Freitag, 13. Oktober 2023

Allan Ramsay


Dies Bild des Königs George III ist von dem Schotten Allan Ramsay. Der erstaunlicherweise noch keinen Post in diesem Blog hat. Er wird aber in dem Post David Hume erwähnt, weil er ein Freund des Philosophen war (und ihn natürlich auch gemalt hat). Das stand hier schon vor neun Jahren in dem langen kulturhistorischen Post 18th Century: Georgian Era. Aber erstaunlicherweise hat es hier inzwischen immer noch nichts über den schottischen Maler gegeben. Da er heute vor 320 Jahren geboren wurde, soll er doch endlich einen Post bekommen. Allan Ramsay, Sohn eines Dichters, war nicht nur mit dem Philosophen David Hume befreundet, den er zweimal malte. Er korrespondierte auch mit Voltaire, den er sogar besuchte. Er war ein Freund des schottischen Architekten Robert Adam, den er in Rom getroffen hatte. Und war ein Freund des berühmten Samuel Johnson. Der über ihn sagte: I love Ramsay. You will not find a man in whose conversation there is more instruction, more information, and more elegance, than in Ramsay's. 

Er kommt aus Edinburgh, aber er geht nach London, um bei dem schwedischen Portraitmaler Hans Hysing die Malkunst zu erlernen. Mit dreiundzwanzig Jahren verläßt Ramsay die britische Insel und studiert in Rom und Neapel. Als er nach England zurückkommt, heiratet er Anne Bayne, und dieses Portrait von ihr zeigt, was er in Italien gelernt hat. Der junge Maler ist zu einem Meister der Portraitmalerei geworden. Wenn Joshua Reynolds von seiner Italienreise nach London zurückkehrt, wird er es schwer haben, gegen Ramsay anzukommen. Mr. Reynolds seldom succeeds with women, Mr. Ramsay is formed to paint them, sagte Horace Walpole

In dieser Zeit sind Bilder von Ramsay manchmal schwer von Bildern von Reynolds zu unterscheiden. Dieses Bild, das wahrscheinlich den jungen Ignatius Sancho zeigt, galt lange als ein Werk von Reynolds. Man schreibt es heute Ramsay zu. Ignatius Sancho ist im 18. Jahrhundert ein berühmter Mann geworden, Thomas Gainsborough hat Sancho auch portraitiert. Der Sklavenhalter Thomas Jefferson hat sich abschätzig über Sanchos dichterisches Schaffen geäußert, das steht schon in dem Post Phillis Wheatley. Jefferson hat zwar in der Unabhängigkeitserklärung geschrieben: we hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, aber so ganz hat er das wohl nicht gemeint.

Leider stirbt Ramsays Frau Anne schon nach vier Jahren; von den drei Kindern, die sie ihm schenkt, wird nur eine Tochter überleben. Ramsay wird zehn Jahre später wieder heiraten. Seine zweite Frau Margaret Lindsay war seine Schülerin gewesen. Es ist in der Aristokratie chic geworden, dass die jungen Damen zeichnen lernen. Margarets Vater Sir Alexander Lindsay of Evelick wird es seiner Tochter nie verzeihen, dass sie mit einem Maler durchgebrannt ist. 

Ramsay hatte ganz offiziell um ihre Hand angehalten und dem schottischen Baronet seine finanzielle Situation offengelegt; ihm gesagt, dass er Margaret ein jährliches Einkommen von hundert Pfund (was im 18. Jahrhundert sehr, sehr viel Geld ist) garantieren könne. Das könne noch mehr werden as my affairs increase, and I thank God, they are in a way of increasing. Und er versichtert dem Vater, dass man Margaret nicht in Gold aufwiegen könne: my love for your Daughter, who, I am sensible, is entitled to much more than ever I shall have to bestow upon her. Sir Alexander bleibt hart, er wird es seiner Tochter nie verzeihen, dass sie diesen Nichtsnutz geheiratet hat. Ihr Bruder, der Admiral John Lindsay, wird immer zu ihr stehen. Er ist schon in diesem Blog aufgetaucht, Sie finden ihn in dem Post Dido.

Es wird, auch ohne den elterlichen Segen, eine sehr glückliche Ehe werden. Das stille und private Bild von seiner Frau hat Ramsay in den 1750er Jahren in Rom gemalt, wohin es ihn wieder zog. Es ziehen ihn auch die vielen Engländer nach Italien, die sich auf ihrer Grand Tour befinden, und sich dabei gerne von einem Landsmann malen lassen. Wenn sie sich nicht von Pompeo Batoni, dem Erfinder des Touristenportraits, malen lassen. Batoni hat hier mit Reisende natürlich schon einen Post.

Seine Kundschaft malt Ramsay nicht in dem schon beinahe pastellartigen Stil, mit dem er seine Frau Margaret gemalt hatte; die malt er so, wie sie gemalt werden wollen. So wie hier Sir Edward Turner mit seiner Gattin Cassandra. Wenn die Ramsays nach London zurückkehren, wird der Maler Hofmaler des Königs werden. Das gibt ein gesichertes Einkommen, aber es bdeutet auch so etwas wie das Ende seiner malerischen Karriere. 

Bilder wie dies von Lady Mary Coke, die ihre Theorbe hält und ganz in Satin aufgeht, wird er jetzt seltener malen. Ich weiß bei diesem Bild auch nicht, ob Ramsay das Satinkleid selbst gemalt hat, oder ob er das Joseph van Aken überlassen hat. Über den ein zeitgenössischer Kritiker sagte: As in England almost everybody’s picture is painted, so almost every painter’s works were painted by van Aken. Ramsay braucht Leute wie van Aken. Er malt jetzt ein Portrait des Königs und der Königin nach dem anderen, sein Stil entwickelt sich nicht weiter. Und er braucht die Vielzahl von Assistenten, die die von ihm begonnenen Bilder vollenden. Da ist zum Beispiel sein Schüler David Martin, der ihn auch nach Italien begleiet hatte. Und der Tiermaler Philip Reinagle, der seinem Sohn den Vornamen Ramsay geben wird. David Martin ist einer von Ramsays begabtesten Schülern, er findet sich in diesem Blog schon in dn Posts Dido und Einquartierung.

Ramsay hat seinem König, den er schon als Prince of Wales portraitierte, sicher nicht erzählt, dass er schon einmal jemanden gemalt hat, der auch König von England werden wollte. 1745 hatte er einen Brief erhalten: Sir, you are desired to come to the Palace of Holyroodhouse as soon as possible in order to take his Royal Highness’ picture. So I expect you’ll wait no further call. I am, your most humble servant, John Stuart, Holyrood House 26th of October 1745. Die Royal Highness, die er dort malen soll, heißt Charles Edward Stuart. Wir kennen ihn auch als Bonnie Prince Charlie. Es ist ein klitzekleines Bild, es hat auch lange gedauert, bis es überhaupt entdeckt wurde. Sie können hier alles über das Bild und seine Geschichte lesen.

Ramsays Name ist in den letzten Jahren wiederholt in der Presse aufgetaucht. Da ging es allerdings nicht um seine Qualität als Maler, sondern um eine seltsame Sache, die als Zeitungsschlagzeile lauten kann: War Königin Charlotte schwarz? Aus den Portraits von Romney, wie diesem (das Ramsays Zeitgenossen bewunderten) will man eine Abstammung der Königin aus dem Haus Mecklenburg-Strelitz von maurischen Vorfahren aus dem 13. Jahrhundert herauslesen. Diese Theorie findet sich zuerst 1929 bei einem Mann namen Brunold Springer. Kein Kunsthistoriker, kein Historiker, ein Rechtsanwalt und Notar. Der Publikationen wie Die Seele der Völkischen und Die Blutmischung als Grundgesetz des Lebens zu verantworten hat. 

Und diese wilde Behauptung wird immer wieder ein bisschen recycelt, man kann die Geschichte ja gut verkaufen. 1997 taucht die Geschichte bei PBS Frontline auf, wird dort 2021 überarbeitet. Und taucht dann in diesem Jahr als Queen Charlotte: A Bridgerton Story bei Netflix auf. Und wenn die Sache bei Netflix ist, dann muss sie ja stimmen. Alles, was in der Bild Zeitung steht, ist wahr. I can't see it to be honest, We've got a version of the same portrait. I look at it pretty often and it's never occurred to me that she's got African features of any kind. It sounds like the ancestry is there and it's not impossible it was reflected in her features, but I can't see it, sagt Desmond Shawe-Taylor, der lange die Aufsicht über die königlichen Gemälde hatte. Ein Posten, den Sir Anthony Blunt auch einmal innehatte. Seriöse Historiker versichern uns, dass an der ganzen Sache nix dran ist. Aber denen glauben wir nicht, wir glauben den obskuren Geschichten, die im Internet verbreitet werden.

Charlotte soll hässlich gewesen sein, sagen die Zeitgenossen. Auf dem Portrait von Gainsborough ist sie nicht hässlich, da ist sie eine royale Rokoko Barbie. Hier sieht sie ein klein wenig aus wie Helen Mirren, die ja in The Madness of King George die Königin Charlotte spielte. Auf den zeitgenössischen Karikaturen, die häufig die Realität genauer treffen als ein bestelltes und bezahltes Portrait, sieht sie ganz, ganz anders aus. Und auch auf dem nächsten Portrait von Gainsborough, bei dem ich mal die halbe Königin und das Hündchen weglasse, wirkt sie anders.

Sir Henry Bate Dudley sagte über das Bild: the only happy likeness we ever saw pourtrayed of her Majesty. Die siebzehnjährige Königin mit dem Fächer auf dem Portrait von Ramsay hat wenig gemein mit der vierzigjährigen Königin von Gainsborough. Ramsays junge Königin ist keine Inszenierung, sie lebt. James Northcote, ein Schüler von Reynolds, hat über dieses Bild gesagt: I have seen a picture of his of the Queen soon after she was married—a profile, and slightly done: but it was a paragon of elegance. She had a fan in her hand; Lord how she held that fan! It was weak in execution and ordinary in features, but the farthest possible from anything like vulgarity. A professor might despise it, but in the mental part I have never seen anything of Vandyke’s equal to it. I could have looked at it for ever. I don’t know where it is now: but I saw enough in it to convince me that Sir Joshua was right in what he said of Ramsay’s great superiority.

Seinen Brieffreund, den Philosophen Jean-Jacques Rousseau, hat Ramsay gemalt, als der in London war und mit seinem armenischen Kostüm viel Aufsehen erregte. Das Bild war Ramsays Geschenk für seinen Freund David Hume. Als seine Frau 1782 stirbt, malt er ein letztes Portrait des Königs und reist dann in das geliebte Italien. Er hinterlässt seinen Assistenten fünfzig angefangene Portraits des Königs, die die dann fertigmalen. Während wir über Joshua Reynolds und Thomas Gainsborough Berge von Literatur haben, gibt es über Ramsay sehr wenig. Das Buch The Life and Art of Allan Ramsay von Alastair Smart aus dem Jahre 1952 ist vierzig Jahre später unter dem Titel Allan Ramsay: Painter, Essayist and Man of the Enlightenment vom Paul Mellon Centre wieder auf den Markt gebracht worden.

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