Fritz Moeri setzte von Anfang an auf die Austauschbarkeit aller Teile der Uhr. Ein Prinzip, das der Amerikaner Eli Whitney erfunden hatte, als er Gewehre für den Präsidenten Thomas Jefferson herstellte. Die amerikanische Uhrenindustrie hatte das Prinzip längst übernommen, für die Schweiz war es Neuland. Als Eduard Favre-Perret 1876 im offiziellen Auftrag der Schweizer Uhrenindustrie die Ausstellung zur 100-Jahrsfeier der Declaration of Independence in Philadelphia besuchte, konnte er die Taschenuhren der Firma Waltham nur in den höchsten Tönen loben. Die preiswerteste Uhr von Waltham sei besser als alles, was die schweizer Industrie herstelle. Fritz Moeri scheint einer der wenigen gewesen zu sein, der aus dem →Abschlussbericht von Favre-Perret eine Lehre gezogen hat.
Moeris war immer eine Manufaktur, das heißt, sie bauten sich ihre eigenen Werke. Rolex wurde erst vor wenigen Jahren zu einer Manufaktur, als sie für einige Milliarden schweizer Franken ihren Werkhersteller Aegler kauften. Es sind Firmen wie →Moeris, die viel erfunden und bewegt haben. Rolex hat nichts erfunden und nichts bewegt. Sie haben sich die Werke von Aegler bauen lassen und alle Patente zugekauft. Moeris hatte seit 1904 eine Zweitfirma namens Civitas. Die Uhren hatten auch Moeris Werke, aber in einer etwas einfacheren Ausführung. Moeris bewarb diese Uhren in Anzeigen mit notre seconde marque.
Ich habe eine Civitas aus den 1940er Jahren (zwanzig Mark auf dem Flohmarkt), die noch feste Stege und keine Stoßsicherung hat. Aber es steht antimagnetic auf dem Zifferblatt, ein Zeichen dafür, dass sie schon eine Glucydurunruhe hat. Für nicht magnetisierbare Uhren hatte Fritz Moeri schon sehr früh Patente erworben. Er experimentierte auch mit der 1896 von Charles Édouard Guillaume erfundenen Invar Legierung, für die Guillaume 1920 den Nobelpreis erhielt. Neben der Zweitlinie Civitas hatte Moeris noch eine unglaubliche Vielzahl von Markennamen angemeldet. Das Modell mit dem Markennamen The Bahadur und Tigern und Palmen auf dem Zifferblatt war wahrscheinlich nicht für den schweizer Markt bestimmt.
In den fünfziger Jahren lieferte Moeris Rohwerke an Seiko und Citizen, das war der Beginn des Aufstiegs der japanischen Hersteller. Seiko wird die Moeris Werke kopieren, das können wir an diesen beiden Werken sehen. Links ist ein Seiko Werk, rechts ein Moeris Werk. Beide haben die gleiche Bauform. Allerdings kann man auch als Nichtfachmann sehen, dass Seiko nicht annähernd an die Qualität von Moeris herankommt. Das wird sich ändern. Fünfzehn Jahre später wird Seiko mit seinen →King Seiko und Grand Seiko Modellen zu einem Konkurrenten der schweizer Qualitätsuhrenhersteller.
1970 kaufte Tisssot das, was nach der Quarzkrise von der Firma Moeris übriggeblieben war. Tissot sicherte sich den Markennamen Moeris und alle Patente, die die Firma hatte. Moeris hatte immer sehr gute Taschenuhren gebaut. Ich habe eine, die sie im Krieg an die Engländer geliefert haben. Steht die GSTP Nummer hinten drauf, innen ist ein ✺Werk mit Genfer Streifenschliff, das adjusted ist. Tissot integrierte die Taschenuhrabteilung von Moeris als Departement Moeris in das eigene Werk, Tissot ist heute eine der wenigen schweizer Firmen, die noch Taschenuhren herstellen.
Tissot brachte auch einmal ein Modell mit dem Namen Moeris Grands Prix heraus. Die Grands Prix Auszeichnung (man beachte den Plural bei Grand) hatte sich Moeris durch Goldmedaillen auf zahlreichen Ausstellungen verdient. Das Grands Prix steht auf meiner Armbanduhr auch drauf. Moeris war eine der wenigen schweizer Firmen, die eigene Chronographen und Stoppuhren baute (auf der →Seite von Hans Weil finden sich viele Abbildungen). Omega und Tissot hatten sich für Chronographen die Firma Lemania gekauft, und Rolex baute in seine Daytona Modelle Werke von Zenith ein.
Kurz bevor die Firma Moeris unterging, brachte sie noch ein Modell auf den Markt, das einige Sammler heute suchen. Es war eine Armbanduhr auf deren Zifferblatt James Bond 007 stand. Auf dem Gehäuseboden war eine Gravur von Sean Connery mit Pistole. Steht schon mit Abbildung in dem Post 007. Das Werk da drin war kein Moeris Manufakturwerk mehr, aber darauf kam es gar nicht an. Man konnte nach dem Erfolg der ersten Filme ja alles verkaufen, wo James Bond drauf stand. Mein Bruder hatte sogar einen James Bond Anzug. Mit Geheimtaschen.
Von diesen schönen Curvex Uhren aus den 1930er Jahren habe ich zwei, sie sind beide aus Edelstahl. Nicht aus verchromten Blech, wie man es damals häufig findet. Die eine hat ein schönes Zifferblatt, die andere hat schon eine Incabloc Stoßsicherung. Beide haben eine Glucydur Unruhe. Moeris bezog diese von Reinhard Straumann erfundenen hochwertigen Unruhen von derselben Firma, von der Eterna die Unruhen bekam. Es gab Mitte der dreißiger Jahre in der Schweiz ja nicht so viele Firmen, die eine Stoßsicherung einbauten. Helvetia und Eterna verwendeten eigene Stoßsicherungen, Moeris setzte seit 1936 auf die Firma Incabloc.
Ein italienischer Händler bei ebay will für die rechteckige Moeris mit dem Formwerk 20/26T eintausendzweihundert Euro haben. Das Werk ist in keinem schönen Zustand. Es steht zwar Shock Absorber auf dem Werk, aber diese seltsame Stoßsicherung kenne ich nicht. Ich habe für meine Uhren siebzig und achtzig DM bezahlt. Sie gehen nach beinahe neunzig Jahren immer noch hervorragend. Auch wenn bei der einen das Zifferblatt so schwarz ist, dass man die Zeit raten muss. Aber ich mag sie trotzdem.
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