Mittwoch, 18. März 2020

Schönheitssalon


Die Schnuckelige da in der Mitte ist Audrey Tautou in dem Film Vénus Beauté (1999), sie hatte mit diesem Film, der mit vier Césars prämiert wurde, ihren Durchbruch. Links neben ihr sitzt Nathalie Baye, die war schon richtig berühmt. 1973 hatte sie eine Nebenrolle als Scriptgirl in Truffauts Film Die amerikanische Nacht, gefolgt von einem Kurzauftritt in Der Mann, der die Frauen liebte. Danach bekam sie ihre erste große Hauptrolle als Partnerin Truffauts in dessen Film Das grüne Zimmer (1978). In dem Film über den Schönheitssalon Vénus Beauté Institut spielt sie eine vierzigjährige Kosmetikerin, die auf der Suche nach dem richtigen Mann ist. Nathalie Baye ist zwar schon fünfzig, aber das sieht man ihr nicht an, französische Filmschauspielerinnen sind alterslos.

Der Film Schöne Venus wurde am Montag von arte gezeigt, fünfzehn Jahre, nachdem arte die 25teilige TV Serie Vénus et Apollon, die aus dem Film entstanden war (es war die erste Serie, die arte produziert hatte), täglich gesendet hatte. Ich habe damals keine Folge verpasst. Die Serie hatte nicht mehr die Originalbesetzung, dafür aber eine Vielzahl von Cameo Auftritten von Berühmtheiten wie Marisa Berenson, Catherine Jacob und Marie-France Pisier, die schon in den ersten Filmen von Truffaut zu sehen gewesen war.

Man muss arte und 3sat ja dankbar sein, dass sie von Zeit zu Zeit einen französischen Film zeigen, der auch nach zwanzig Jahren immer noch frisch ist. Die Regisseurin Tonie Marshall hat mit Vénus Beauté eine romantic comedy gedreht, die manchmal auch ein wenig traurig ist. Ein Schönheitssalon in pastelligem Pink in einem Vorort von Paris. Eine Chefin (Bulle Ogier), drei Angestellte. Und viele Kundinnen, die auf der ewigen Suche nach Schönheit sind. Zu dieser Dame hier komme ich gleich noch.

Dennis Littrell konnte den Film nur empfehlen: See this for Nathalie Baye who gives the performance of a lifetime, simultaneously subtle and strong, vulnerable and willful. She makes us identify with her character and she makes us wish her love. Und er sagte in seiner Rezension: So this is a romantic comedy of sorts centered around a beauty parlor. 

However any resemblance to Hollywood movies in the same genre (Shampoo (1975) and Hairspray (1988) somehow come to mind) is purely coincidental. Here the salon is brightly and colorfully lit with a tinker bell as the door opens, and the clientele are eclectic to say the least: an exhibitionist who arrives in a raincoat and nothing else; a rich old man lusting after Tautou. Die Erwähnung der Exhibitionistin hat kein Rezensent ausgelassen. Sie kommt, nackt unter dem Regenmantel, in den Schönheitssalon, läuft nackt über die Flure und verläßt den Salon wieder mit ihrem Regenmantel. Es ist ein running gag, jeweils nur wenige Sekunden lang.

Als ich den Film vor zwanzig Jahren sah, fragte ich mich: Wer ist diese Frau? Ihr Name stand nicht auf dem Filmplakat. Heute weiß ich, wer sie ist. Sie heißt Claire Nebout, war eine Tänzerin, danach ein Mannequin (un métier sans intérêt) und wurde dann Schauspielerin. Alle drei Berufe haben damit zu tun, dass man seinen Körper zur Schau stellt. Und das tut Claire Nebout. In diesem Film für wenige Sekunden.

Ein Jahr später zog sie sich für den Photographen Jean-Pierre Larcher für den kurzen Dokumentarfilm Belles de Nuit aus. Für Larcher war das ein ein Dokumentarfilmprojekt, das er zehn Jahre später mit À la lueur des désirs und einem Photoband wiederholte. Die Barocklyriker hätten dafür kein Verständnis gehabt: Es wird der bleiche Tod mit seiner kalten Hand Dir endlich mit der Zeit umb deine Brüste streichen. Der liebliche Corall der Lippen wird verbleichen; Der Schultern warmer Schnee wird werden kalter Sand. Aber Claire Nebout wollte sich in À la lueur des désirs und Nus mit sechundvierzig noch einmal zeigen: c’est mon corps qui décidait de tout. Je comptais sur l’âge pour prendre ma revanche. Et bien voilà, nous y sommes.

Als Catherine Deneuve, die sich mit zweiundzwanzig für den Playboy ablichten ließ, in dem Alter von Nebouts erotischen Photos war, spielte sie in einem Film, der Nächtliche Sehnsucht: Hemmungslos hieß. Sie trug die ganze Zeit einen Pelzmantel und von hemmungslos war da gar nichts. Claire Nebout ist nicht so berühmt wie Catherine Deneuve (neben der sie übrigens 1986 in ihrem ersten Film Le Lieu du crime vor der Kamera steht), aber auf ihre Art ist die Schauspielerin, die in den letzten zehn Jahren häufiger auf der Bühne als auf dem Bildschirm zu sehen war, auch eine Berühmtheit.

Ein Schönheitssalon mit einer Glasfront und der Leuchtreklame Vénus Beauté Institut wird zu einem microcosme de la féminité (Gilles Verdiani). Und zu einem Schaufenster für Generationen von französischen Schauspielerinnen. Da ist Micheline Presle (die Mutter Regisseurin Tonie Marshall), die 1938 ihren ersten Film drehte, da ist Bulle Ogier, die ihren großen Erfolge in den sechziger Jahren hatte. Da ist Marie Rivière, die das Drehbuch zu Eric Rohmers wunderbarem Film Das grüne Leuchten schrieb, und da ist Audrey Tatou, die ihre Karriere noch vor sich hat, da ist Claude Jade, in die Truffaut so verliebt war. Und natürlich Nathalie Baye, who gives the performance of a lifetime. Und mittendrin für einen Augenblick Claire Nebout, die das Drehbuch als La cliente exhibitioniste verzeichnet. Dieser Film, der sich seine vier Césars verdient hat, beweist einmal mehr Truffauts Satz Le cinéma c'est de l'art de faire faire de jolies choses à de jolies femmes. Ob sie nun angezogen oder nackt sind.

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