Der amerikanische Schriftsteller und Drehbuchautor Larry McMurtry ist vor wenigen Tagen im Alter von beinahe fünfundachtzig Jahren gestorben. 2013 hatte er hier einen Post zu seinem Geburtstag, den stelle ich heute noch einmal ein. Das tue ich, weil ich in einem Nachruf für ihn nichts anderes zu sagen hätte, und weil damals kaum jemand den Post gelesen hat. Damals schrieb der Dichter Red Shuttleworth Our grandchildren's children will read the West by reading Larry McMurtry als Kommentar zu dem Post, und das könnte stimmen.
Für das Drehbuch bekam er nicht nur den Oscar, sondern auch einen Golden Globe. Bei dieser Preisverleihung lobte er seine Schweizer Hermes 3000 Schreibmaschine - das ist mir sehr sympathisch, ich habe das Modell auch noch im Keller stehen. Auf der tippt er jeden Tag, morgens um halb acht beginnend, mindestens zehn Seiten. Wahrscheinlich ist er einer der letzten, der noch auf einer Schreibmaschine schreibt. Er ist Präsident des amerikanischen PEN Clubs gewesen und hat alles bekommen, was man in Amerika als Schriftsteller bekommen kann. Vom Pulitzer Prize bis zu den Academy Awards für Romanverfilmungen wie Horseman, Pass By oder Terms of Endearment. The Last Picture Show (in dem Cybill Shepherd ihren ersten großen Auftritt hatte) nach einem halb-autobiographischen Roman erhielt acht Oscar Nominierungen (und gewann zwei). Der Mann, der über sich selbst sagte I'm a minor original novelist. That's not a bad thing. It's not self-deprecating. Because most writers are minor, ist ein erstaunliches Phänomen.
An den Verfilmungen von Romanen wie Horseman, Pass By (mit Paul Newman als Hud verfilmt) oder Leaving Cheyenne (Filmtitel: Lovin' Molly) hatte er keinen Anteil. Am Anfang seiner schriftstellerischen Karriere hatte er Hollywood noch nicht im Kopf. Über Drehbuchautoren hat er in Film Flam witzige Dinge gesagt: If one were to make a misery graph of Hollywood, screenwriters would mark high on the curve. Above them one would have to put second-line producers, particularly those educated in the East (it may well be that all second-line producers were educated in the East), and possibly certain publicity people; just below them would come cinematographers, a group that has shown an increasing capacity for morbidity and neurosis since they stopped being plain cameramen. But, in terms of steady, workaday, year-in-year-out dolorousness, the writers have no near rivals. Their gloom may not be as acute as that of a director whose most recent picture has just flopped, but it is more consistent.
For decades, writers have drifted around Hollywood more or less like unloved wives. The people they work for would usually be just as glad to be rid of them, but can't quite think of a way to get by without their services. Hollywood memoirs are clotted with accounts of the abuses and injustices writers feel have been visited upon them; read collectively, these books give one the sense that, for everyone involved, the profession itself was a kind of unfortunate accident -- one that somehow became a habit. In an ideal world, directors would script their own movies, and a number of the greatest directors have shown the ideal to be possible by doing just that.
Für den deutschen Wikipedia Artikel ist McMurtry ein US-amerikanischer Schriftsteller, insbesondere von Wildwestromanen - das klingt nun ein wenig komisch. Weil wir in Deutschland mit dem Wort Wildwestroman etwas ganz anderes verbinden. Karl May oder George Fronval zum Beispiel, wohl kaum McMurtrys The Last Picture Show. Und wohl niemand würde Edward Abbey, den Larry McMurtry einmal den Thoreau of the American West genannt hat, als Schriftsteller von Wildwestromanen bezeichnen. Auch wenn der Held von The Brave Cowboy ein Cowboy ist. Cormac McCarthys Romane spielen im amerikanischen Westen. Ist er deshalb ein Autor von Wildwestromanen?
Nein, es gibt längst eine Literatur des New West, wie immer man sie nennen will. Sie hat es noch ein wenig schwer. So sprach Max Westbrook in seinem Vorwort zu der Literary History of the American West (1987) von einer literature of the American West, although handicapped by association with Hollywood horse operas and stereotypical paperbacks sold in bus stations, includes a large body of first-rate literary art. Diese Literatur des New West (oder Post-West, Real West und wie immer die Namen lauten) ist ein Äquivalent zu dem Spätwestern (lesen Sie hier einen langen Artikel zu dem Thema). Nur dass die Filmkritiker die Entstehung einer neuen Gattung schneller bemerkt haben, als die Literaturkritiker.
Obgleich Charles D. Peavy Larry, der den Band Larry McMurtry in der renommierten Reihe Twayne's United States Authors Series verfasste, schon früh gemerkt hatte, dass der Autor etwas Besonderes war. McMurtry's novels are examined in the context of twentieth-century American literature to illustrate his innovative approaches to the traditional genre of the Western steht im Klappentext. Natürlich konnte man McMurtry 1977 schon kennen, weil Tom Wolfe ihn in sein Buch über Ken Kesey hineingeschrieben hatte, McMurtry und Kesey waren Freunde, seit sie zusammen bei Wallace Stegner studiert hatten. Und McMurtry hatte auch schon seinen ersten Dreierpack geschrieben, die Thalia Novels: Horseman, Pass By, Leaving Cheyenne und The Last Picture Show. Er wird das beibehalten, einen Themenkreis in einer Trilogie (oder Tetralogie) abzuarbeiten. Mit einem einzigen Roman hält er sich bei seiner revisionistischen Sicht des Westerns nicht auf.
Ich lasse die oben angeschnittenen Definitionsfragen des New West erst einmal unbeantwortet. Ich könnte auf Nina Bayms Aufsatz Old West, New West, Postwest, Real West verweisen (hier ein Blick auf ihr Buch Women Writers of the American West), vielleicht komme ich irgendwann noch einmal darauf zurück. Über Elmer Kelton habe ich inzwischen auch schon einmal geschrieben. Wie er auf meinem Sofa saß, und dreißig Mitglieder der German Association for the Study of the Western auf meinen Perserteppichen lagen, und wie wir gebannt der Geschichte seines Lebens lauschten. Weil er ein großer Erzähler war. Peter Bischoff hat das in jener Nacht mitgeschnitten, er sollte das mal auf einer CD herausbringen.
Ich weiß jetzt nicht, ob McMurtrys Epos Lonesome Dove (945 Seiten in der Paperbackausgabe) um die beiden ehemaligen Texas Ranger, Captain Woodrow F. Call und Captain Augustus McCrea in der Literatur des New West einen Fortschritt oder Rückschritt für die Literatur des New West bedeutet. Als Roman gesehen, ist es ein Rückschritt zum viktorianischen Roman (die Dissertation Larry McMurtry and the Victorian novel ist auch schon geschrieben worden). Aber hatte nicht Tom Wolfe in Stalking the Billion-Footed Beast die Rückkehr zum viktorianischen Roman gefordert?.
Dieser Bestseller, der von einem Pulitzer Prize (und einer Golden Spur der Western Writers of America) geadelt wurde, begann sein Leben in den siebziger Jahren als Drehbuch. Durch die Bekanntschaft mit Peter Bogdanovich, der The Last Picture Show (und das Sequel Texasville) verfilmte, hatte McMurtry Mut gefasst, sich selbst mit dem Schreiben von Drehbüchern zu versuchen. Es sollte ein Film für John Wayne, James Stewart und Henry Fonda werden, die hier als gealterte Westernhelden auftreten sollten. Also das verkörpern sollten, was sie in den Spätwestern und den Italowestern längst spielten.
For decades, writers have drifted around Hollywood more or less like unloved wives. The people they work for would usually be just as glad to be rid of them, but can't quite think of a way to get by without their services. Hollywood memoirs are clotted with accounts of the abuses and injustices writers feel have been visited upon them; read collectively, these books give one the sense that, for everyone involved, the profession itself was a kind of unfortunate accident -- one that somehow became a habit. In an ideal world, directors would script their own movies, and a number of the greatest directors have shown the ideal to be possible by doing just that.
Für den deutschen Wikipedia Artikel ist McMurtry ein US-amerikanischer Schriftsteller, insbesondere von Wildwestromanen - das klingt nun ein wenig komisch. Weil wir in Deutschland mit dem Wort Wildwestroman etwas ganz anderes verbinden. Karl May oder George Fronval zum Beispiel, wohl kaum McMurtrys The Last Picture Show. Und wohl niemand würde Edward Abbey, den Larry McMurtry einmal den Thoreau of the American West genannt hat, als Schriftsteller von Wildwestromanen bezeichnen. Auch wenn der Held von The Brave Cowboy ein Cowboy ist. Cormac McCarthys Romane spielen im amerikanischen Westen. Ist er deshalb ein Autor von Wildwestromanen?
Nein, es gibt längst eine Literatur des New West, wie immer man sie nennen will. Sie hat es noch ein wenig schwer. So sprach Max Westbrook in seinem Vorwort zu der Literary History of the American West (1987) von einer literature of the American West, although handicapped by association with Hollywood horse operas and stereotypical paperbacks sold in bus stations, includes a large body of first-rate literary art. Diese Literatur des New West (oder Post-West, Real West und wie immer die Namen lauten) ist ein Äquivalent zu dem Spätwestern (lesen Sie hier einen langen Artikel zu dem Thema). Nur dass die Filmkritiker die Entstehung einer neuen Gattung schneller bemerkt haben, als die Literaturkritiker.
Obgleich Charles D. Peavy Larry, der den Band Larry McMurtry in der renommierten Reihe Twayne's United States Authors Series verfasste, schon früh gemerkt hatte, dass der Autor etwas Besonderes war. McMurtry's novels are examined in the context of twentieth-century American literature to illustrate his innovative approaches to the traditional genre of the Western steht im Klappentext. Natürlich konnte man McMurtry 1977 schon kennen, weil Tom Wolfe ihn in sein Buch über Ken Kesey hineingeschrieben hatte, McMurtry und Kesey waren Freunde, seit sie zusammen bei Wallace Stegner studiert hatten. Und McMurtry hatte auch schon seinen ersten Dreierpack geschrieben, die Thalia Novels: Horseman, Pass By, Leaving Cheyenne und The Last Picture Show. Er wird das beibehalten, einen Themenkreis in einer Trilogie (oder Tetralogie) abzuarbeiten. Mit einem einzigen Roman hält er sich bei seiner revisionistischen Sicht des Westerns nicht auf.
Ich lasse die oben angeschnittenen Definitionsfragen des New West erst einmal unbeantwortet. Ich könnte auf Nina Bayms Aufsatz Old West, New West, Postwest, Real West verweisen (hier ein Blick auf ihr Buch Women Writers of the American West), vielleicht komme ich irgendwann noch einmal darauf zurück. Über Elmer Kelton habe ich inzwischen auch schon einmal geschrieben. Wie er auf meinem Sofa saß, und dreißig Mitglieder der German Association for the Study of the Western auf meinen Perserteppichen lagen, und wie wir gebannt der Geschichte seines Lebens lauschten. Weil er ein großer Erzähler war. Peter Bischoff hat das in jener Nacht mitgeschnitten, er sollte das mal auf einer CD herausbringen.
Ich weiß jetzt nicht, ob McMurtrys Epos Lonesome Dove (945 Seiten in der Paperbackausgabe) um die beiden ehemaligen Texas Ranger, Captain Woodrow F. Call und Captain Augustus McCrea in der Literatur des New West einen Fortschritt oder Rückschritt für die Literatur des New West bedeutet. Als Roman gesehen, ist es ein Rückschritt zum viktorianischen Roman (die Dissertation Larry McMurtry and the Victorian novel ist auch schon geschrieben worden). Aber hatte nicht Tom Wolfe in Stalking the Billion-Footed Beast die Rückkehr zum viktorianischen Roman gefordert?.
Dieser Bestseller, der von einem Pulitzer Prize (und einer Golden Spur der Western Writers of America) geadelt wurde, begann sein Leben in den siebziger Jahren als Drehbuch. Durch die Bekanntschaft mit Peter Bogdanovich, der The Last Picture Show (und das Sequel Texasville) verfilmte, hatte McMurtry Mut gefasst, sich selbst mit dem Schreiben von Drehbüchern zu versuchen. Es sollte ein Film für John Wayne, James Stewart und Henry Fonda werden, die hier als gealterte Westernhelden auftreten sollten. Also das verkörpern sollten, was sie in den Spätwestern und den Italowestern längst spielten.
McMurtry hat in der New Republic über die Entstehung des Romans geschrieben: I remember laboring, around 1971, on a screen offering for John Wayne, James Stewart, and Henry Fonda, a bittersweet, end-of-the-West Western... The three actors were horrified, genuinely and touchingly horrified. Over? The Old West? They couldn’t quite articulate it, but what they were struggling to say, I think, in response to the disturbing script that eventually became 'Lonesome Dove', was that the only point of the movies, and thus, more or less of their lives, was that the Old West need never to be over.
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