Den Film, den arte letztens sendete, hatte ich schon gesehen, aber ich guckte ihn mir trotzdem an. Weil man einen Film von François Truffaut aus dem Antoine Doinel Zyklus immer wieder sehen kann. Zuerst hatte ich Geraubte Küsse (Baisers Volés) im Kino gesehen, das ist schon ein halbes Jahrhundert her. Aber ich habe den Film, wie beinahe alle Filme von Truffaut, auch auf DVD, ich könnte ihn jeden Abend sehen. Wenn man einen Film schon oft gesehen hat, dann achtet man auf kleine Details und sieht plötzlich Dinge, die man zuvor nicht gesehen hat. Und man hat auch mal Zeit, in die Küche zu gehen, um sich ein Bier zu holen. Als ich zurückkam, sah ich diese Frau hier. Und da fragte ich mich, warum ich diese schöne Frau bisher nicht bemerkt hatte.
Ich meine nicht Delphine Seyrig oder Claude Jade, die hier auf dem Filmphoto sind und die Hauptdarstellerinnen sind. Die sind schon lange in dem Blog. Delphine Seyrig ist in den Posts Henri Langlois, Bilabonne du so süß, Banjo, Don Siegel und Alain Resnais. Claude Jade, in die sich Truffaut sofort verliebte, kommt in dem Post Fanny Ardant und dem Nachruf auf Michel Piccoli vor. Und ich habe für Claude Jade Verehrer hier noch eine schöne→Seite mit allen Filmphotos aus Geraubte Küsse.
Die Frau, die ich meine, arbeitet im Detektivbüro Blady. Sie heißt im Film Madame Catherine. Im wirklichen Leben heißt sie Catherine Lutz. Google präsentiert im Internet ein völlig falsches Photo von ihr. Die Frau, die ihrem Namen zugeordnet wird, ist niemand anders als Anouk Aimée in dem Film ✺Lola, das Mädchen aus dem Hafen. In dem Film spielt Catherine Lutz auch mit, und da sieht sie so aus. Ich habe hier achtundachtzig →Photos aus dem Film, da ist sie mehrfach zu sehen.
Im selben Jahr, in dem sie in Lola, das Mädchen aus dem Hafen zu sehen ist, dreht sie ihren ersten Film mit Truffaut: ✺Schießen Sie auf den Pianisten. Google präsentiert uns auch hier wieder das Bild von Anouk Aimée, wenn im Internet einmal etwas falsch ist, dann bleibt das auch falsch. Da spielt sie Mammy, die Ehefrau des Barbesitzers Plyne. Sie ist in der ersten und der letzten Szene zu sehen und natürlich mitten drin auch noch. Drei französische Filme, drei Nebenrollen. Wenn Sie sie sehen wollen, habe ich hier 94 Bilder, auf Bild 27 und Bild 80 ist sie zu sehen. Und sie sieht nie wie Anouk Aimée aus, das muss sich Google mal sagen lassen.
Was wäre gewesen, wenn sie einmal eine Hauptrolle bekommen hätte? Sie muss kurz nach Geraubte Küsse gestorben sein, denn in einem Interview beklagt Truffaut 1970 ihren Tod. Das tut er auch in einem Brief an Charles Aznavour, wenn er sagt, dass beinahe alle Schauspieler aus Schießen Sie auf den Pianisten schon tot sind. Dass ich die siebenhundertseitige Ausgabe seiner Briefe besitze, habe ich schon in dem Post François Truffaut gesagt. Ich habe auch die Drehbücher aus dem Regal geholt, aber mehr konnte ich über Catherine Lutz nicht finden. Hier ist sie noch einmal im weißen Bademantel mit frisch gewaschenen Haaren.
Truffaut hatte Aznavour kennengelernt, als der Filmkritiker Truffaut gerade zum Regisseur geworden war. Und durch seinen Film Sie küßten und sie schlugen ihn ein bisschen berühmt geworden war. Er wollte einen Dokumentarfilm über Aznavour drehen, aber daraus wurde nichts. Weil Truffaut den Roman Down There des Amerikaners David Goodis gelesen hatte und Aznavour ihm als die perfekte Verkörperung des Romanhelden vorkam. Truffaut liebte die amerikanischen Romane der →serie noir- Romane von Cornell Woolrich hat er mehrfach verfilmt, zum Beispiel Waltz into Darkness mit Deneuve und Belmondo. Oder The Bride Wore Black mit Jeanne Moreau. ✺Schießen Sie auf den Pianisten war Truffauts Hommage auf den amerikanischen Gangsterfilm: Ich wollte die Poesie der Schwarzen Serie nachempfinden. ... Die 'Série noire' bestand aus populären amerikanischen Kriminalromanen; Gallimard kaufte die französischen Rechte und veröffentlichte sie in der Sammlung 'Série noire' ... Natürlich war ich nicht der erste, der auf die Idee kam, diese Romane zu verfilmen. ... Von der Poesie, die man in den Büchern spürte, blieb auf der Leinwand nie etwas übrig. Ich fragte mich, woran das lag, und als meine Antwort auf diese Filme habe ich 'Tirez sur le pianiste' gedreht.
Geraubte Küsse mit der Detektivin Madame Catherine, über die ich nicht mehr herausfinden konnte als was hier steht, ist noch eine Woche bei ✺arte zu sehen. Danach können Sie den Film ✺hier sehen.
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