Montag, 26. August 2024

Menschenrechte


Heute vor 235 Jahren verabschiedete die französische Nationalversammlung die Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen. Wenige Monate zuvor hatte der Marquis de Lafayette, der Held des amerikanischen Unabhängigkeitskriegs, in der Nationalversammlung schon den Entwurf einer Erklärung der Menschenrechte eingebracht. Bei der Formulierung hatte ihm Thomas Jefferson geholfen, der damals Amerikas Botschafter in Paris war. Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte wurde im Jahr 2003 zum Weltdokumentenerbe erklärt. 

Das alles wäre ein Grund zum Feiern, wenn man sich nicht fragen müsste, wo in der Welt heute diese Menschenrechte überhaupt gelten. Im Land des lupenreinen Demokraten bestimmt nicht. Da, wo es auf dieser Karte grün ist, da gelten sie schon. Aber das ist nicht einmal die Hälfte der Welt. Und auch in vielen Ländern, die hier grün sind, wird an den Rechten geknabbert. Die Menschenrechte sind für viele nur ein schöner Traum. Der Satz von Rousseau, Der Mensch ist frei geboren und überall liegt er in Ketten, gilt noch für einen großen Teil der Welt.

Die schönen Deklarationen der Freiheit des Menschen haben häufig elementare Mängel. Die amerikanische Declaration of Independence mit ihrem all men are created equal, die Jefferson auf der Basis der Gedanken von John Locke schrieb, galt offenbar nicht für Farbige. Die französische Déclaration vom 26. August 1789 galt nicht für Frauen. Zwei Jahre später wird →Olympe de Gouges eine Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin vorlegen. Sie hat auch, neben vielen anderen Publikationen, den Briefroman Denkschrift der Mme de Valmont geschrieben, den es jetzt in einer zweisprachigen Ausgabe gibt. Die Herausgeberin Gisela Thiele-Knobloch, eine Professorin für Romanistik, hat dazu gesagt: Historiker interessieren sich offenbar auch heute noch mehr für Anzahl und Eigenschaften der Liebhaber von de Gouges als für ihr umfangreiches Werk und ihre politische Leistung. Immer noch möchte man Olympe de Gouges in den althergebrachten Klischees lieber als 'Courtisane' und/oder als 'Militante' sehen, als sich ernsthaft mit ihren Schriften zu befassen. 

Man hatte Olympe de Gouge vergessen, aber in den letzten vierzig Jahren hat man das wiedergutgemacht, ihre →Schriften sind wieder aufgelegt worden, und es ist viel über sie geschrieben worden. La Femme a le droit de monter sur l’échafaud ; elle doit avoir également celui de monter à la Tribune, hatte sie in ihrer Déclaration geschrieben. Die Schreckensherrschaft wird dafür sorgen, dass dieser Satz wahr wird. Sie wird am 3. November 1793 auf der Place de la Concorde durch die Guillotine hingerichtet. So könnte es gewesen sein, aber das Bild ist nicht echt. Es ist eine Photomontage der Künstlerin →Holly Marie Armishaw.

Der Marquis de Lafayette, der die Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen eingebracht hatte, schwört auf diesem Bild bei der Fête de la Fédération am 14. Juli 1790 seinen Eid auf das neue Frankreich. Aber den Eid wird er brechen, die Flucht ist ihm lieber als die Guillotine. Hier in Schleswig-Holstein ist er mit seinem Sohn George Washington (das ist der Junge mit der blauen Jacke auf dem Bild) auch einmal gewesen. Da hatte er mit dem Geld des Hamburger Kaufmanns John Parish das Gut Lehmkuhlen gemietet. Damals war auch der spätere Bürgerkönig Louis Philippe hier. Lebte unter dem Namen Ludwig Philippe de Vries in Friedrichstadt und verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Tanzlehrer. 1790 war er ein begeisterter Anhänger der Revolution und Mitglied des Jakobinerklubs gewesen, jetzt ist er Tanzlehrer. Der General Charles-François Dumouriez, den er gut kannte, ist auch in Schleswig-Holstein. Der vermochte dem Exil etwas Positives abzugewinnen:

Das Exil hat, wie alle anderen Positionen im menschlichen Leben, seine Vorteile: Es präsentiert uns Vergleichsobjekte, von denen wir nie eine Ahnung hatten; er gibt uns Lichter; es entwickelt unsere Energie durch Entbehrung; es macht uns nachsichtig und gesellig; es schafft zwischen uns und unseren Gästen eine Erweiterung der Sensibilität und Wohltätigkeit. Der aufrichtige, weise und nachdenkliche Mann bringt von dieser erzwungenen Pilgerfahrt eine Reihe männlicher und sanfter Tugenden mit, die ihn tauglicher machen, seinem Heimatland zu dienen, und ihn zu einer universellen Philanthropie führen, die die schrecklichen Auswirkungen des nationalen Egoismus mildert.

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