Donnerstag, 26. September 2024

Putbus


Das ist Wilhelm Malte I, der Fürst zu Putbus, in jungen Jahren in der Uniform eines schwedischen Dragoners. Die Säbeltasche ist mit den goldenen tre kronor bestickt. Die Binde an seinem linken Oberarm ist die sogenannte Alliiertenbinde, sie zeigt, dass er als schwedischer Offizier an der Völkerschlacht von Leipzig teilgenommen hat. Das Bild hängt im Jagdschloss Granitz, das in Teilen von Karl Friedrich Schinkel entworfen wurde. Die rügensche Linie des Hauses Putbus war 1702 ausgestorben, danach herrscht auf Rügen der dänische Zweig der Familie. Man ist allerdings inzwischen schwedisch geworden, weil Vorpommern und Rügen von 1648 bis 1815 den Schweden gehören. Wilhelm Malte ist schwedischer Reichsgraf und wird 1807 durch König Gustav IV Adolf in den schwedischen Fürstenstand erhoben. Drei Jahre später gründet er die Stadt Putbus, eine am Reißbrett entworfene Musterstadt um Schloss und Schlosspark herum. Alles weiß gestrichen, im klassizistischen Stil.

Das überlebensgroße→Denkmal des Fürsten, das seine Witwe 1859 von Friedrich Drake errichten ließ, blickt heute auf den leeren Schlossplatz. Das Schloss ist nicht mehr da, es wurde in den 1960er Jahren gesprengt und abgerissen, die DDR hatte es nicht so mit dem Adel. Die Nazis auch nicht. Malte zu Putbus starb 1945 im Konzentrationslager Sachsenhausen. Die Besitzungen der Familie waren von den Nazis unter Zwangsverwaltung gestellt worden, durch die sogenannte Bodenreform der DDR verlor die Familie ihren Grundbesitz, wogegen Franz von und zu Putbus vergeblich klagte.

Franz von und zu Putbus kaufte sich eines der Kavalierhäuser am Circus zurück, diesem kreisförmigen Platz vor dem Schloss, um den der ganze Ort herumgebaut worden ist. Dieser Platz hat natürlich sein Vorbild in dem Circus der englischen Stadt Bath mit der Architektur von Robert Adam. Das hatte der Fürst Malte auf einer seiner Englandreisen gesehen, und so etwas wollte er auf Rügen auch haben. 1828 wurde der Rodellplatz angelegt, 1848 ist er mit weißen klassizistischen Häusern umgeben, die jedes Jahr neu gestrichen werden mussten, das hatte der Fürst verfügt. Einmal die Woche musste der Bürgersteig gefegt werden und jeder Besitzer des Hauses musste einen Rosenstock anpflanzen. Das ist noch heute so, der Denkmalschutz achtet darauf.

Wilhelm Malte, dem ein großer Teil der Insel Rügen gehört, baut mit Hilfe der preußischen Architekten Schinkel, Stüler und Steinmeyer im großen Stil Schlösser, Theater, das Fürstliche Pädagogium, eine Orangerie und Badehäuser, vieles nach englischem Vorbild. Eine seiner Englandreisen war eine offizielle Mission, der preußische König schickte ihn als Gesandten zur Krönung von Victoria. Sein Freund, der Fürst Pückler, den er 1814 in London knnenlernte, ist auch häufig in England. Der gibt sein Geld für Parks und Landschaftsgärten aus. Zwei Adelige aus klitzekleinen Fürstentümern zeigen uns jetzt, da Napoleon besiegt ist, dass der deutsche Adel noch Kultur hat. Pückler sprach davon, dass man ein feuriges Bild des Lebens unserer Familie oder vaterländischer Aristokratie zeigen wollte. Ich habe hier einen interessanten →Aufsatz zu den beiden Herren. Wilhelm Malte sammelt auch Kunst, er hatte sich in Rom einige Plastiken von Bertel Thorvaldsen gekauft. Er hatte in seinem Schloss auch eine Gemäldegalerie und eine Antiquitätencollection. Wahrscheinlich hat der Freiherr Heinrich Menu von Minutoli ihm beim Zusammentragen der Werke geholfen. 

Der Fürst Wilhelm Malte I, Königlicher General-Gouverneur der Provinzial-Behörde von Neu-Vorpommern, preußischer Staatsrat, Generalmajor und Kunstsammler, ist heute vor hundertsiebzig Jahren gestorben, deshalb hatte ich mal in seinen Wikipedia Artikel geschaut. Das ist eigentlich ein guter Artikel, aber ein Name fehlt darin, der in solch einem Lexikonartikel auf keinen Fall fehlen sollte. Birgit Poppe sagt uns in ihrem Roman Die Frau am Fenster: Ein Leben an der Seite von Caspar David Friedrich, dass im Schloss des Fürsten Gemälde von Caspar David Friedrich hingen. Sagt uns aber leider nicht, welche und wie viele. Ein Bild, das Wilhelm Malte im Oktober 1814 gekauft hatte, hing da auf jeden Fall. Es ist eine Winterlandschaft, der Reiter, dessen Pferd schon verloren ging, eilt dem Tod in die Arme, ein Rabe krächzt ihm das Todtenlied nach. So steht es im Katalog seiner Kunstsammlung, in der es auch einen Veronese gab. 

Der Fürst war der erste, der Caspar David Friedrich sechs Sepiazeichnungen mit Motiven von Rügen abkaufte, leider sind diese Blätter verloren gegangen. Kurt Karl Eberlein erwähnt 1939 den Fürsten als einen der ersten Sammler von C.D. Friedrich Bildern und schreibt: Graf Putbus zu Putbus auf Rügen, der nicht nur später einige der besten Bilder erwarb, sondern sogar in Wien von Duvivier nach Friedrichs Sepiablättern Bilder malen ließ. Leider gibt es für diesen Satz keinerlei Beweise. Ein Landschaftsbild von Ignace Duvivier ist in diesem Jahr für 600 Euro verkauft worden. Man wagt nicht sich vorzustellen, was die Kopie eines Friedrich Bildes von Duvivier kosten würde, wenn es je auf den Markt käme. Aber der Nazi Eberlein ist als Kunsthistoriker ein unzuverlässiger Geselle. Das einzige, das von seinen Ausführungen sicherlich stimmt, ist, dass Wilhelm Malte ein früher Förderer von Caspar David Friedrich gewesen ist. Und das hätte im Wikipedia Artikel erwähnt werden sollen.

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