Sonntag, 1. August 2010

Herman Melville: Birthday


Heute, an einem 1. August im Jahre 1819 ist Herman Melville geboren worden. Da er ja mit dem ersten Kapitel von Moby-Dick, das Loomings heißt, der Namensgeber für diesen Blog ist, soll doch mal eben kurz an ihn erinnert werden. Im Jahre 1819 wird auch Victoria geboren, nach der ein ganzes Zeitalter heißt. Und viele andere bedeutende Schriftsteller. Wie Walt Whitman, Arthur Hugh Clough, John Ruskin und George Eliot. Theodor Fontane nicht zu vergessen, ebenso wenig wie Gottfried Keller und Klaus Groth.

Der kleine Herman, dem von einem Dr Wright Post in der Pearl Street Nummer 6 in New York in die Welt geholfen wird, ist das dritte Kind von Maria Gansevoort Melvill und Allan Melvill (man schreibt sich noch ohne das e am Ende, erst nach dem Tod ihres Mannes 1831 wird Maria das e an Melvill anfügen). Er ist völlig gesund, das Geschäft des Vaters nicht. Die Briefe, die Allan in diesem Monat schreibt, künden von der Geburt des Sohnes und schlechten Geschäften. An seine französischen Geschäftspartner Joseph Fleury in Paris und die Herren Grenot & Lefébre in Paris schreibt er auf Französisch, auf sein Französisch ist Allan sehr stolz.

Herman wird am 19. August zu Hause von Reverend Mathews von der South Reformed Dutch Church getauft. Dass das Holländer sind, spielt eine große Rolle. Melvilles Mutter stammt sozusagen aus dem holländischen Adel New Yorks. Seit Peter Minuit Manhattan von den Algonkin Indianern gekauft hat (obgleich die Geschichte wahrscheinlich so nicht wahr ist, wie sie immer erzählt wird), gehört den holländischen patroons der Staat New York. Der Gouverneur Peter Stuyvesant muss schweren Herzens Nieuw Nederland an den Herzog von York, den Bruder des englischen Königs, abgeben. Nach dem heißen Stadt und Staat immer noch, aber die holländischen Familien behalten ihren Einfluss. Auch im 19. Jahrhundert noch, man lese dazu nur James Fenimore Coopers Littlepage Trilogy.

Seinen Großvater Peter Gansevoort hat Herman nicht mehr kennengelernt. Der Colonel (der später noch Brigadegeneral der New York Miliz wurde) ist ein Held der amerikanischen Revolution. Er hat Fort Stanwix gegen Barry St. Leger verteidigt. Das berühmte St. Ledger Pferderennen heißt aber nicht nach Barry St. Ledger, sondern nach seinem Bruder Anthony. Obgleich Peter Gaansevoort bei Hermans Geburt schon sieben Jahre tot ist, für den kleinen Herman ist er immer noch lebendig, ständig erzählt man in der Familie von dem Helden von Stanwix. Aber auch die Melvilles haben einen Helden der Revolution, den Major Thomas Melvill, der bei der Boston Tea Party dabei war.

Wie man hier sehen kann, wohnte Opa Melvill schon recht luxuriös. Die Melvilles (die sich auf schottische Adlige zurückführen können) gehören zur upper class von New York, wenn auch ein wenig verarmt. Aber zur Not hat man ja immer noch die reichen holländischen Verwandten. Auch Herman wird eines Tages in die High Society einheiraten, wenn er die Tochter des Chief Justice Lemuel Shaw zur Frau nimmt. Lemuel Shaw war in seiner Jugend mit Nancy Melville verlobt, der Tochter von Melvilles Großvater, aber die starb, bevor sie heiraten konnten. Shaw füttert auch den armen Schwiegersohn durch, der ihm seinen ersten Roman Typee widmen wird: This Little Work is Affectionately Inscribed by the Author, schreibt Melville. Es ist der einzige Roman, der zu seinen Lebzeiten ein kommerzieller Erfolg wird. Da unten ist eine Seite von dem Manuskript von Melvilles Typee. Setzer und Drucker werden immer wieder Schwierigkeiten mit Melvilles Handschrift haben, meistens schreibt seine Schwester das vorher noch mal ordentlich ab.

Am 10. September reist Maria Melvill mit ihren drei Kindern Gansevoort, Helen Maria und dem kleinen Herman den Hudson hinauf nach Albany, der Hauptstadt von New York (ist sie immer noch), zu den reichen Verwandten. In New York herrscht fürchterliche Hitze und es grassiert eine Fieberepidemie. Im September schreibt Allan an seinen Vater: Fortune has played me many a scurvy trick, I will not complain of the fickle Goddess, who may yet be inclined to smile graciously upon me, & I will still endeavour to merit her future favours by patience, resignation and perseverance...if I can only provide for the rational wants of my beloved Wife & Children, I shall be content with my lot, & bless the hand from which all favours come -

Maria wird erst am 18. November zurückkommen, in der Zwischenzeit hat Allan das Haus etwas herunterkommen lassen, so notiert er am 19. November in seinem Tagebuch Maria found the house very dirty, da wird es schon ein gehöriges Donnerwetter gegeben haben. Allan trägt aber auch in seinem Tagebuch ein: Herman has nearly three teeth.

Ein Jahr nach dieser Eintragung, am 20. November 1820, als Melvilles Schwester Maria den whooping cough hat, gibt es weit weg im Pazifik ein außergewöhnliches Ereignis: First: In the year the ship Essex, Captain Pollard, of Nantucket, was cruising in the Pacific Ocean. One day she saw spouts, lowered her boats, and gave chase to a shoal of sperm whales. Ere long, several of the whales were wounded; when, suddenly, a very large whale escaping from the boats, issued from the shoal, and bore directly down upon the ship. dashing his forehead against her hull, he so stove her in, that in less than ten minutes she settled down and fell over. Not a surviving plank of her has been seen since. After the severest exposure, part of the crew reached the land in their boats. Being returned home at last, Captain Pollard once more sailed for the Pacific in command of another ship, but the gods shipwrecked him again upon unknown rocks and breakers; for the second time his ship was utterly lost, and forthwith forswearing the sea, he has never tempted it since. At this day Captain Pollard is a resident of Nantucket. I have seen Owen Chace, who was chief mate of the Essex at the time of the tragedy; I have read his plain and faithful narrative; I have conversed with his son; and all this within a few miles of the scene of the catastrophe.

Das schreibt Melville im Kapitel 45 von Moby-Dick. Die Geschichte des Schiffes Essex aus Nantucket, das in Melvilles Geburtsjahr ausgelaufen war, ist die Basis für Moby-Dick. Den kleinen Herman, der keine richtige Schulbildung erhält, weil sein Vater Allan Pleite ist, hält die Familie für ein bisschen doof. Sozusagen der Idiot der Familie, wie Sartre seine Flaubert Biographie betitelt hat. Wie man sich doch täuschen kann.

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