Ich habe einmal den irischen Dichter Seamus Heaney getroffen. Das war lange bevor er weltberühmt wurde und den Nobelpreis for works of lyrical beauty and ethical depth, which exalt everyday miracles and the living past erhielt. Für die Zeit nach der Dichterlesung hatte der Veranstalter damals stilecht dafür gesorgt, dass genügend Guinness vom Fass bereit stand. Auch an echte große Guinness Gläser war gedacht worden. Ich persönlich mag das Zeug ja nicht wirklich, aber Seamus Heaney sprach dem irischen Nationalgetränk gerne zu. Er wirkte wie ein verschmitzter großer Junge, mit seinen breiten roten Hosenträgern über dem weißen Hemd. Ich brachte ihn zum Lachen, als ich ihn fragte, ob sein Dichterkollege Robert Lowell jetzt immer Freibier von Guinness bekäme, wo er gerade die Guinness Erbin Caroline Blackwood geheiratet hätte.
Von dem jetzigen Nobelpreisträger Jon Fosse habe ich nichts gelesen. Ich habe noch nicht einmal den Namen gehört. Wahrscheinlich hat er den Preis verdient, ich weiß es nicht. Nach dem Skandal von 2018, als Michael Krüger sagte: Diesen Leuten ist nicht zu trauen, scheint man sich in Stockholm wieder gefangen zu haben. Obgleich es immer kleinere Skandale gegeben hat, seit es diesen Preis für Literatur gibt. Wenn ich mir die Liste der Preisträger seit Selma Lagerlöf anschaue, dann sind da viele dabei, die ich nicht kenne. Nie gelesen habe. Oder solche, deren Bücher ich kein zweites Mal lesen würde. Hat Winston Churchill wirklich den Nobelpreis für Literatur verdient? Warum hat Marcel Proust ihn nie bekommen?
Der Hang der Schwedischen Akademie, farbenfrohen Nieten und gegen das Establishment agierenden Plagegeistern ihren Bonus zu verleihen, geht über schlichte Launenhaftigkeit hinaus und hat bei der jüngsten Wahl ein gerüttelt Mass an Willkür angenommen, schreibt die New York Times. Aber nicht in der Wirklichkeit, sondern nur in den Erzählungen Bech at Bay: A Quasi-Novel. Da bekommt nämlich Updikes Romanheld Harry Bech den Nobelpreis. Den Updike nie bekommen hat.
Ich war immer der Meinung, dass John Updike, der den amerikanischen Alltag so perfekt beschrieb, den Preis verdient hätte. Er war jahrelang der Spitzenkandidat der Literaturkritiker, nominiert war er ja auch mehrfach. Aber irgendwie schienen die Schweden etwas gegen ihn zu haben. Richard Ford könnte den Preis meiner Meinung nach auch bekommen, vielleicht kriegt er ihn ja noch, wenn er im nächsten Jahr achtzig wird. Kurt Vonnegut wusste, weshalb er den Preis nie bekam: I used to be the owner and manager of an automobile dealership in West Barnstable, Massachusetts, called 'Saab Cape Cod.' It and I went out of business 33 years ago. The Saab then as now was a Swedish car, and I now believe my failure as a dealer so long ago explains what would otherwise remain a deep mystery: Why the Swedes have never given me a Nobel Prize for Literature. Old Norwegian proverb: “Swedes have short dicks but long memories“.
Schweden, Dänen und Norweger bekamen insgesamt fünfzehn mal den Preis. Damit liegen sie in der Tabelle ganz vorne. In seinem Aufsatz →Stigma der Mittelmäßigkeit (hier im Volltext) sagte Arno Schmidt in den fünfziger Jahren dazu: Man kann, ganz einfach, den nicht würdigen, den man nicht versteht. Das ist eben auch der Grund, warum die Skandinavier so unproportionierlich hohen Anteil am Preise haben: das verstehen sie, die Herren schwedischen Verteiler! Immerhin wurde Schmidt 1971 von Lars Gyllensten für den Nobelpreis für Literatur vorgeschlagen, 1972 vom Nobelkomitee. Schmidt wetterte gegen Henryk Sienkiewicz (den Autor von Quo Vadis (dann hätte man ihn genau so gut Karl May geben können!) und vermisste Rainer Maria Rilke, Franz Kafka, James Joyce und Ezra Pound unter den Preisträgern: Wozu diese angeblichen Kenner imstande sind, belegen Ihnen ja jährlich die unermüdlich verteilten Nobelpreise: die erhält Sienkiewicz für ‹Quo Vadis› – aber nicht Rilke und Trakl! Den erhält Churchill, literarisch ein Journalist ausgesprochenen Mittelmaßes: aber nicht Bert Brecht, oder James Joyce!: Gehen Sie mir doch mit Ihren Literatursachverständigen!
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