Mittwoch, 4. April 2018

Ehrlichkeit


Heute klaut ja jeder jedem Texte und Melodien von Liedern. Wie die ↝Prinzen einst sangen:

Denn das ist alles nur geklaut
Das ist alles gar nicht meine
Das ist alles nur geklaut
Doch das weiß ich nur ganz alleine
Das ist alles nur geklaut nur gestohlen
Nur gezogen und geraubt
Entschuldigung das hab ich mir erlaubt

Wir wollen jetzt nicht von dieser Frau ↝Schavan und diesem Herrn ↝von und zu Guttenberg reden, wir bleiben einmal beim literarischen Diebstahl. Mark Twain mopst sich die Geschichte mit der Sonnenfinsternis im ↝Connecticut Yankee bei Sir Henry Rider Haggard, und dann haben wir da noch diesen Bert Brecht. Ich zitiere dazu einmal aus der Dreigroschenoper:

Ihr Herren, urteilt jetzt selbst: ist das ein Leben?
Ich finde nicht Geschmack an alledem.
Als kleines Kind schon hörte ich mit Beben:
Nur wer in Wohlstand lebt, lebt angenehm.


Dem Kritiker ↝Alfred Kerr, der Brecht einmal als Ragoutkoch bezeichnet hat, klang das alles ein wenig zu sehr nach François Villon in der deutschen Übersetzung von Karl Anton Klammer:

Ihr Herren, urteilet selbst, was mehr mag frommen!
Ich finde nicht Geschmack an alledem.
Als kleines Kind schon habe ich stets vernommen:
Nur wer in Wohlstand schwelgt, lebt angenehm.

Brecht, der sich bei ↝Kipling und allen anderen Autoren bedient, muss eine Erklärung abgeben, in der er von seiner grundsätzlichen Laxheit in Fragen geistigen Eigentums redet. Ist er stolz darauf? Diese Laxheit gilt natürlich nur für ihn selbst, wehe, es beklaut ein anderer Literat das Brechtsche Werk. Muss der Plagiator Brecht vom Urheberrecht geschützt werden? fragte der Deutschlandfunk. Mit alledem hat der Autor unseres heutigen Gedichts nichts zu tun. Er ist ein Edelmann, ein Graf. Und einer der letzten Minnesänger. Er heißt Hugo von Montfort. Er sagt seinen Lesern ganz klar, dass er zwar die Lieder geschrieben hat, nicht aber die Melodien. Er will uns nicht betrügen, ich wil euch nicht betreigen, sagt er. Es ist das erste Mal in der Geschichte des Minnesangs, dass ein Dichter einen Komponisten namentlich benennt:

die weysen zu den liedern,
der han ich nicht gemachen:
ich wil euch nicht betreigen,
es hat ein ander getan froleich und auch lachen.
ob ich euchs sagen wolt,
so seit ich euchs zwar recht:
die weysen hat gemacht Burk Mangolt,
unser getrewer knecht.
zu Pregentz ist er gesessen
und dient uns gar so schon,
vil weys hat er gemessen
mit lobleichen don.

Wenn Sie wissen wollen, wie der lobleiche don des Komponisten Burk Mangoldt klingt, dann klicken Sie ↝hier. Der Graf Hugo von Montfort ist am 4. April 1423 gestorben, vor einem Jahr gab es ↝hier schon einen Post für ihn. Leider nicht viel gelesen. Ist aber interessant. Handelt von Troubaduren und Minnesängern, Asterix und Obelix und Rod Stewart kommen auch drin vor.


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