Mittwoch, 26. Januar 2011

Cosi fan Tutte


Heute vor 221 Jahren ist Così fan tutte o sia La scuola degli amanti zum ersten Mal aufgeführt worden, es ist vielleicht die schönste Oper von Mozart. Man kann nur von Glück sagen, dass Salieri, für den das Libretto eigentlich bestimmt war, seine Oper nicht fertig gekriegt hat. Zwei Akte. Zwei Frauen (Fiordiligi und Dorabella), zwei Männer (Gugliemo und Ferrando) und dann noch zwei Person in der Mitte zwischen den Liebenden (Despina und Don Alfonso), die die Handlung vorantreiben. Denn von schmachtenden Liedern über die Liebe allein lebt keine Oper. Obgleich das wirklich schöne schmachtende Arien sind. Hören Sie doch einmal hinein, wie der große Alfredo Kraus Un'aura amorasa singt. Und es sind nicht nur die Arien, auch die Terzette sind schön. Wenn Sie das Soava sia il vento von der Glyndebourne Aufnahme hören, werden Sie sicher gleich die DVD bestellen wollen. Sie machen damit auch bestimmt keinen Fehler!

Die beiden jungen Offiziere sind sich ihrer Liebe sicher, alles wäre gut, wenn da nicht der zynische Don Alfonso wäre, der sie zu einer Wette verführt. Etwas, was wir dramentechnisch als Intrige bezeichnen. Kommt von Lateinischen intricare, in Verlegenheit bringen, und ist so etwas wie das Taschentuch in Othello. Denn was wäre jene Geschichte ohne das Taschentuch? Alfonso überredet die Liebenden, die Treue ihrer Angebeten zu testen. Die beiden verkleideten sich als Offiziere einer fremden Nation. Aber es sind doch genau die gleichen wie vorher, sagt eine Sechsjährige in der Oper. Sechsjährige merken das, liebende Frauen auf der Opernbühne offensichtlich nicht. Oper hat mit dem zu tun, was Coleridge so schön als the willing suspension of disbelief bezeichnet hat.

Ihre Liebe sei wie ein Fels (Como scoglio immota resta), der Wind und Wetter trotzt, singt Fiordiligi im Ersten Akt. Aber ist sie sich da wirklich so sicher? Der Untertitel der Oper ist Die Schule der Liebenden, und die Oper zeigt, dass man in der Liebe immer noch etwas dazulernen kann. Auf dem Wege zum happy ending gibt es eine Vielzahl von Verwicklungen, simulierte Selbstmordversuche, Wunderheilungen durch dottoressa Despina, Burleske und große Gefühle wechseln sich wohldosiert ab.

Man kann heute eine Vielzahl von Aufnahmen, CD und DVD, kaufen. Eine sollte man auf jeden Fall haben und das ist die Fritz Busch Inszenierung (Glyndebourne) aus dem Jahre 1935 (mit Souez, Helletsgruber, Domgraf-Fassbaender, Nash). Die wird zu den unterschiedlichsten Preisen angeboten, man sollte sie aber nicht mit der Fritz Busch Aufnahme von 1951 verwechseln. Am besten und preisgünstigsten fährt man mit der Naxos Aufnahme.

Jeder Kritiker hat seinen eigenen Geschmack, hat seine eigenen Lieblingsaufnahmen, ich auch. Auf den nächsten Platz kommt bei mir unbedingt die alte Decca Aufnahme von Karl Böhm (1955). Die Aufnahme von John Eliot Gardiner mit Originalinstrumenten (Deutsche Grammophon 1993) ist sicherlich sehr schön, aber wenn man einen herzerfrischend neuen Mozart hören möchte, dann sollte man zu der Aufnahme von René Jacobs von 2004 greifen. Und für eine DVD Aufnahme ist die aus Glyndeborne 2006 zu empfehlen, die ich schon weiter oben hervorgehoben habe. Die preiswerteste Gesamtaufnahme auf dem Markt ist übrigens nicht die schlechteste: Sigiswald Kuiken mit seiner Petit Bande (Liveaufnahme Budapest 1992). Und jetzt habe ich es doch glatt wieder vergessen, die Karajan Aufnahme mit Elisabeth Schwarzkopf zu erwähnen.

Mein allerschönstes Cosi fan Tutte Erlebnis gibt es leider auf keinem Ton- und Bildträger. In den 90er Jahren war die etwas schräge Truppe des Music Theatre London mehrfach mit Mozart Opern nach Hamburg gekommen. Es dirigierte Tony Britten (der gerade die Champions League Hymne komponiert hatte), und das Ensemble bestand aus actor-singers. Schauspielern, die ein wenig singen können oder Sängern, die auch gute Schauspieler sind. Aus der Truppe, die bei Cosi fan Tutte auf der Bühne stand, sind wohl nur Simon Butteriss und Jacinta Mulcahy (oben) noch berühmt geworden. Die Inszenierung verlegt das Stück in den Golfkrieg. Zuerst sind Gugliemo und Ferrando englische RAF Piloten, die sich dann als prollige US Offiziere verkleiden. Man merkt den Engländern an, dass ihnen das so richtig Spaß gemacht hat. Der Abend stand dem Boulevard und der Music Hall Tradition näher als der Scala oder der Met. Die leichten sängerischen Defizite wurden durch die Spielfreude wettgemacht. Mozart hätte jede Minute davon gefallen. Ich war hingerissen von Jacinta Mulcahy. Und man muss ja auch erst einmal auf die Idee kommen, dass sich Fiordiligi in schwarzem Mieder (mit Strapsen) vor dem Spiegel aufbrezelt und dabei von der ewigen Liebe singt. Man findet wenig Fiordiligis, die mit schwarzen Strapsen so gut aussehen wie Jacinta Mulcahy damals, und die auch noch singen können. Ich kann jetzt nur hoffen, dass irgendjemand beim NDR (der alle Auftritte des Music Theatre London im Hamburg aufgezeichnet hatte) jetzt mal ins Archiv stapft und sich ernsthaft überlegt, das Ganze mal auf DVD herauszubringen.

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1 Kommentar:

  1. Und nun darf man auch Currentzis nicht vergessen,gerade erschienen,wahrscheinlich neue Referenz.
    Da kann einer noch richtig proben ( es bezahlen) und sorgsam aufnehmen lassen .
    Eben in Perm,weit weg und zugleich ausgezeichnet.

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