der Romantik seltsame Lebewesen. Und erinnern wir uns, im zweiten Lied des Zyklus wird der Müllersbursche, der gerade sein Arbeitsverhältnis gekündigt hat, vom Bach verführt: Ist das denn meine Straße? O Bächlein, sprich, wohin? Du hast mit deinem Rauschen Mir ganz berauscht den Sinn. Und er erkennt: Was sag ich denn vom Rauschen? Das kann kein Rauschen sein: Es singen wohl die Nixen Tief unten ihren Reihn. Aber kehren wir zu unserem Paar im kühlen Erlendach zurück.
Der Mond war auch gekommen,
Die Sternlein hintendrein,
Und schauten so traulich zusammen
In den silbernen Spiegel hinein.
Ich sah nach keinem Monde,
Nach keinem Sternenschein,
Ich schaute nach ihrem Bilde,
Nach ihren Augen allein.
Und sahe sie nicken und blicken
Herauf aus dem seligen Bach,
Die Blümlein am Ufer, die blauen,
Sie nickten und blickten ihr nach.
Mond und Sternlein schauen jetzt traulich zusammen in einen silbernen Spiegel. Und dieses Bild des Baches als Spiegel wird die nächsten Strophen beherrschen. Er guckt ihr nicht in die Augen, den Spiegel der Seele. Er ist glücklich mit dem Abbild im seligen Bach. Die trauliche Nähe ist keine wirkliche Nähe, das Mägdelein ist weit weg von ihm. Das hat vor mir schon jemand anderes gemerkt, die Schweizerin Madeleine Haefeli-Rasi hat in ihrer Dissertation Wilhelm Müller: Die schöne Müllerin. Eine Interpretation als Beitrag zum Thema Stilwandel im Übergang von der Spätromantik zum Realismus das gleiche etwas komplizierter gesagt: In anderer Hinsicht als dort verbietet es sich aber auch im «Tränenregen», lyrische Stimmung zu erwarten, Traulichkeit, wie Mörike sie gibt. Umso lächerlicher wirkt es deshalb, dass gerade der eine, den es ja angeht, in seinem schwärmerischen Gefühlsüberschwang die tatsächliche Situation verkennt! Der Müllerbursche realisiert keineswegs, dass er in Traulichkeit schwelgt, welche nicht existiert. Traulichkeit wäre die unnennbar fließende Stimmung des Übergangs, Dämmerung, welche die Kontraste löst, die verbindend wirkt, Menschen und Natur eint und Innigkeit schafft. Müllerin und Gesell dagegen sitzen nebeneinander nicht miteinander am Bach. Was sie erleben ist mitnichten lyrisches Zusammensein. Wie wäre es sonst möglich, dass der Müllerknecht einmal mehr fein säuberlich trennt, was in echtem Traulichsein eins ist : "Ich sah nach keinem Monde, Nach keinem Sternenschein, Ich schaute nach ihrem Bilde, Nach ihren Augen allein."
Da ich schon akademische Quellen zitiere, muss ich natürlich das Buch der renommierten amerikanischen Professorin ➱Susan Youens erwähnen: Franz Schubert, Müller and Die schöne Müllerin (Cambridge University Press 1997). Kostet bei Amazon 98,44 (das Paperback kostet die Hälfte), aber man kann wesentliche Teile des Buches dankenswerterweise ➱hier lesen. Und es gibt von Professor Youens auch noch ein Buch zu dem Zyklus (Schubert: Die schöne Müllerin) in der Reihe der Cambridge Music Handbooks (Paperback), das sehr preisgünstig ist.
Die Blümlein am Ufer können natürlich nur blau sein. Da ist sie, die blaue Blume der Romantik. Das Symbol der Sehnsucht. Ich suche die blaue Blume, Ich suche und finde sie nie, Mir träumt, dass in der Blume Mein gutes Glück mir blüh, heißt es bei Eichendorff. In dem Gedicht Das Blümlein Vergißmein des Zyklus, das Schubert wohlweislich nicht vertont hat, ist der Müllergeselle in seiner Liebesverzweiflung auf der Suche nach einer schwarzen Blume. Das Wächst auch an einem Ufer, Doch unten fließt kein Bach, Und willst das Blümlein pflücken, Dich zieht der Abgrund nach. Der Abgrund, die Gefährdung der Tod. Die blauen Blumen waren schon zuvor aufgetaucht, so steht in Des Müllers Blumen: Am Bach viel kleine Blumen stehn, Aus hellen blauen Augen sehn, Der Bach, der ist des Müllers Freund, Und hellblau Liebchens Auge scheint, Drum sind es meine Blumen. Da heißt es noch Der Bach, der ist des Müllers Freund. Das wird sich ändern. Denn der Bach, den der Müller am Anfang besingt (Du hast mit deinem Rauschen Mir ganz berauscht den Sinn) ist der große Verführer.
Und in den Bach versunken
Der ganze Himmel schien,
Und wollte mich mit hinunter
In seine Tiefe ziehn.
Und über den Wolken und Sternen
Da rieselte munter der Bach,
Und rief mit Singen und Klingen:
»Geselle, Geselle, mir nach!«
Der Himmel ist nicht der Himmel da oben, wie ist er so weit! wie in der letzten Zeile des Zyklus. Der Himmel ist jetzt im Bach versunken, und dahin will er den Verliebten ziehen. Orchestriert von den Klängen des Baches: Geselle, Geselle, mir nach! Im Spiegel des Wassers schaut der Liebende jetzt nicht mehr nach ihrem Bilde, Nach ihren Augen allein. In der Tiefe lauert der Tod. O Bächlein meiner Liebe hatte er noch in Der Neugierige gesungen. Mein Bächlein will ich fragen, Ob mich mein Herz belog, da ist der Bach noch sein Orakel. Aber das Der Bach, der ist des Müllers Freund gilt längst nicht mehr, der Bach ist wankelmütig wie die Liebe. L'amour est un oiseau rebelle.
Da gingen die Augen mir über,
Da ward es im Spiegel so kraus;
Sie sprach: »Es kommt ein Regen,
Ade, ich geh nach Haus.«
Bevor der Regen kommt, kommt der Tränenregen, er macht das Bild der Geliebten und Mond und Sterne auf dem den Wasserspiegel kraus. Und verhindert, dass er jetzt schon klar in der Tiefe sein Schicksal sieht. Plaisir d'amour ne dure qu'un moment, chagrin d'amour dure toute la vie. Die schöne Müllerin interessiert das alles nicht. Sie hat Angst um ihre Frisur, sie verlässt die Szene. So sind die Frauen. Die Angebetete bleibt in dem ganzen Zyklus blass. Sie ist blond und hat blaue Augen, ansonsten wissen wir nicht, wie sie aussieht. Wissen nicht, was sie denkt. Der neurotische Liebeskasper textet uns mit seinen Liebesbeteuerungen so zu, dass wir nicht zu fragen wagen. Schubert hat das Gedicht ➱Das Mühlenleben wohl bewusst nicht vertont, aber es steht nun mal in Müllers Zyklus. Und da heißt es über das liebe Mädchen:
Keiner wünscht, sie möchte gehen,
Steht sie auch als Herrin da,
Und fast wie das Auge Gottes
Ist ihr Bild uns immer nah. –
Eine Herrin, ein Bild, fast wie das Auge Gottes. Wenn man Frauen soweit überhöht, dann kann man nur noch Angst vor ihnen haben. Und man redet auch nicht mehr mit ihnen, sondern braucht einen Vermittler Geh, Bächlein, hin und sag ihr das. Dann kann man nur Ach, unten, da unten, Die kühle Ruh! suchen.
Als ich vor Jahren im Urlaub bei meinem Bruder Haus und Haustiere hütete, hatte ich Noten mitgenommen, weil ich wusste, dass es da ein Klavier gab. Das besser als meines war (das hat sich geändert, ich habe ein neues Klavier, dazu demnächst mehr). Und da saß ich vor den Noten von Tränenregen (was ein Zufall war, dass sich das Notenheft an dieser Stelle geteilt hatte) und stocherte mich durch die Takte. Und plötzlich hatte ich so etwas wie eine Art Eingebung. Ich begriff das Gedicht, ich begriff die Noten. Ich konnte es, wie mein Musiklehrer ➱Hanns Eckerle (der einzige Musiklehrer, dem ich etwas verdanke) am Klavier demonstrieren, dass jeder es begreifen konnte. Ich kann das noch immer, aber Sie sitzen nicht bei mir im Wohnzimmer, und so müssen wir darauf verzichten. Es ist Schuberts Genialität, einem Text, der völlig lapidar und ironisch sein kann, neue Dimensionen zu geben. Der Sänger braucht vier Minuten und dreißig Sekunden, um Tränenregen zu singen. Ein ganzes Leben in seiner Brüchigkeit in dieser kurzen Zeit.
Ich kann weder spielen noch singen und wenn ich dichte, so singe ich doch und spiele auch. Wenn ich die Weisen von mir geben könnte, so würden meine Lieder besser gefallen als jetzt. Aber getrost, es kann sich ja eine gleichgesinnte Seele finden, die die Weisen aus den Worten heraushorcht und sie mir zurückgibt, hatte Wilhelm Müller 1815 geschrieben. Er hat die gleichgesinnte Seele in Schubert gefunden, er hat es nur nicht mehr erlebt, seine Zyklen aufgeführt zu sehen. Ich lasse Schuberts Musik, die filigran die Singstimme umwindet, heute einmal draußen vor. Ich weiß, das geht nicht ganz. Sie können natürlich in die Interpretationen von ➱Fritz Wunderlich und ➱Peter Schreier hineinhören. Und Sie könnten sich auch noch Des Müllers Blumen in der Version von ➱Hans Peter Blochwitz anhören und mit der Vertonung durch ➱Ludwig Berger vergleichen. Sie werden sehen, es liegen Welten dazwischen.
Dies ist der erste Teil von mehreren Posts zur Schönen Müllerin. Der nächste wird den beeindruckenden Titel Die schöne Müllerin (Prolegomena) haben. Danach kommen Die schöne Müllerin (Helle Stimmen) und Die schöne Müllerin (Fremde Zungen). Weiter bin ich im Kopf noch nicht. Und außerdem kämpfe ich damit, dass Schubert beinahe jedes Lied in einer anderen Tonart geschrieben hat.
Als ich vor Jahren im Urlaub bei meinem Bruder Haus und Haustiere hütete, hatte ich Noten mitgenommen, weil ich wusste, dass es da ein Klavier gab. Das besser als meines war (das hat sich geändert, ich habe ein neues Klavier, dazu demnächst mehr). Und da saß ich vor den Noten von Tränenregen (was ein Zufall war, dass sich das Notenheft an dieser Stelle geteilt hatte) und stocherte mich durch die Takte. Und plötzlich hatte ich so etwas wie eine Art Eingebung. Ich begriff das Gedicht, ich begriff die Noten. Ich konnte es, wie mein Musiklehrer ➱Hanns Eckerle (der einzige Musiklehrer, dem ich etwas verdanke) am Klavier demonstrieren, dass jeder es begreifen konnte. Ich kann das noch immer, aber Sie sitzen nicht bei mir im Wohnzimmer, und so müssen wir darauf verzichten. Es ist Schuberts Genialität, einem Text, der völlig lapidar und ironisch sein kann, neue Dimensionen zu geben. Der Sänger braucht vier Minuten und dreißig Sekunden, um Tränenregen zu singen. Ein ganzes Leben in seiner Brüchigkeit in dieser kurzen Zeit.
Ich kann weder spielen noch singen und wenn ich dichte, so singe ich doch und spiele auch. Wenn ich die Weisen von mir geben könnte, so würden meine Lieder besser gefallen als jetzt. Aber getrost, es kann sich ja eine gleichgesinnte Seele finden, die die Weisen aus den Worten heraushorcht und sie mir zurückgibt, hatte Wilhelm Müller 1815 geschrieben. Er hat die gleichgesinnte Seele in Schubert gefunden, er hat es nur nicht mehr erlebt, seine Zyklen aufgeführt zu sehen. Ich lasse Schuberts Musik, die filigran die Singstimme umwindet, heute einmal draußen vor. Ich weiß, das geht nicht ganz. Sie können natürlich in die Interpretationen von ➱Fritz Wunderlich und ➱Peter Schreier hineinhören. Und Sie könnten sich auch noch Des Müllers Blumen in der Version von ➱Hans Peter Blochwitz anhören und mit der Vertonung durch ➱Ludwig Berger vergleichen. Sie werden sehen, es liegen Welten dazwischen.
Dies ist der erste Teil von mehreren Posts zur Schönen Müllerin. Der nächste wird den beeindruckenden Titel Die schöne Müllerin (Prolegomena) haben. Danach kommen Die schöne Müllerin (Helle Stimmen) und Die schöne Müllerin (Fremde Zungen). Weiter bin ich im Kopf noch nicht. Und außerdem kämpfe ich damit, dass Schubert beinahe jedes Lied in einer anderen Tonart geschrieben hat.
Lob DEM, der eine frühkindliche Schädigung SO verarbeitet!
AntwortenLöschenDanke für dieses großartige Ausarbeitung.
AntwortenLöschenhttp://www.amazon.de/gp/cdp/member-reviews/A1D2RBXXJ8L8AW/ref=cm_cr_yc_cdp?ie=UTF8&sort_by=MostRecentReview
als kleiner Beitrag.
Die Kornblumen, Sinnbild der Romantik. In einer freundlichen Community, besser wäre "Vereinigung bücherliebender, das Schreiben versuchender Internetfreunde", kurz: VBSI ;) wur mal das Thema Romantik dran. Verarbeitet habe ich dieses Thema dann so:
AntwortenLöschenhttp://www.litterae-artesque.blogspot.de/2013/05/bg-am-abend.html