Wenn wir an Opernsänger denken, dann denken wir nicht zuerst an Amerikaner. Wir denken an Italiener. Und wenn die Amerikaner Opernsänger an der Met brauchen, dann verpflichten sie Enrico Caruso oder Ferrucio Tagliavini. Aber es gibt durchaus bedeutende amerikanische Sänger wie Thomas Hampson oder (eine Generation älter) Sherill Milnes. Und es gab eine Zeit, da die amerikanischen Sänger eine wirkliche Konkurrenz für die Italiener darstellten, damals als Leonard Warren, Robert Merrill, Richard Tucker und Mario Lanza die Opernbühne beherrschten.
Leonard Warren wurde heute vor einhundert Jahren geboren. Seine Eltern waren aus Russland nach New York gekommen und hatten ihren Namen Warenoff amerikanisiert. Leonard Warren ist der berühmteste Bariton Amerikas geworden. Man hatte das Naturtalent bei einem Wettbewerb entdeckt, die Metropolitan Opera hat ihn sofort gebucht. Und ihn erstmal nach Italien geschickt, damit er seine Stimme perfektionierte. Danach war er von der Bühne der Met nicht mehr wegzudenken, über 650 Mal ist er dort aufgetreten. Er ist auf der Bühne der Met gestorben. Während er die Arie O Tod, du Wort des Grauens sang. Dazu sagt nun wohl jeder, dass das eine Ironie des Schicksals ist. Der Direktor der Met Rudolf Bing (den die englische Königin später geadelt hat) trat vor den Vorhang und sagte, dass man die Aufführung von Die Macht des Schicksals leider nicht fortsetzen könne. Als Armand Castelmary 1897 in der Met während einer Aufführung von Flotows Martha auf offener Bühne starb, hielt das Publikum seine verzweifelten Bewegungen für große Schauspielkunst und klatschte Beifall. Damals hat man weitergespielt. Bei YouTube kann man Leonard Warren die schicksalhafte Arie ➱Morir! Tremenda cosa singen hören, allerdings sieben Jahre vor seinem Tod.
Wie die meisten amerikanischen Opernsänger hat er auch Volkstümliches gesungen, wie zum Beispiel O Danny Boy. Und 1947 hat er On the Road to Mandalay gesungen (Frankie Boy Sinatra sang das auch mal). Kiplings Mandalay gab es ➱hier in diesem Blog ja auch schon einmal. Leonard Warren hat heute immer noch seine Fans, und es gibt auch noch genügend Aufnahmen von ihm.
Hundert Jahre vor Warrens Aufnahme von On the Road to Mandalay schreibt Joseph von Eichendorff nach dem Besuch des Künstler- und Schriftstellervereins Concordia in einem Brief an seinen Sohn: den gantzen Abend wurden von einem Opernsänger Lieder von mir gesungen, von Dessauer unglaublich schön komponirt. Und er hat auch ein schönes kleines Gedicht über das Singen geschrieben:
Und wie ich nicht der und jener,
Kannst du's besser, sing frisch zu!
Andre singen wieder schöner,
Droben an dem Himmelstor
Wird's ein wunderbarer Chor.
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