Donnerstag, 5. April 2018

Zacharias Lund


Ich muss Sie mal eben in den Norden nach ↝Dänemark mitnehmen, zum Ekensund. Da gab es zum Ende des 19. Jahrhunderts eine Künstlerkolonie, und da hat Otto Heinrich Engel um 1900 diese Fischerhäuschen gemalt. Nicht weit vom Ekensund ist das schöne weiße Schloss Gravenstein, das der dänischen Königin gehört, und dann gibt es weiter östlich noch einen kleinen Ort namens Nybøl. Liegt neben Dybbøl, den Ort kennen Sie wegen der Düppeler Schanzen. Nybøl hat eine hübsche kleine Kirche, aber beinahe alle dänischen Orte haben hübsche kleine ↝Kirchen. Der Maler Viggo Kragh-Hansen hat hier gemalt, aber sonst ist hier wenig los.

Die Kirche war schon da, als der Dichter Zacharias Lund am 5. April 1608 in Nybøl geboren wird. Sein Vater ist hier Pastor. Lund besucht das Hamburger Gymnasium und studiert dann in Königsberg, Leipzig und Wittenberg Theologie und schöne Wissenschaften. Der Wittenberger Professor für Poetik Augustus Buchner wird den größten Einfluss auf Lund haben. Lund verlässt Wittenberg in den Kriegswirren des Dreißigjährigen Krieges, will kein Pastor werden, obgleich die Eltern ihm zuraten. Er wird Rektor eines Gymnasiums, Hofmeister bei dem Admiral Jörgen Vind (der in der ↝Seeschlacht auf der Kolberger Heide stirbt) mit dessen Sohn er Bildungsreisen durch Europa unternehmen wird. Danach wird er Bibliothekar bei dem Reichsrat Jörgen Seefeld, der mit 26.000 Bänden die wohl größte private Bibliothek in Dänemark besitzt. Als die Bibliothek 1657 im Schwedenkrieg vernichtet wird, nimmt Lund das Amt eines Sekretärs der Dänischen Kanzlei in Kopenhagen an. Dort wird er geheime schwedische Kriegskorrespondenz dechiffrieren. Was er sicherlich mit einem gewissen Vergnügen tun wird, wo doch die Schweden seine Bibliothek zerstört haben. Und er gut für die Dechiffrierarbeit bezahlt wird.

Er hat lateinische und deutsche Gedichte geschrieben (sein Vater schrieb auch schon neulateinische Gedichte), hat Gedichte aus dem Französischen und Holländischen übersetzt. Mit seinen Jugendgedichten und seinem Hauptwerk Allerhand artige Deutsche Gedichte, das 1636 in Leipzig erscheint, gewinnt er Anerkennung. Man kann das Buch heute noch kaufen. Aber einer der großen Barockdichter wird er nie sein, er ist nicht in der Liga, in der ↝Opitz und ↝Hoffmannswaldau sind. Er wird nie heiraten, aber er wird viel ↝Liebeslyrik schreiben. Kompensation eines Verbalerotikers? Das heutige Gedicht I cor ocyus (geh rascher, Herz) findet sich in dem Band Allerhand artige Deutsche Gedichte. Es ist auch in der von ↝Peter Nicolaisen herausgegeben Anthologie Stimmenvielfalt abgedruckt, die schon in dem Post ↝Frisia non cantat erwähnt wurde.

I cor ocyus

Auff und geh'/ O mattes Hertz/
Eylends nach der Liebsten renne!
Sag' jhr/ in was grossem Schmertz
Ich umb jhrer Liebe brenne.

Sag' jhr/ wie ich Nacht und Tag
Umb jhr Beyseyn mich bewerbe/
Sag' jhr/ wie ich nach und nach
Umb mein Abseyn täglich sterbe.

Mitten doch in solcher Noth/
Solche Sorgen/ solche Schmertzen/
Solche Seufftzer/ solchen Todt/
Solchem bitter süsses Schertzen;

Sag' jhr/ da sie etwan noch
Mich wird in Gedächtnis setzen/
Wil ich in dem Abseyn doch
Mich für allerseligst schätzen.

Auf dieser Seite gibt es noch eine Vielzahl von Lunds Liebesgedichten. Und bei ↝GoogleBooks kann man den größten Teil eines Aufsatzes von Dieter Lohmeier lesen. Den größten Teil des Werkes von Lund wird man nur in Kopenhagen in den Archiven lesen können, er wurde nie gedruckt.

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